Meggendorfers Humoristische Blätter.
93
Die Aaubmöröer.
eut' kon ma si wieder amal krumm und buckli warten,
bis oana von dene zwoa kimmt," brummte der Lferr
Schuhmachermeister Nagel von B., einem kleinen ober-
bayrischen Dorfe von fünfzehnhundert Linwohnern, im „Neben-
zimmer" vom „Kistlerwirt" und klapperte zum Zeichen, daß er
leer habe, energisch mit seinem Arügeldeckel.
„Ia mei," gähnte der wirt, der durch das Geklapper
aus seinem Lfalbschlaf auf der Gfenbank aufgeschreckt worden,
„es ist ja erst halb achti, woaßt as scho, vor achti kimmt koana
von die kferrn."
„wos halb achti, wos achti," replizierte der ^err Schuh-
machermeister, „heut' is Donnerstag, da is G'sellschaftsabend,
dös kennt'st scho wiss'n, i moan, da wärst alt gnua dazua, da
g'hört si militärisch s)unkt sieb'ni angetreten — aber wos wiss'n
denn dö zwoa vom Nilitär."
„I moan, heut' san ma a weng granti, Nagel," lachte
der wirt und blinzelte mit den kleinen, lebhasten Augen seinem
Gaste listig zu.
„I granti?" fragte der Schufter und zog mit ein xaar
kräftigen Ruck die gestrickte Aermelweste straff, „moanst ebba,
weil i warten muaß? I bin sroh, wenn i neamed sieh, na
brauch i mi a net z' ärgern. Und übrigens," suhr er fort und
nickte zur Bekräftigung ein xaarmal mit dem großen Ropfe^
„kon i mi, Gott sei Dank, mit mir alloan unterhalt'n, dös hab
i vor andere Leut voraus. Iawohll"
Sprach's und zog während der lVirt sich mit dem Glase
entfernte aus der Innentasche seines Rockes den M —bacher
2lnzeiger für N. und umliegende Drtschaften hervor und breitete
ihn langsam und umständlich vor sich aus. Dann fing er halb-
laut zu lesen an, während er mit dem Zeigesinger jeder Zeile
folgte:
„ksaber-feld-trei-ben" buchstabierte er und ohne weiter zu lesen,
brummte er vor sich hin: „Solln's treib'n lass'n, thean koan
Nensch'n nir und dawisch'n thean's do koan davo."
„Ahal D'lVildpretschütz'n macha eahna a wieder hoaß, dö
müaßt'n dumm sei, wenn si si fanga lasset'n."
„,Die Re-de des Gra-fen Bü-low und die lsiun-nen-brie-fe?
Nir waar's gnua, wenn i dös les'n müaßt. — ,kfunnenbriefe/"
unterbrach er dann seinen Monolog, „wos san jetza dös für
Briaf. lVenn i jetza do den dappeten Bodawaschl*) frog, na
geht's wieder a' mit der ,mangelhaften Schulbildung*. Do
frag i lieba net, is mir a wurscht, wos dös für Briaf san,
dö werd scho wieder so a ganz G'scheiter g'schrieb'n hab'n."
„Steht nix G'scheit's drinn," fuhr er weiter, indem er die
nächsten Seiten mit den Augen überslog und jetzt in dem Augen-
blicke als er den M—bacher Anzeiger wieder zu seinem alten,
geflickten Rittel gesellen wollte, blieb sein Auge an einer großen,
schwarzumränderten Anzeige haften.
tooo Mark Belohnungl
„Aönna ma scho braucha; was is jetza dös?" und er las folgendes:
„Die Rgl. Regierung von.setzt auf die
Ergreifung des entsprungenen Raubmörders Aarl Areuzer eine
Belohnung von tausend Nark aus. Derselbe treibt sich in der
Umgebung von B. herum, ist mittelgroß, bartlos, trägt langen
Mantel und ist nnt einem Iagdgewehr bewaffnet."
„Sixt as," sprach der Schuster zu sich, „den müass'n eahna
a wieder andere fanga, weil's den selber wieder net d'rwisch'n.
I fang'n a net."
„Aber halt," lachte er, „dem Bodawaschl mach' i heut' hoaß,
dem zahl' i seine Sprüch' hoam, seine faden," und befriedigt
*) Boda — Bader (Barbier).
Herrmannsdorfer-
lehnte er sich zurück und freute sich, als ob sein finsterer Rache-
plan schon gelungen wäre.
„Sixt es, da Drahtsteften sitzt scho drinn," hörte da der
Schuster draußen den Bader Scharl zu seinem Freund dem Schnei-
der Fleckerl sagen.
„Den,Drahtsteften* kriagst heut' a no zahlt," brummte der
einsame Gast und steckte den M—bacher Anzeiger wieder zu sich.
Gleich darauf ging die Thüre auf und die beiden Lrwarteten
kamen herein.
„lvart'st scho lang', Schuasta?" sragte der Schneider Fleckerl,
ein magerer, kleiner Aerl und ohne eine Antwort des Schusters
abzuwarten fuhr er fort, indem er sich mehreremale rasch die
bfände rieb: „Aalt werd's, es ziagt scho a —"
„ksätt'st halt a paar Röck von Deine Aundschaften anzog'n,
wenn's Di friert," riet ihm der Bader, der sich mit einem ironi-
schen „Sie gestatten schon, kserr Schuhmacher" neben Nagel setzte.
„lVerd' scho nix anders übri bleib'n," brummte dieser und
der Kistlerwirt, der eben den neuen Gästen Bier brachte, wandte
sich mit den lvorten an diese: „Der Nagel schimpst scho lang,
daß er allweil auf Lnk warten muaß."
(Lin Äaunerstreich öeim Mldhauer.
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Die Aaubmöröer.
eut' kon ma si wieder amal krumm und buckli warten,
bis oana von dene zwoa kimmt," brummte der Lferr
Schuhmachermeister Nagel von B., einem kleinen ober-
bayrischen Dorfe von fünfzehnhundert Linwohnern, im „Neben-
zimmer" vom „Kistlerwirt" und klapperte zum Zeichen, daß er
leer habe, energisch mit seinem Arügeldeckel.
„Ia mei," gähnte der wirt, der durch das Geklapper
aus seinem Lfalbschlaf auf der Gfenbank aufgeschreckt worden,
„es ist ja erst halb achti, woaßt as scho, vor achti kimmt koana
von die kferrn."
„wos halb achti, wos achti," replizierte der ^err Schuh-
machermeister, „heut' is Donnerstag, da is G'sellschaftsabend,
dös kennt'st scho wiss'n, i moan, da wärst alt gnua dazua, da
g'hört si militärisch s)unkt sieb'ni angetreten — aber wos wiss'n
denn dö zwoa vom Nilitär."
„I moan, heut' san ma a weng granti, Nagel," lachte
der wirt und blinzelte mit den kleinen, lebhasten Augen seinem
Gaste listig zu.
„I granti?" fragte der Schufter und zog mit ein xaar
kräftigen Ruck die gestrickte Aermelweste straff, „moanst ebba,
weil i warten muaß? I bin sroh, wenn i neamed sieh, na
brauch i mi a net z' ärgern. Und übrigens," suhr er fort und
nickte zur Bekräftigung ein xaarmal mit dem großen Ropfe^
„kon i mi, Gott sei Dank, mit mir alloan unterhalt'n, dös hab
i vor andere Leut voraus. Iawohll"
Sprach's und zog während der lVirt sich mit dem Glase
entfernte aus der Innentasche seines Rockes den M —bacher
2lnzeiger für N. und umliegende Drtschaften hervor und breitete
ihn langsam und umständlich vor sich aus. Dann fing er halb-
laut zu lesen an, während er mit dem Zeigesinger jeder Zeile
folgte:
„ksaber-feld-trei-ben" buchstabierte er und ohne weiter zu lesen,
brummte er vor sich hin: „Solln's treib'n lass'n, thean koan
Nensch'n nir und dawisch'n thean's do koan davo."
„Ahal D'lVildpretschütz'n macha eahna a wieder hoaß, dö
müaßt'n dumm sei, wenn si si fanga lasset'n."
„,Die Re-de des Gra-fen Bü-low und die lsiun-nen-brie-fe?
Nir waar's gnua, wenn i dös les'n müaßt. — ,kfunnenbriefe/"
unterbrach er dann seinen Monolog, „wos san jetza dös für
Briaf. lVenn i jetza do den dappeten Bodawaschl*) frog, na
geht's wieder a' mit der ,mangelhaften Schulbildung*. Do
frag i lieba net, is mir a wurscht, wos dös für Briaf san,
dö werd scho wieder so a ganz G'scheiter g'schrieb'n hab'n."
„Steht nix G'scheit's drinn," fuhr er weiter, indem er die
nächsten Seiten mit den Augen überslog und jetzt in dem Augen-
blicke als er den M—bacher Anzeiger wieder zu seinem alten,
geflickten Rittel gesellen wollte, blieb sein Auge an einer großen,
schwarzumränderten Anzeige haften.
tooo Mark Belohnungl
„Aönna ma scho braucha; was is jetza dös?" und er las folgendes:
„Die Rgl. Regierung von.setzt auf die
Ergreifung des entsprungenen Raubmörders Aarl Areuzer eine
Belohnung von tausend Nark aus. Derselbe treibt sich in der
Umgebung von B. herum, ist mittelgroß, bartlos, trägt langen
Mantel und ist nnt einem Iagdgewehr bewaffnet."
„Sixt as," sprach der Schuster zu sich, „den müass'n eahna
a wieder andere fanga, weil's den selber wieder net d'rwisch'n.
I fang'n a net."
„Aber halt," lachte er, „dem Bodawaschl mach' i heut' hoaß,
dem zahl' i seine Sprüch' hoam, seine faden," und befriedigt
*) Boda — Bader (Barbier).
Herrmannsdorfer-
lehnte er sich zurück und freute sich, als ob sein finsterer Rache-
plan schon gelungen wäre.
„Sixt es, da Drahtsteften sitzt scho drinn," hörte da der
Schuster draußen den Bader Scharl zu seinem Freund dem Schnei-
der Fleckerl sagen.
„Den,Drahtsteften* kriagst heut' a no zahlt," brummte der
einsame Gast und steckte den M—bacher Anzeiger wieder zu sich.
Gleich darauf ging die Thüre auf und die beiden Lrwarteten
kamen herein.
„lvart'st scho lang', Schuasta?" sragte der Schneider Fleckerl,
ein magerer, kleiner Aerl und ohne eine Antwort des Schusters
abzuwarten fuhr er fort, indem er sich mehreremale rasch die
bfände rieb: „Aalt werd's, es ziagt scho a —"
„ksätt'st halt a paar Röck von Deine Aundschaften anzog'n,
wenn's Di friert," riet ihm der Bader, der sich mit einem ironi-
schen „Sie gestatten schon, kserr Schuhmacher" neben Nagel setzte.
„lVerd' scho nix anders übri bleib'n," brummte dieser und
der Kistlerwirt, der eben den neuen Gästen Bier brachte, wandte
sich mit den lvorten an diese: „Der Nagel schimpst scho lang,
daß er allweil auf Lnk warten muaß."
(Lin Äaunerstreich öeim Mldhauer.