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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 46.1901 (Nr. 549-561)

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https://doi.org/10.11588/diglit.16556#0025
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Meggendorfers Hurnoristische Blätter.

2s


gemeinen, mit Ausnahme seines Geizes, ein Gott und den
Menschen wohlgefälliger Iunggeselle. Bei der Tierwelt, soweit
sie zu den eßbaren wesen zählte, erfreute er sich einer minderen
Beliebtheit. Das Geschlecht der Hühner befiel, wo immer er
sich zeigte, eine starke Unruhe, und wenn er sich über einen
der Forellenbehälter beugte, so begannen die Insassen dieser
Gefängnisse sich in die dunkelsten Lcken zurückzuziehen, und selbst
die sonst wenig zartsühlenden Schweine schienen in seiner Gegen-
wart von Todesahnungen geqnält zu werden.

weil er gerne und viel verzehrte, seinem Leibe aber sehr
wenig Arbeit zumutete, spürte er so etwas von Angst in stch,
wenn er ab und zu auf den Gedanken geriet, nachzusehen, ob
er nicht seine Aniee entdecken könnte; ein Bersuch,
der ihm in den letzten Monaten immer seltener ge-
lang. Er wurde, darüber täuschte er sich nicht, leider
immer dicker und dicker und er war sich klar, daß
dieses verhältnis, das sein Bäuchlein allmählich an-
nahm, ein Uebermaß bedeute, das eines Tages ver-
hängnisvoll werden könnte.

Ls bleibe ihm, so urteilte der Doktor, wohl
keine wahl, als sich das nächste Frühjahr nach
Marienbad zu begeben, um dort sich des über-
schüssigen Fettes zu entledigen.

Das war für ihn eine schlimme Botschaft. Diese
Aur kostete ihn ein heidenmäßiges Geld, und er war
doch eigentlich nie ein Freund des Zahlens gewesen.

Immer hatte er dem bewährten Grundsatz gehuldigt,
daß Nehmen seliger sei, denn Geben, und so versank
er in ein heftiges Nachdenken, wie er der drohenden
Gefahr möglichst gut auszuweichen vermöge, ohne
hiefür so erheblich bluten zu müssen.

,Lusebius/ sagte er zu sich, ,die Geschichte kommt
dich auf vierhundert Gulden im ksandumdrehen und
das nächste Iahr bist du genau so dick wie zuvor/
und dann seufzte er aus der Tiese seines sxarsamen
kserzens und slehte zum Lsimmel um eine Rettung
aus solchen Nöten.

Zufälligerweise erzählte einumfangreicher Bäcker,
der abends im ksirschen seinen Rötel schlürfte, daß er
jedes Iahr im Lenz eine Entfettungskur durchzu-
machen psiege, die ganz einzig in ihrer Art sei und
das Angenehme mit dem Nützlichen verbinde. Lr
rauche nämlich drei Monate lang täglich sünszehn
Stück virginias, wodurch er einen halben Zentner
an seinem Gewicht verliere.

Als Tschurtschenthaler das vernahm, schenkte er
der Geschichte keinen rechten Glauben. Erst als auch
der sdsarrer versicherte, das Rauchen „zehre," fing
er an, mit der Idee sich zu befreunden. Lr sann
hin und her. Fünfzehn virginias — alle wetterl
So ein echter Tiroler Griginalmagen ist ja nicht
sentimental, aber fünfzehn Stück, das schien ihm doch
bedenklich viel zu sein; das durfte er nicht wagen.

Db nicht die ksälfte auch genüge? Aber der Bäcker
blieb auf den unheimlichen Fünfzehn stehen und be-
hauptete, es drehe sich da um eine „Sympathie,"
von der man nichts abhandeln dürfe, wenn nicht
der ganze Zauber mißlingen solle.

Diese kjartnäckigkeit ärgerte den Tschurtschen-
thaler nicht wenig. Lr schlug auf den Tisch, daß er
nur so wackelte und nannte alle Sympathiemittel
höhnisch einen „damischen Blödsinn."

Des folgenden Tages jedoch war er anderer
Ansicht geworden. Deutsche Ligarren konnte er

leicht so an fünfzehn Stück vertragen, und wenn er da eine
größere sdartie herüberschmuggeln konnte, die er mit einem
hübschen Gewinn an die Sommerfrischler unter der Lsand zu
verschachern vermochte, so kostete ihn sein Teil und damit die
ganze Kur nicht viel mehr als einen Papxenstiel. Lr setzte sich
also kurz entschlossen auf den alten Rumpelkaften, der täglich
nach Bayern hinüberrollte und suchte dort den Krämer kjitzels-
berger auf, eine sehr geriebene Firma, die er in seinen s)lan
einweihte. (Fortsetzung auf Seite 22).

Amfländlich.

Schutzmann: „Zum Donnerwetter, was machen Sie denn mit dem
Alavier hier vor dem ksause?"

Iüngling (schüchtern): „2lch entschuldigen Sie, ich wollte meiner Braut nur ein
Ständchen bringen . . . und ein anderes Inftrument spiele ich nichtl"
 
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