Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 48.1902 (Nr. 575-587)

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.16550#0108
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Meggendorfer-Blätter, Nünchen

l.O^

Vnkel und Neffe.

„N)as willst T>u nun anfangen?" fragie mich meine Frau,
und als ich, nicht eben mit dem geistreichsten Gesicht, meine
absolute Ratlosigkeit an den Tag legte, suhr sie forti

„Du nimmst cinsach einen Polizisten init aus die Station
und läßt diese lasterhafte Person sogleich verhasten; ja, das
thust Dul"

Ich hatte mich nun etwas von dieser Ueberraschung erholt

Kchwerenöler.

und suchte vorerst meiner Frau begreiflich zu machen, daß ,die
Anklage wegen versuchter Bigamie sich doch nicht durchsühren
ließe.

„Welche Art von Geschöpf muß denn diese person sei >?"
sagte meine Frau etwas besänftigt.

„Ich wette, sie ist lang, dünn. im reiferen Uiannesalter,
hat eine große vorliebe für einen dirken INops und einen he seren
Uanarienvogel."

„Aber sehr häßlich ist sie gewiß," stel meine Frau ein.

„Dhne Zweifel mein Rind," stimmte ich bei.

„5ie ist vielleicht imstande und bleibt vierzehn Tage hier . ."

„Auch ein halbes Zahr," bemerkte ich. „Ts wurde den
Frauen immer schwer, sich von mir loszureißen."

„Fader Ilerl," erwiderte sanft meine Frau; „wir müssen
aber doch etwas thun?"

„Natürlich, so weit wären wir nun im klaren. Aber
weißt Du, mir ist jetzt alle Lust vergangen, den Pegasus zu
besteigen, und da werde ich den Aaninchenstall richten gehen.
Bis Ulittag werde ich Dir schon meinen sdlan mitteilen. Also
auf Wiedersehen I"

II.

6ier nun eine persönliche Bemerkung über mich
selbst. Ich — Lwald Friedrich Aleeborn — darf an-
nehmen, daß den meisten Lesern wenigstens der
geschmackvolle Einband meiner IVerke bekannt
ist. Gewöhnlich werde ich in der Rubrik „IVeih-
nachtsbüchertisch" mit mehreren bsundert Aonkur-
renten zugleich schmerzlos
hingerichtet, was aber, wie
der geneigte Leser bereits
weiß, kein Lsindernis ist,
urn nicht doch hie und da
einen Lrfolg zu erzielen.
Nur in eines kann

„Gnädiges Fräulein sehen etwas leidend aus?"

„Ach ja, ich habe entsetzliches Zahnweh." ,

„Na, das müssen schon impertinente Zähne sein, die in Zhrem Ulunde nicht zufrieden sind!'

sich das Gros des Publi-
kuins am wenigsten hinein-
finden, daß nämlich der
verfaffer nicht alles selbst
erlebt hat. Wie viele weib-
liche Personen verehren
mich als den Verkünder
des erhabensten Liebes- und
Seelenschmerzes, den ich,
der glückliche Gatte und
vater heuchlerisch in vers
und Reim gebracht!

von allen üblen Fol-
gen, die der Ruhm hat,
kam aber noch keine der
gegenwärtigen gleich! Lin
Zrauenzimmer, für deffen
augenscheinlichen Rappel —
lies Raptus — mein viel-
geschundener Pegasus die
verantwortung trägt, will
ungoachtet meiner Frau mir
nichts dir nichts kommen
und — bleibenl

bsm! Zch könnte sagen,
ich hätte kein Fremdenzim-
mer. Aber was hals das?
bsatte ich doch schwarz auf
weiß drucken laffen i
 
Annotationen