Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 48.1902 (Nr. 575-587)

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.16550#0020
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
(6

Meggendorfer-Blätter, INünchen

Äuch ich war jung . . .

M uch ich war jung und trug den Lenz iin Ljerzen
Und träumte kühn, wie nur die Iugend trämnt,

I>och über Thorheit, Tandelei und 5cherzcn
tfab' ich dcn Augenblick des Glücks versäumt.

Leis . . leise ist's an mir vorbeigegangen,

Uaum daß ich's ahnte, war's verblaßt, verweht —

Da faßte mich ein trotzig-wild Uerlaugein

„Bleib!" schrie ich angstvolh „bleib!" . . Es war zu spät.

Tristan Mendonis.

Der Aastelbinder als (Lrchcher.

er Uoktor Eugen Lindorff wäre aus eiuem glücklichcu
Bräutigam ein ebensolcher Themann geworden, wenn sich
Frau Llse nicht nach der bsochzeit — zu dessen unliebsamcr
Ueberraschung — sehr zu ihrem Bachteil veräudert hätte.

Als Braut sah er sie stets nur zierlich und adrett gekleidet/
und hätte er sich nicht träumen lassen, daß auch eiumal — allem
lferkommen entgegen — aus einem niedlichen Schmettcrling eine
nuschöne Raupe werden konnte.

Die junge Fran beflcißigte sich nicht derjenigen Püuktlichkeit
sowohl was ihre häusliche Aleidung als anch den bsaushalt be-
traf, welche zum Wohlbefinden des Doktors — cines Freuudes
pcinlichster Grdnung — ganz unerläßlich war.

Immer und immer wieder, — ob sie sich nun in einem
nachlässigen Neglige mit nur oberflächlich geordnetem lfaar zu
Tische setzte, oder ob sich die Zimmer nicht in dcr wünschens-
werteu Verfassung bcfandcn — machte ihr der Gatte ernstliche
vorstellungcn; doch stets ohne nachhaltigen Lrfolg.

Tin paar Tage nahm sich Frau Doktor nach solchen Seenen
etwas zusammen, dann aber riß wieder der alte 5chlendrian ein.

U?as lvunder, wenn der Gatte seine Abende, soweit sein
Beruf es gestattete, anstatt zu lhause, im Restaurant zubrachte.

Lines Nlittags kam derselbe gerade dazu als seine Frau —
wieder einmal im nachlässigsten Anzuge — dem Rastelbinder
eine Bettsiasche zui» Ausbessern übergab und den Burschen fragte,
ob er doch nicht vergäße, wo er dieselbe wieder abzugeben hätte.

„Oergesscn nix, gnä' Frau," erwiderte dor Italiener grinsend.
Als man andern Tags bei Tische saß, klingelte es an der Oor-
thüre. — Auf Befragen berichtete das Alädchen, daß der Maus-
fallenhändler die Bettsiasche gebracht habe.

Frau Llse ging nach der Aüche, und auch der Doktor ent-
fernte sich auf einen Moment, um in seiuem Zimmer etwas
uachzusehen.

An der Aüche vorübergehend sah er seine Frau mit allcn
Zeichen heftigen Lrschreckens auf den Boden der Bettflasche blicken.

„Mas ist Dir?" konnte er sich nicht enthalten zu fragen.
„V, uichts!" gab sie zur Antwort, den Gegenstand rasch bei Seite
stellcnd, und bcgab sich ins Zimmer zurück.

Linen Augenblick später betrat der Doktor die Aüche ---
das Mädchen war nicht anwesend — und besah sich die Bett-
flasche ebenfalls von der Rückseite.

Unglaublich! Der boshafte Italiener hatte sich auf ganz
eigene Art die Adresse gemerkt. Fein eingekratzt stand da cin
einzigcs U)ort: „snlloppiu!"

Frau Doktor war an diesem UUttag sehr einsilbig; aber wie
erstaunte dcr Gatte, als sie ihm am Abend in einem kleidsamen
Anzug und hübsch frisiert entgegentrat.

Und so war es am andern Tag, uud so blieb es in der
Folgezeit. Anch an der lUohuung konnte man von da an sehen,
was Frauenhände vermögen, wenn sie von Mrdnnngsliebe
regicrt werden. —

Alugerweise enthielt sich der Doktor aller Bemerkungen

über diese ihn so sehr beglückende Verändorung; aber Frau
Llse konnte merken, daß seine Liebe zu ihr nicht erloschon war,
wie sio es ihm oft zum Vorwurf gemacht hatte.

Lin rcitc'nder (Kedarrke oder: der riberliliele (Kläußiger.

„lhimmel, bin ich eiu Pechvogcl I Ietzt kommt mein Schneider,
dem ich sichere Zahlung versprochen habe, ins UArtshaus. Lnt-
wischen kann ich jetzt nicht mehr, und mein Bier möchte ich auch
gern' ungestört austrinken. —-Doch —

das Tischtuch hier kann mir holfen. Ietzt heißt cs schlau sein,
da ist er schoii." — „U)as sitzt denn da für ein souderbarer Utensch,
zu dem muß ich mich setzen."

„Sagen Sie mir einmal, warum haben Sie, dcnn das.Tuch
über dem Ropf?" — „Ia wissen S', das mach' ich wegcn der
vielen Fliegen, da können s' nicht beißen."
 
Annotationen