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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 44.1901 (Nr. 523-535)

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https://doi.org/10.11588/diglit.16554#0161
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Meggendorfers Humoristische Blätter.


bestrafen könnte. All sein
Sinnen und Trachten zeigte
ihm nicht den richtigen A)eg.

!Vie sollte er auch als alters-
schwacher Mann sich Ruhe
und Genugthuung verschaf-
sen können? — Gft saß er
sorgenschweren Lfauptes im
Lfinbrüten darob versunken
und strich sich nachdenklich
seinen langen, weißen Bart.

Da war guter Rat teuer.

Allein Allah ist allmäch-
tig. Lr hilft dem Frommen,
so da auf ihn vertraut und
erleuchtet den Sinn des Ber-
zagenden. Abdallah war
sromm, ervertraute aufAllah
und 2lllah erleuchtete seinen
Sinn.

Bald darauf ging er in
das Dorf herab. Ls wieder-
holte sich das oft erlebte
Schauspiel. Im Nu war er
von Ll-Kanors hoffnungs-
voller Iugend umringt, und
im wirren Durcheinander
lärmte und tobte es ihm ent-
gegen: „ksöllensohn I Buck-
liger Zaubererl Räudiger
ksund l Abschaum der Lfölle!"
und andere Liebenswürdig-
keiten mehr. —

Da xlötzlich bleibt der
Greis inmitten der wilden
ksorde stehen, blickt lächelnd
um sich und spricht: „Meine
lieben Ainderchen! Möge
Allah euch segnen und der
große Prophet, und euch
blühen und gedeihen lassen,
wie die Leder am murmeln-
den Bache! Ich danke euch
von Herzen sür all die Zu-
rufe, die ich soeben vernom-
men, und mit denen ihr mir
stets das Geleite gebet. Denn
wisset, für all die Unbilden,
die ein gottergebener Mann
auf Lrden erleidet, wird er jenseits iiu paradiese durch Allahs
Allbarmherzigkeit reichlich entlohnt. So glaubet auch ihr, mir
übel zu thun und siehe dal — Ihr thuet wohl daranl Zeder
Schmähruf, so da euren Lippen entgeht und mit dem ihr mich
zu verletzen meiuet, wird von dem ewigen Richter zwiefach im
Buche der Schuld verzeichnet: dem Beleidiger fällt er zur Last,
dem Beleidigten tilgt er eine Sünde. Darum bitte ich euch, sparet
nicht mit euren Beschimpfungen. Ie inehr und je lauter ihr
es thuet, desto größeren Gefallen erweiset ihr mir. Und damit
ihr sehet, wie ernst meine U?orte sind und wie ich euch dank-
bar dafür bin, so schenke ich euch hier" — er zog einen straff
gefüllten Geldbeutel, — „jedem eine blanke Münze und ich will
mich auch künftighin stets erkenntlich erzeigen, wofern ihr mir
gelobet, auch in Zukunft mich mit Schimxfworten zu begleiten!"

So der Greis. Stumm und starr stand einen Augenblick

Erfolg I

die Menge. Lrst als Abdallah jedem ein Geldstück in die ksand
zu drücken begann, löste sich der Lann. voll Freude ob des
emxfangenen Lohns suchte einer den andern im ohrenbetäuben-
den Schreien, kföhnen, Schimpfen zu übertönen. — Doch der
weise Abdallah lächelte befriedigt und humpelte freundlich
nickend von dannen.

Wenige Tage darauf erschien er wiederum im Dorfe. U)ie
gewöhnlich stand er bald in dem dichten Schwarm seiner UAder-
sacher. Alle drängten sich an ihn heran und streckten ihm die
ksände entgegen; jeder heischte vorerst den Lohn für seine
Leistung. Die gottlosen Rangen hatten das vorteilhafte ihrer
jdosition erkannt und suchten nun Aapital daraus zu schlagen.
„Lrst zahle und dann schreien wirl" tönte es im Thore.

Abdallah zog seinen Geldbeutel, der kaum noch zur Hälfte
gefüllt war. Lr wog ihn prüfend in der Ljand und machte

Sloh.

Maler (der unter die Modernen gegangen): „Iohann, warum wollen Sie mich eigentlich verlassen?"
Diener: „Mir wird täglich übel in Ihrem Atelier."

Maler (freudig). „Mein erster
 
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