Meggendorfers Humoristische Biätter.
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rauf, ihn versteigert zu sehen und könnte toben vor Ungeduld
und Zorn, daß ich den versteigerungstag nicht beschleunigen
kann. Bedenke doch, Mensch, bares Geld I Zehn Nark bares
Geld! weißt Du überhaupt noch, wie bares Geld aussieht?"
„Das ift wohl wahr," erwiderte bsumxen melancholisch. „Ba
siehst Du l Aber einen Gesallen mußt Du mir thun, bserzens-
bruder. Du hast noch einigen Kredit bei Deiner Fileuse, Du
rnußt sie anpumpen I"
ksumpen wich entsetzt einige Schritte zurück und streckte
abwehrend beide ksände aus.
„Sperr Dich nicht so, altes ksausl Ich brauche sechs Mark
inklusive der Zinsen. Denn Du stehst doch ein, daß ich nicht
aufs versatzamt gehen kann, um den Mehrerlös zu holen. Das
wäre unter meiner IVürde und würde den ganzen bierehrlichen
Stand schänden. Nein, ich muß so thun, als wüßte ich von der
versteigerung gar nichts und käme, um den Frack auszulösen.
Zu diesem Zweck muß ich nun — es ist ja nur, um es zu
markieren — das erhaltene Darlehen auf den Tisch werfen
können, nicht wahr? Und wenn ich dann erfahre, daß der
chrack versteigert ist, schlage ich einen ksöllenlärm, lasse mich aber
schließlich beruhigen, streiche mein Geld wieder ein und den
Mehrerlös dazu. Das ist doch sonnenklar?"
„Ia, aber-"
„Rein Aberl Sonst lasse ich chrack Frack sein und hole nicht
einmal den Mehrerlös."
Das wirkte.
Als der große Tag herannahte, mußte sich die Festung unter
dem Anprall der beiden Stürmenden ergeben, das heißt, Lsum-
pens Wirtin schoß die verlangten sechs Mark vor, nachdem sie
die heilige versicherung empfangen hatte, daß sie das Geld in
zwei Stunden wieder haben sollte.
Gemeinsam machten sich die beiden Aommilitonen auf den
weg nach dem Versatzhaus.
„ksumpen I"
„was?"
„Mir hängt die Zunge förmlich zuin ksalse heraus. wenn
ich nicht binnen zehn Minuten ein halbes ksektoliter Bier
kriege, falle ich als verdurstete Leiche zu Deinen Füßenl"
„Gedulde Dich nur, mein Bester. Ich komme mir selber
schon vor wie eine wandelnde wüste Sahara."
Tndlich, endlich war das Leihhaus erreicht. Faßl hatte
seine Rolle gut studiert.
Mit gleichgültiger Miene schob er Geld und Zettel den ihm
wohlbekannten Beamten hin und harrte der Dinge, die da kom-
men würden. Der Beamte prüste den Schein, dann sagte er
achselzuckend: „Ls scheint Ihnen ganz entgangen zu sein, kserr
Doktor, daß das Gbjekt bereits verfallen ist."
„wie — was?" rief Faßl mit gut gespielter Ueberraschung.
„Iawohl, verfallen und zwar seit drei Tagen."
„Da soll doch gleich ein siedig Rreuz Donnerwetter-"
„pst, kserr Doktor, nicht so heftig!"
„was glauben Sie denn, kserrrrr," schnaubte chaßl. „Der
Frack hat achtzig Mark gekostet und da soll der Mensch noch
gleichgültig bleiben I"
„Ich kann mir lebhaft denken, daß Ihnen das nicht gleich-
gültig sein kann, so ein — —"
„Es ist zum rasend werden! Ich möchte die ganze Bude
kurz und klein schlagenl"
„Sie würden gewiß etwas darum geben, wenn es nicht ge-
schehen wäre?"
„Eine ganze weltl Gerade jetzt ist es mir ein unersetzlicher
verlust. Denn morgen muß ich Antrittsbesuche bei meinen
sdrofessoren machen. O, dreimal niederträchtiges Geschickl"
„Nun denn," sagte mit wohlwollendem Lächeln der Beamte,
„frohlocken Sie, junger Mann l Ich habe mir auch gedacht, daß
es doch jammerschade wäre, wenn so ein nagelneuer Frack um
einen jdappenstiel versteigert würde, und da ich Sie kenne und
wußte, daß Sie kommen würden, so habe ich ihn aus eige-
nen Mitteln ausgelöst, und hier ist erl"
Schmunzelnd nahm der Beamte das Geld zu sich und hän-
digte dem sassungslosen Studenten den Frack ein.
Mechanisch nahm in Faßl in Lmpfang, aber vor seinen
Augen begann es zu kreisen, und er hatte nur gerade noch
so viel Araft, um hinaus und in die Arme seines nicht minder
nicdergeschmetterten Freundes zu stürzen.
--
Devot.
F Ü r st (der seineni Diener anf der Treppe etwas sagen will): „weshalb
bleiben Sie denn nicht stehen?"
Iohann: „Gh ich kann mich doch unmöglich mit Durchlaucht
aus eine Stufe stellenl"
verantwortlicher Redakteur: Max Schreiber. Druck von I. F. Schreiber, beide in Tßlingen bei Stuttgart.
In Gesterreich-Ungarn sür kserausgabe und Redaktion verantwortlich: Robert Mohr in wien I.
Verlag von I. F Schreiber in München und Etzlingen.
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rauf, ihn versteigert zu sehen und könnte toben vor Ungeduld
und Zorn, daß ich den versteigerungstag nicht beschleunigen
kann. Bedenke doch, Mensch, bares Geld I Zehn Nark bares
Geld! weißt Du überhaupt noch, wie bares Geld aussieht?"
„Das ift wohl wahr," erwiderte bsumxen melancholisch. „Ba
siehst Du l Aber einen Gesallen mußt Du mir thun, bserzens-
bruder. Du hast noch einigen Kredit bei Deiner Fileuse, Du
rnußt sie anpumpen I"
ksumpen wich entsetzt einige Schritte zurück und streckte
abwehrend beide ksände aus.
„Sperr Dich nicht so, altes ksausl Ich brauche sechs Mark
inklusive der Zinsen. Denn Du stehst doch ein, daß ich nicht
aufs versatzamt gehen kann, um den Mehrerlös zu holen. Das
wäre unter meiner IVürde und würde den ganzen bierehrlichen
Stand schänden. Nein, ich muß so thun, als wüßte ich von der
versteigerung gar nichts und käme, um den Frack auszulösen.
Zu diesem Zweck muß ich nun — es ist ja nur, um es zu
markieren — das erhaltene Darlehen auf den Tisch werfen
können, nicht wahr? Und wenn ich dann erfahre, daß der
chrack versteigert ist, schlage ich einen ksöllenlärm, lasse mich aber
schließlich beruhigen, streiche mein Geld wieder ein und den
Mehrerlös dazu. Das ist doch sonnenklar?"
„Ia, aber-"
„Rein Aberl Sonst lasse ich chrack Frack sein und hole nicht
einmal den Mehrerlös."
Das wirkte.
Als der große Tag herannahte, mußte sich die Festung unter
dem Anprall der beiden Stürmenden ergeben, das heißt, Lsum-
pens Wirtin schoß die verlangten sechs Mark vor, nachdem sie
die heilige versicherung empfangen hatte, daß sie das Geld in
zwei Stunden wieder haben sollte.
Gemeinsam machten sich die beiden Aommilitonen auf den
weg nach dem Versatzhaus.
„ksumpen I"
„was?"
„Mir hängt die Zunge förmlich zuin ksalse heraus. wenn
ich nicht binnen zehn Minuten ein halbes ksektoliter Bier
kriege, falle ich als verdurstete Leiche zu Deinen Füßenl"
„Gedulde Dich nur, mein Bester. Ich komme mir selber
schon vor wie eine wandelnde wüste Sahara."
Tndlich, endlich war das Leihhaus erreicht. Faßl hatte
seine Rolle gut studiert.
Mit gleichgültiger Miene schob er Geld und Zettel den ihm
wohlbekannten Beamten hin und harrte der Dinge, die da kom-
men würden. Der Beamte prüste den Schein, dann sagte er
achselzuckend: „Ls scheint Ihnen ganz entgangen zu sein, kserr
Doktor, daß das Gbjekt bereits verfallen ist."
„wie — was?" rief Faßl mit gut gespielter Ueberraschung.
„Iawohl, verfallen und zwar seit drei Tagen."
„Da soll doch gleich ein siedig Rreuz Donnerwetter-"
„pst, kserr Doktor, nicht so heftig!"
„was glauben Sie denn, kserrrrr," schnaubte chaßl. „Der
Frack hat achtzig Mark gekostet und da soll der Mensch noch
gleichgültig bleiben I"
„Ich kann mir lebhaft denken, daß Ihnen das nicht gleich-
gültig sein kann, so ein — —"
„Es ist zum rasend werden! Ich möchte die ganze Bude
kurz und klein schlagenl"
„Sie würden gewiß etwas darum geben, wenn es nicht ge-
schehen wäre?"
„Eine ganze weltl Gerade jetzt ist es mir ein unersetzlicher
verlust. Denn morgen muß ich Antrittsbesuche bei meinen
sdrofessoren machen. O, dreimal niederträchtiges Geschickl"
„Nun denn," sagte mit wohlwollendem Lächeln der Beamte,
„frohlocken Sie, junger Mann l Ich habe mir auch gedacht, daß
es doch jammerschade wäre, wenn so ein nagelneuer Frack um
einen jdappenstiel versteigert würde, und da ich Sie kenne und
wußte, daß Sie kommen würden, so habe ich ihn aus eige-
nen Mitteln ausgelöst, und hier ist erl"
Schmunzelnd nahm der Beamte das Geld zu sich und hän-
digte dem sassungslosen Studenten den Frack ein.
Mechanisch nahm in Faßl in Lmpfang, aber vor seinen
Augen begann es zu kreisen, und er hatte nur gerade noch
so viel Araft, um hinaus und in die Arme seines nicht minder
nicdergeschmetterten Freundes zu stürzen.
--
Devot.
F Ü r st (der seineni Diener anf der Treppe etwas sagen will): „weshalb
bleiben Sie denn nicht stehen?"
Iohann: „Gh ich kann mich doch unmöglich mit Durchlaucht
aus eine Stufe stellenl"
verantwortlicher Redakteur: Max Schreiber. Druck von I. F. Schreiber, beide in Tßlingen bei Stuttgart.
In Gesterreich-Ungarn sür kserausgabe und Redaktion verantwortlich: Robert Mohr in wien I.
Verlag von I. F Schreiber in München und Etzlingen.