Zeitschrift sür chumor unü Aunst
s05
Vnkel und Neffe.
„Wie süß ist, schlafen in freier Luft
vom Mondlicht umflutet und Rosenduft .
Dder sollte ich die schlechte verpflegung ins Treffcn fiihren?
2a hätte ich wieder ein Titat von mir zu hören bekommen:
„Die lvaldbeere soll Nahrung uns sein,
Der Tisch das bemooste Felsgestein , .
Ls gab einfach kein Mittel, die Dame abzuschrecken!
Diese Gedanken gingcn mir durch den Ropf, während ich
die Raufen meiner Lelgier frisch füllte.
§ben erhob ich mich, um meinem Rückon Lrholung zu
gönnen, als mein Auge auf 6errn Friedrich Lwald Aleeborn,
einen äußerst hoffnungsvollen jungen lNann, stel, der nebenbei
die Lhre hatte, mein Neffe zu sein. Lr war zur Lrholung
seiner angegriffenen Gesundheit bei mir. Als cinziger Sohn
seiner Lltern, die sich kümmerlich von wenigen Austern und
Trüffelpasteten ernähren mußten und sich dazu nur an kvochen-
lagen einige Flaschen Liebfrauenmilch oder Lhablis gönnen
konnten, war mein Neffe doch ein hübscher, gesunder Bursche
geworden.
In der letzten Zeit wurde er jedoch trübsinnig. Ich diagno-
sierte sofort eine leichte Geistesstörung, jene jdcriodc des Zahncns
bei einem erwachsenen INenschen, gewöhnlich auch „crjte Liebe"
genannt. Da dieses Leiden sogar Linfluß auf seinen Appetit
nahm, schickten ihn seine Lltern zn mir, mn ihn wieder her-
zustellen.
In dem Augenblick, wo ich besagten Neffen weltverloren
daherschlendern sah, kam mir ein Gedanke. Ich weiß, die lllehr-
zahl meiner Aritiker wird mir das entschieden bezweifeln, aber
diesmal war es eine unleugbare Thatsache.
Er bemerkte mich nicht eher, als bis er eine mühsam her-
gestellte Linfriedung niedergetreten hatte.
„Friedrich," sagte ich, „Dein Leiden schlägt sich schon auf
dic Augen. Das ist abcr cinc natürliche Folge dcr Langeweile,
nicht wahr, mein Iungc?"
„Die lvahrheit zu sagen, lieber Vnkel, ist Deine Beobacht-
u»g ungeheuer richtig."
„Na, siehst Du, ich kenne das ja. ovo i Du siehst auf
dem Ballc ein reizendes Alädchen, das Deine Blicke errötend
envidert. >Im poctisch zu sprechen — tritt nicht hier in den
lllist möchte ich also sagcn: Deine Seele badete sich in ihrem
Anbliek, bis der letzte Aecord der „Rosen aus dem Süden" da-
iiinstarb. Nun geht ihr eures lveges — und seht euch nie
wieder; aber der Schluß, daß ihr füreinander bestimmt seid,
stsht bei euch fest."
»Ganz genau sol"
»Deshalb schlage ich ein neucs lllittcl vor. Linc klcine
^nregung, und die habe ich in petto."
2abei nahm ich den rosafarbenen Brief aus der ll.aschc
""d gab ihn Friedrich zu lescn. lllit einem spöttischen Blick
3nb er mir das Blatt zurück. —
»llluß stch die Tante aber darübcr gefreut haben!" meinte
Schlingel.
„Das jst's ja eben. Ich bin offen gesagt in einer kleinen
°rlegenheit. lllan weiß doch auch nicht, wer und was! An-
öenonnnen aber, ich hätte einen Neffen, der zufällig gcnau so
? wie ich, angenommen, dersclbe würde sich in den Ropf
^->en, einige Zeit seincn Vnkel zu spielen, — nun, was denkst
" Zu diesen Voraussetzungen?"
„Tine famose Idec!"
"2u willst also?"
„llleinethalben! wann kommt dcnn die Närrin?"
"2u hast doch gclesen, schon lllontag."
^ir gingen sofort ins lstaus, um mciuc <srau in unsere
uiachung einzuweihen. lLortsttzung auf Seite tvb.)
Vcrsehüe Kpekulaiioil.
„Ictzt hat die lllalestzgesellschaft unter mir schon wieder
nachmittags Feuer angezündet, so daß man kein Fenstcr offen
haben kann, ohne den Rauch zu schluckcn.
Aber wart nur, ich weiß, was ich thu'.
Nun wollen wir sehen, wo jetzt der Rauch hingeht, ha
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Vnkel und Neffe.
„Wie süß ist, schlafen in freier Luft
vom Mondlicht umflutet und Rosenduft .
Dder sollte ich die schlechte verpflegung ins Treffcn fiihren?
2a hätte ich wieder ein Titat von mir zu hören bekommen:
„Die lvaldbeere soll Nahrung uns sein,
Der Tisch das bemooste Felsgestein , .
Ls gab einfach kein Mittel, die Dame abzuschrecken!
Diese Gedanken gingcn mir durch den Ropf, während ich
die Raufen meiner Lelgier frisch füllte.
§ben erhob ich mich, um meinem Rückon Lrholung zu
gönnen, als mein Auge auf 6errn Friedrich Lwald Aleeborn,
einen äußerst hoffnungsvollen jungen lNann, stel, der nebenbei
die Lhre hatte, mein Neffe zu sein. Lr war zur Lrholung
seiner angegriffenen Gesundheit bei mir. Als cinziger Sohn
seiner Lltern, die sich kümmerlich von wenigen Austern und
Trüffelpasteten ernähren mußten und sich dazu nur an kvochen-
lagen einige Flaschen Liebfrauenmilch oder Lhablis gönnen
konnten, war mein Neffe doch ein hübscher, gesunder Bursche
geworden.
In der letzten Zeit wurde er jedoch trübsinnig. Ich diagno-
sierte sofort eine leichte Geistesstörung, jene jdcriodc des Zahncns
bei einem erwachsenen INenschen, gewöhnlich auch „crjte Liebe"
genannt. Da dieses Leiden sogar Linfluß auf seinen Appetit
nahm, schickten ihn seine Lltern zn mir, mn ihn wieder her-
zustellen.
In dem Augenblick, wo ich besagten Neffen weltverloren
daherschlendern sah, kam mir ein Gedanke. Ich weiß, die lllehr-
zahl meiner Aritiker wird mir das entschieden bezweifeln, aber
diesmal war es eine unleugbare Thatsache.
Er bemerkte mich nicht eher, als bis er eine mühsam her-
gestellte Linfriedung niedergetreten hatte.
„Friedrich," sagte ich, „Dein Leiden schlägt sich schon auf
dic Augen. Das ist abcr cinc natürliche Folge dcr Langeweile,
nicht wahr, mein Iungc?"
„Die lvahrheit zu sagen, lieber Vnkel, ist Deine Beobacht-
u»g ungeheuer richtig."
„Na, siehst Du, ich kenne das ja. ovo i Du siehst auf
dem Ballc ein reizendes Alädchen, das Deine Blicke errötend
envidert. >Im poctisch zu sprechen — tritt nicht hier in den
lllist möchte ich also sagcn: Deine Seele badete sich in ihrem
Anbliek, bis der letzte Aecord der „Rosen aus dem Süden" da-
iiinstarb. Nun geht ihr eures lveges — und seht euch nie
wieder; aber der Schluß, daß ihr füreinander bestimmt seid,
stsht bei euch fest."
»Ganz genau sol"
»Deshalb schlage ich ein neucs lllittcl vor. Linc klcine
^nregung, und die habe ich in petto."
2abei nahm ich den rosafarbenen Brief aus der ll.aschc
""d gab ihn Friedrich zu lescn. lllit einem spöttischen Blick
3nb er mir das Blatt zurück. —
»llluß stch die Tante aber darübcr gefreut haben!" meinte
Schlingel.
„Das jst's ja eben. Ich bin offen gesagt in einer kleinen
°rlegenheit. lllan weiß doch auch nicht, wer und was! An-
öenonnnen aber, ich hätte einen Neffen, der zufällig gcnau so
? wie ich, angenommen, dersclbe würde sich in den Ropf
^->en, einige Zeit seincn Vnkel zu spielen, — nun, was denkst
" Zu diesen Voraussetzungen?"
„Tine famose Idec!"
"2u willst also?"
„llleinethalben! wann kommt dcnn die Närrin?"
"2u hast doch gclesen, schon lllontag."
^ir gingen sofort ins lstaus, um mciuc <srau in unsere
uiachung einzuweihen. lLortsttzung auf Seite tvb.)
Vcrsehüe Kpekulaiioil.
„Ictzt hat die lllalestzgesellschaft unter mir schon wieder
nachmittags Feuer angezündet, so daß man kein Fenstcr offen
haben kann, ohne den Rauch zu schluckcn.
Aber wart nur, ich weiß, was ich thu'.
Nun wollen wir sehen, wo jetzt der Rauch hingeht, ha
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