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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 44.1901 (Nr. 523-535)

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https://doi.org/10.11588/diglit.16554#0138
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Meggendorfers Humoristische Blätter.


P. D. S.

kominen wollte. An das, was geschähe, wenn der Roin-
mandeur erführe, daß sein Leutnant der verfasser der
„kserzensmelodien" sei, mochte er gar nicht denken.

Aber die Rritik ganz stillschweigend hinzunehmen,
konnte der Lferr Leutnant fich denn doch nicht ent-
schließen.

Als der Doktor Berger am nächsten lNorgen sein
Redaktionszimmer betrat, fand er unter den fdostsachen
einen Brief, auf dem als Absender j). F. Liffer an-
gegeben war.

„Aha," dachte er, „da bin ich begierig — natürlich
eine gekränkte Dichterseele, die von mir verlangt, daß
ich meine gestrige Rritik zurücknehmen soll — fällt mir
gar nicht ein."

Er öffnete das Couvert und zog eine geschriebene
visitenkarte heraus:

P. F. Liffer,
verfasfer der bferzensmelodien.

'v_^

Die Rückseite der Rarte war leer. „Schreibt er
denn gar nichts?" dachte der gestrenge Lferr Kritikus.

Da entdeckte er in der rechten Lcke der Rarte die
drei Buchstaben p. cl. 8.

„k. ck. 8.?" wiederholte der Doktor, „was soll denn
das heißen? Ich kenne ein p. k., ein p. p. c., ein
p. c., aber p. ck. 8. — das gibt es ja gar nicht."

Er warf die Rarte in den jdapierkorb und machte
sich an die Arbeit — mit der großen Schere in der
Rechten „schrieb" oder richtiger gesagt, schnitt er einen
Leitartikel aus den verschiedensten Zeitungen zusammen,
aber seine Gedanken kehrten wider seinen Willen immer
zu dem „p. ck. 8." zurück.

„Er muß sich doch irgend etwas dabei gedacht
j haben," sprach der Doktor vor sich hin, „ich selbst bin
— als jdhilologe — kein perfekter Franzose und Engländer,
ich werde heute bei Tisch einmal meinen Freund, den
Doktor der neueren Sprachen fragcn, der wird es ganz
gewiß wissen."

Aber der wußte es auch nicht. „k. ck. 8.?" sagte
er, „ich muß offen und ehrlich gestehen, daß ich von
dieser Abkürzung noch nie gehört habe; aber dadurch wird
die Sache für mich um so interesfanter. Ich werde heute
Nachmittag versuchen, hinter das Geheimnis zu kommen.
Das p. heißt natürlich „pour"; das ist nicht nur klar,
sondern Alärchen. Bleibt nur noch cl und 8. Ich
werde im Lexikon diese beiden Buchstaben vom erften
bis zum letzten wort durchgehen — morgen Mittag
weiß ich Bescheid."

Aber am nächsten Mittag wußte der Neu-j)hilologe
ebensowenig was das p. cl. 8. bedeutete, wie der Alt-
Philologe.

„vielleicht weiß es einer der anderen kserren?" fragte
der Redakteur und er trug den Fall den anderen kfer-ren,
mit denen zusammen er täglich im Restaurant speiste,
vor — es waren Mediziner, Rechtsanwälte, vertreter
eines jeden Standes und jeden Berufes, aber p. cl. 8.?
das kannte keiner.

„Dann wollen wir uns nicht weiter mit der Sache
 
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