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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 48.1902 (Nr. 575-587)

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https://doi.org/10.11588/diglit.16550#0119
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Aeitschrift sür chumor und Aunst

U5

(Leinüilich.

Richter: „vor rier tvochen haben Sie erst vor Gericht ge-
standen, weil Sie Hasen in Schlingen gesangen hatten uno
heute haben Sie eine Gans gestohlen!"

Angeklagter: „)a, kferr Richter, sür lsasen ist jetzt chch°"s
zeit; was soll man denn zu dieser Iahreszeü anders esten

Maiv.

Ein Araber zieht mit seinen dressierten Aamelen :r. durch
ein Dors und bittet den Bürgermeister um die Lrlaubnis zu
einer Schaustellung. Der Gemeindeschreiber serligt ihm die
Licenz aus und bcgehrt noch die Unterzeichnung dcrselben, was
jedoch der Araber nicht zustande bringen kann. „-ia ^
machen S' halt drei kfalbmonde drunter," rät ihm gemütlich
der Schreiber.

Die Mettrmg der Lvrik.

(A)ie alten Lyriker mit ihren schlanken
^ Und wohlerwog'nen reinlichen Gedanken,

Sie dichteten zum Trotz den bösen Spöttern
Am liebsten nur auf schönen reinen Blättern.

Doch statt zum hohen heißersehnten Ruhme
Dient ihre Poesie dem Murstkonsume.

Drum dichtet ein Genie heut', ein erlauchtes,

Gleich nur aus Wurstpapier und zwar gebrauchtes.

H. S.

Die Morteile der Ähe.

„Richt wahr, Mama, wenn ich verheiratet bin, darf ich
l über jeden U)itz lachen?"

Die verlorene Maöel.

"^^^ssessor Strohmaier ist außer sich. Seit vierzehn iragen
vermißt er einc wertvolle Lrillantnadel, die er von
seiner Braut als weihnachtsgeschenk erhaltcn hat. Lr
kann sie nur verloren haben, denn als streng ordnnngsliebendir
Ukann xflegt er dergleichen nicht zu verlegen.

Lr hat schon in allen Tageszeitungen inseriert und emc
sast dem werte der Nadel entsxrechende Belohnung demjenigen
ausgesetzt, der sie ihm wicderbringen würde. Doch niemand
hat sich bis heute gemeldet. vergebens zermartert er sein Ge-
hirn, um einen Anhaltspunkt zu finden, bei welcher Gelegenhcit
ihm die Nadel wohl in verlust geraten sein könnte. Da kommt
es plötzlich wie ein Strahl der Lrleuchtung über ihn. Lr kann
die Nadel nur bei Geheimrats verloren haben, wo er vor vier-
zehn Tagen zum Sonxer gcladen war. Denn er erinnert sich,
daß sich durch irgend einen Zu-
fallseineArawatte gelockert hatte
und in dem Bemühen, sie wie-
der zu ordnen, muß ihm die
Nadel entsallen sein. Lr weiß
sogar jetzt ganz genau, daß cr
in gedachtem Ukoment ein leises
Geräusch wie von cinem nieder-
sallenden Gegenstande gehört
hat, doch in der l^ast hatte er
nicht weiter daraus geachtet.

Ia, ja, so ist es und nicht anders I

Ls ist ihm zwar äußerst
unangenehm, die Rätin deswe-
gen zu interpellieren, aber es
bleibt ihm kein anderer Ausweg,
um sich Gewißheit über seine
vermutung zu schasten. Audem
hat ja die Rätin, wenn sich die
Nadel bei ihr gefunden hat,
nicht wissen können, wer der
verlustträger ist, und war es
ganz korrekt von ihr, wenn sie
eine Anfrage deshalb an sich
herankommen ließ. Der Assessor
machte sich alsojvoll sroher ksoff-
nnng aus den weg.

Der Geheimrätin ist aber nichts von einem Fund gemelcet
worden, und fie ist nahc daran, empört darüber zu werden, datz
man ihr Mädchen im verdacht der Untreue haben könne. -^'c

ruft aber dennoch Iette, das allerdings erst vor vier wochen
zugezogene Stubenmädchen ins Ziimner und stellt es zur Rede.

Iette aber beteuert ihre Unschuld und will nichts gefunden
haben. Der Assessor weiß vor verlegenheit kanm, wie er sich
aus der peinlichen 2lffaire ziehen soll. „Ich bin ja weit entfernt,
gnädige Frau," stottert er, „das Mädchen sür unredlich zu halten;
aber es ist ja schon häufig genug vorgekommen, daß solch kleine
Gegenstände mit in das Aehricht geraten und mit diesem weg-
geschüttet worden sind."

„Das ist wohl möglich, lieber Assessor," crwiderte die Geheim-
rätin, „aber da hätten Sie eben gleich am Tage darauf nach-
fragen sollen. Denn wer weiß, wo heute das Aehricht von
damals herumschwimmt."

Da geht es plötzlich wie ein Leuchten über Iettes Gesicht.

„G, gnädige Frau, wenn es weiter nichts ist, der ist
schon noch dal"

Und glücklicherweise war auch die Nadel darin.

C. A. Hg.
 
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