36
Meggendorfers Humoristische Blätter.
zu geben und sich zu mir zu setzen. Mein ksans steht unschlüssig
und sieht mich mit aufsteigenden Thränen so hilfesuchend an,
daß ich weich werde.
„Du wirst mich doch nicht lächerlich machen wollen, Mama l"
So etwas liegt mir natürlich gänzlich fern. Um meiner
Autorität nicht zu schaden, antworte ich ihm nicht, sondern suche
nur sehr umständlich nach irgend etwas im Pompadour, welche
Gelegenheit er in stillem Uebereinkommen benützt und verschwindet.
DiesersSache machte ein geharnischter Brief ein Lnde,
welchen ich sehr bald an die „Schwiegermutter" schrieb. Sie
erwiderte darauf, daß sie mich für eine klügere gehalten
hätte. Ihre Tochter wäre keine schlechte jDartie, sie bekäme
vierzigtausend Mark mitl —
Der ersten Liebe folgte sehr bald eine zweite und dritte,
und ich mußte mich mit einem bescheideneren plätzchen neben
meinem Sohn begnügen, als ich einstens erträumt hatte. Das
wunderlichste aber passierte mir vor nicht gar langer Zeitl
Daß bsans mich nicht gerne ins Theater begleitete, wußte
ich schon lange, obgleich ich einen Grund nicht finden konnte.
Lr schützte immer allerhand wichtige jArbeiten oder Unpäßlichkeit
vor. Eines Sonntags jedoch ließ ich keine Ausrede aufkommen
und machte meine mütterlichen Rechte geltend.
„Jch sehe nicht ein, weshalb ich immer allein gehen solll"
erkläre ich ihm. „Ich will heute ,Flachsmann als Trzieher*
sehen, und du kommst mitl Wozu habe ich denn einen Sohnl"
Widerwillig entschließt er sich.
Am^Abend mache ich besonders sorgfältig Toilette in Seide
und Sxitzen. Als ich mir vor dem Spiegel den modefarbenen ksut
mit der türkisblauen Garnierung aufsetze, trifft mich ein so miß-
billigender Blick meines Sohnes, daß ich mich ganz bestürzt umdrehe.
„Den ksut willst du aufsetzen, Mama?" fragt er.
„Ia, welchen denn sonst?"
„Andere Nütter tragen Aapottenl"
„wenn man so aussieht, wie ich, trägt man keine Kaxot-
tenl" erwidere ich stolz und füge scherzend hinzu: „Du solltest
dich freuen, eine so schöne Mutter zu habenl"
Ueber das zarte Gesicht des langen, blonden Menschen
zieht sich die Röte der Verlegenheit.
„Das ist's ja ebenl" ftotterte er. „Begreife doch, Mamal
Du bist so auffallend, so hübsch und elegant, gar nicht wie eine
Mutter. Niemand sieht dir an, daß ich dein Sohn binl Alle
bserren werfen dir bewundernde Blicke zu, die mich so namenlos
wütend machen, weil man doch nicht wisfen kann. . ."
„N)as nicht wisfen kann?"
„lver weiß, wofür man uns hältl" sagt mein großer
Iunge leise und bricht dann in Thränen aus. „Ich möchte sie
alle durchxrügeln, die dich so unverschämt musternl So sieht
man doch eine Mutter nicht anl"-
Der Lsut entfällt meiner lsand. Mir zittern ordentlich
die Rniee und ich fühle, wie ich langsam erröte. Dann nehme
ich den blonden Roxf meines Iungen zwischen meine Lsände,
küsse ihn, und gehe ins Nebenzimmer.
Und dabei soll man sich jung erhaltenl — —
Gb eine Tochter am Lnde doch besser gewesen wäre?
terridle.
Der kleine Rarl (zu dem ihn ankläffenden Hund): „bsalt 's Maul!"
vater: „Aber Rarl, man sagt doch nicht Maul."
Der kleine Rarl: „Aber, Paxa, du sagst ja zu ksaus auch immer: halt 's Maul, Altcl"
verantwortlicher Redakteur: Max Schreiber. Druck von I. F. Schreiber, beide in Lßlingcn bei Stuttgart.
In Oesterreich-Ungarn für Herausgabe und Redaktion verantwortlich: Robert Mohr in wien I.
Verlag von I. F. Schreiber in Münchrn und Etzlingrn.
Meggendorfers Humoristische Blätter.
zu geben und sich zu mir zu setzen. Mein ksans steht unschlüssig
und sieht mich mit aufsteigenden Thränen so hilfesuchend an,
daß ich weich werde.
„Du wirst mich doch nicht lächerlich machen wollen, Mama l"
So etwas liegt mir natürlich gänzlich fern. Um meiner
Autorität nicht zu schaden, antworte ich ihm nicht, sondern suche
nur sehr umständlich nach irgend etwas im Pompadour, welche
Gelegenheit er in stillem Uebereinkommen benützt und verschwindet.
DiesersSache machte ein geharnischter Brief ein Lnde,
welchen ich sehr bald an die „Schwiegermutter" schrieb. Sie
erwiderte darauf, daß sie mich für eine klügere gehalten
hätte. Ihre Tochter wäre keine schlechte jDartie, sie bekäme
vierzigtausend Mark mitl —
Der ersten Liebe folgte sehr bald eine zweite und dritte,
und ich mußte mich mit einem bescheideneren plätzchen neben
meinem Sohn begnügen, als ich einstens erträumt hatte. Das
wunderlichste aber passierte mir vor nicht gar langer Zeitl
Daß bsans mich nicht gerne ins Theater begleitete, wußte
ich schon lange, obgleich ich einen Grund nicht finden konnte.
Lr schützte immer allerhand wichtige jArbeiten oder Unpäßlichkeit
vor. Eines Sonntags jedoch ließ ich keine Ausrede aufkommen
und machte meine mütterlichen Rechte geltend.
„Jch sehe nicht ein, weshalb ich immer allein gehen solll"
erkläre ich ihm. „Ich will heute ,Flachsmann als Trzieher*
sehen, und du kommst mitl Wozu habe ich denn einen Sohnl"
Widerwillig entschließt er sich.
Am^Abend mache ich besonders sorgfältig Toilette in Seide
und Sxitzen. Als ich mir vor dem Spiegel den modefarbenen ksut
mit der türkisblauen Garnierung aufsetze, trifft mich ein so miß-
billigender Blick meines Sohnes, daß ich mich ganz bestürzt umdrehe.
„Den ksut willst du aufsetzen, Mama?" fragt er.
„Ia, welchen denn sonst?"
„Andere Nütter tragen Aapottenl"
„wenn man so aussieht, wie ich, trägt man keine Kaxot-
tenl" erwidere ich stolz und füge scherzend hinzu: „Du solltest
dich freuen, eine so schöne Mutter zu habenl"
Ueber das zarte Gesicht des langen, blonden Menschen
zieht sich die Röte der Verlegenheit.
„Das ist's ja ebenl" ftotterte er. „Begreife doch, Mamal
Du bist so auffallend, so hübsch und elegant, gar nicht wie eine
Mutter. Niemand sieht dir an, daß ich dein Sohn binl Alle
bserren werfen dir bewundernde Blicke zu, die mich so namenlos
wütend machen, weil man doch nicht wisfen kann. . ."
„N)as nicht wisfen kann?"
„lver weiß, wofür man uns hältl" sagt mein großer
Iunge leise und bricht dann in Thränen aus. „Ich möchte sie
alle durchxrügeln, die dich so unverschämt musternl So sieht
man doch eine Mutter nicht anl"-
Der Lsut entfällt meiner lsand. Mir zittern ordentlich
die Rniee und ich fühle, wie ich langsam erröte. Dann nehme
ich den blonden Roxf meines Iungen zwischen meine Lsände,
küsse ihn, und gehe ins Nebenzimmer.
Und dabei soll man sich jung erhaltenl — —
Gb eine Tochter am Lnde doch besser gewesen wäre?
terridle.
Der kleine Rarl (zu dem ihn ankläffenden Hund): „bsalt 's Maul!"
vater: „Aber Rarl, man sagt doch nicht Maul."
Der kleine Rarl: „Aber, Paxa, du sagst ja zu ksaus auch immer: halt 's Maul, Altcl"
verantwortlicher Redakteur: Max Schreiber. Druck von I. F. Schreiber, beide in Lßlingcn bei Stuttgart.
In Oesterreich-Ungarn für Herausgabe und Redaktion verantwortlich: Robert Mohr in wien I.
Verlag von I. F. Schreiber in Münchrn und Etzlingrn.