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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 44.1901 (Nr. 523-535)

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https://doi.org/10.11588/diglit.16554#0092
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3H

Meggendorfers Humoristische Btätter.



— „Na, das ist aber doch etwas stark,
Bäume?I Den^Strick schneide ich gleich 'runterl"

— „IessasII Die schönen neuen Lsosenl" —

Zm Dusel öer Areude.

Meier und L. Meier waren zwei Brüder, die seit
Iahren miteinander „bös" waren. Linmal bei einem
Spiel gab's des lieben Geldes wegen eine Differenz,
die sie trennte.

Da starb plötzlich eine alte Tante und bei Auszahlung des
Erbteiles trafen sich die beiden nach Iahren und so, wie sie
das Geld auseinander gebracht hatte, brachte sie das Geld wie-
der zusammen. Sie söhnten sich aus.

„Nun, liebes Brüderchen, was thun wir denn, ü conto
unserer Aussöhnung?" fragte A. Meier.

„Ich hätte einen Norschlag par excellence I — lvas liegt uns
an den lumxigen paar Mark, die wir geerbt, sahren wir ein-
mal nach Berlin und machen wir uns zwei oder mehr nette
Tagel" entgegnete T. Meier.

„Gemacht I"

Und der nächste V-Zug trug die beiden nach Berlin. Der
erste weg war in ein warenhaus, wo sie sich ganz gleich aus-
staffierten. Feschen Smoking und jeder eine goldene Uhr; genau

das gleiche, wie sich's sür Brüder ziemt.

In der nächsten Stunde staken auch schon
beide im Strudel des Berliner Lebens.

Dressel — Lafe Bauer — jlanoptikum
— Zoologischer Garten — lvintergarten
etc. wurde in Rürze durchgemacht, nachts
kam dann noch ein „Ieuchen" dazu.

Ain andern Morgen saßen im „Lentral-
hotel" zwei sehr blasse Iünglinge beim „Aaffee
komplett", doch weder Ljonig noch Butter
reizte sie, nur der starke Aaffee und die Liga-
rette mundete.

„Lsör 'mal," meinte L. Meier, „so Millio-
när zu sein, muß unerträglich sein l Mich
wundert's nicht, wenn einer froh wäre, es
los zu haben l Und kann ein Millionär mehr
genießen als wir gestern?"

A. Meier stöhnte: „Mehr nicht, aber ver-
nünftigerl"

„Na, hätten wir vielleicht zu den l)ege-
tariern essen gehen sollen und abends in ein
Freikonzert auf eine lveiße mit Nordlicht I
Danke für solch lsundeleben I wenn schon,
denn schon! Man muß sich doch bißchen aus-
leben da! Gut thun können wir wieder in
unsern Nesternl" predigte philosophisch L.
Meier.

„lvie spät ist's nur eigentlich?" und dabei
will A. Meier auf seine „Goldene" sehen.
Lr sühlt ein jdapierchen, zieht's heraus und
siehe da — ein Lsundertmarkschein I

„Bruder, sieh her l Hundert Mark l lvahr-
scheinlich gestern beim Ieuen in Gedanken
hineingesteckt und nicht mehr dran gedachtl"
„lvas machen wir denn damit?"
„lvenn's mir passiert wäre, verputzen in
eleganter lveisel"

„Hast recht I"

Die Hotelrechnung wurde geordnet und dann ging's in einer
Automobildroschke zunächst bißchen „rund um Berlin" um Luft
zu schöpsen.

Nachher in ein lveinrestaurant, wo man über Sekt und
Austern alle irdischen Sorgen vergaß, und noch ehe der Abend
graute, waren die hundert Mark verschwunden.

„Nun, aber zum Bahnhof l" ermahnte L. Meier. „S' wird
Zeit, um sechs geht der Zug."

lvieder trug eine Droschke die beiden zum Anhalter Bahnhof.
L. Meier, der überhaupt den Reisemarschall spielte, ging
zum Schalter und wollte Aarten lösen.

Doch plötzlich kommt er zu A. Meier: „Gib geschwind
Geld, ich kann bei mir absolut keins finden, außer paar Mark
Aleineml"

„Du hattest doch noch einen Hundertmarkschein?"

„Nun ja! Aberl .... Beim Ieuen hatte ich noch einen
und ich habe eine dunkle Ahnung, daß ich ihn in die lvesten-
tasche stecktel"

„lseiliger Sapristil" lachte A. Meier auf. „Mir springt
ein Rnopsl lvir haben heute früh unsere lvestenver-
wechselt, daher mein Fundl"

wer hängt denn da lväsche auf^meine


verantwortlicher Redakteur: Max Schreiber. Druck von I. F. Schreiber, beide in Eßlingen bei Stuttgart.
In Mesterreich-Ungarn fur l^erausgabe und Redaktion verantwortlich: Robert Mohr in lvien I.
Vrrlag von I. F. Schreiber in München und Etzltngen.
 
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