Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 44.1901 (Nr. 523-535)

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.16554#0136
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
128

n e g g e n d o r f e r s u 7N o r i ft i s cb e VIäiter.

äööchste Vrüderie.

ringe befestigt stnd): „<ZueIIe korreur, meine Oamen, sehen Sie weg I
Bäume mit Strumpfbändernl"


gasus

rS war im Regiment ein
osfenes Geheimnis, daß
Leutnant Pfeiffer den j)e-
ritt, oder daß er, wie ein
Ramerad es nannte, „die lyrische
Flöte pfiff". Ram das Gespräch
auf seine Dichterei, so leugnete er bis ins dritte und vierte
Glied, jemals einen Vers verbrochen zu haben, aber sein Er-
röten und seine Verlegenheit straften ihn Lügen. Ieder wußte,
er dichtet doch.

Und Leutnant jäfeiffer dichtete auch thatsachlich — bei
seiner Geburt hatte die !Nuse ihn ganz flüchtig auf die Stirne
geküßt und heilige Begeisterung für alles Schöne erfüllte ihn.

Lr dichtete, und zwar nicht nur lyrische Gedichte, sondern
auch Dramen. Ls wäre mehr als unnatürlich gewesen, wenn
der letzte bsohenstaufe ihn nicht begeistert und mflammiert hätte,
und so schrieb er seit Iahr und Tag an einem neuen „Konradin",
und in sechs Akten hoffte er den 5toff zu bewältigen.

Endlich war die Arbeit fertig, er zweifelte nicht
daran, daß sie ihm gelungen sei, ein Bühnenerfolg konnte
nach seiner Ansicht nicht ausbleiben. wollte er das N)erk aber
veröffentlichen, so bedurfte er dazu der Genehmigung seines
kserrn Gberst — der mußte das Drama zuerst lesen und seine
Lrlaubnis zur jäublikation erteilen. Zitternden Lserzens und
mit zitternder bsand überreichte er eines Tages dem Romman-
deur sein Vpus und bat, das Stück dem Röniglichen Lchauspiel-
haus in Berlin einsenden zu dürfen. Der kserr Mberst ver-
sprach, das Schausxiel so schnell wie möglich zu prüfen. Schon
nach drei Tagen wurde Leutnant jäfeiffer auf das Regiments-
bureau gerufen, um die Aritik in Lmpfang zu nehmen.

Freudestrahlend sprang er die Treppen, die zum Aller-
heiligsten führen, hinauf — ein gefchlagener Mann schlich er sie
wieder herunter. Oie Aritik war grausam gewesen und wie ein
roter chaden hatten sich durch die Rede des kserrn Vberst die
worte gezogen: „Dichten Sie nicht, sondern studieren Sie das
Lxerzierreglement."
 
Annotationen