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Meggendorfer-Blätter, llNünchen
Vorbestraft.
Der Rechtsanwalt wnrdo zu Rate gezogen, er wußte aber
kcinen Rat. Die Lltern, die sich mit dem Ligensinn des Mäd-
chens abfinden mußten, sprachen sogar mit dem Amtsrichter
selbst; auch er wußte keinen Grund, der ihn vom Richteramt
ausschließen sollte.
Da erschien ein xaar Tage vor der Oerhandlung der Rochts-
anwalt in Frack und weißer Binde im thause des Majors.
„verehrtes Fräulein," begann er in Gegenwart der Tltern,
„ich habe ein Mittel gefunden, den Amisrichter daran zu hin-
dern, über Sie zn Gericht zu sitzen; aber freilich liegt cs in
Ihrer lsand — vielmehr bei Ihrem lferzen, ob Sie das tliittel
wählen wollen. Sie wissen es ja längst, Amtsrichter Söldner
und ich sind wahrhaft innigo Verehrer von Ihnen — geben
Sie mir Ihre lhand und weisen Sie jenen zurück; dann ist wohl
kein Zweifel, daß wir ihn als chcfangenen Richter^ ablehnen
können." Line größere Liebeserklärung schmückte diese Idee
des Rechtsanwaltes noch weiter aus.
Marie bekam wieder feuchte Augen. Also nm den preis
konnte sie ihren Stolz befriedigen, daß sie den Amtsrichter zu-
rückwies und einem andern das Iawort gab; aus cinmal war
es ihr zur Gewißheit geworden, daß sie das nicht konnte; denn
sie hatte ihn ja lieb.
Der Rechtsanwalt ging mit dem Bescheide, daß ste sich
Bedenkzeit ansbitte.
Am gleichen Tage erschien in gleicher Gala auch der Amts-
richter. „verehrtes Fräulein, so peinlich wie Ihnen, ist es auch
mir, übermorgen Sie aburteilen zu müssen, und da sie nun da-
rauf beharren, daß die Sache verhandelt werde, so habe ich einen
Ausweg gefunden: werden Sie meine Brautl Als ihren Bräu-
tigam schließt mich das Gesetz vom Richteramte über Sie aus."
Er sprach noch viel von Liebe und vom Glück.
Und diesmal stegte der Amtsrichter.
Als er sein Bräutchen in die Arme schloß und sprach.
„Meine licbe, süße vorbestraste Marie," da meinte sie lächelnd:
„Run bin ich rehabilitiert, inein geftrenger Richter heiratet mich,
die Strafc aber nehme ich an."
Tragikonnsche Zitualion.
Die beiden Gräfinnen Sophie und lNarie v. Bimbambulach sind eifrige Automobilfahrerinnen. Lines Tages haben sie
auf einer größeren Partie das Pech, stecken zu bleiben. Sie können dio Nrsache dieser Störung in der Mechanik nicht finden und
stehen in größter verlegenheit auf einsamer Landstraße. Da — erscheint ein rettender Tngel in Gestalt eines reisenden bfand-
werksburschen. Dieser, ein gelernter Mechaniker, hat die Sache bald wieder in Drdnung gebracht und, sich auf den Führersitz
schwingend, fährt er die beiden Damen, welche in größter verlegenheit sind, durch die Straßen der Stadt nach ihrem Palais, wo
der merkwürdige Aufzug von den jdassanten mit Staunen und Schmunzeln verfolgt wird.
Verantwortlicher Redakteuri Max Schreiber. Druck von I. F. Schreiber, beide in Lßlingen bci Stuttgart.
In Desterreich-Ungarn für Ljerausgabe und Redaktion verantwortlich: Robert Mohr in UUen 1.
Vrrlng von I. F. Schrriber in Münchrn und Etzlingrn.
Meggendorfer-Blätter, llNünchen
Vorbestraft.
Der Rechtsanwalt wnrdo zu Rate gezogen, er wußte aber
kcinen Rat. Die Lltern, die sich mit dem Ligensinn des Mäd-
chens abfinden mußten, sprachen sogar mit dem Amtsrichter
selbst; auch er wußte keinen Grund, der ihn vom Richteramt
ausschließen sollte.
Da erschien ein xaar Tage vor der Oerhandlung der Rochts-
anwalt in Frack und weißer Binde im thause des Majors.
„verehrtes Fräulein," begann er in Gegenwart der Tltern,
„ich habe ein Mittel gefunden, den Amisrichter daran zu hin-
dern, über Sie zn Gericht zu sitzen; aber freilich liegt cs in
Ihrer lsand — vielmehr bei Ihrem lferzen, ob Sie das tliittel
wählen wollen. Sie wissen es ja längst, Amtsrichter Söldner
und ich sind wahrhaft innigo Verehrer von Ihnen — geben
Sie mir Ihre lhand und weisen Sie jenen zurück; dann ist wohl
kein Zweifel, daß wir ihn als chcfangenen Richter^ ablehnen
können." Line größere Liebeserklärung schmückte diese Idee
des Rechtsanwaltes noch weiter aus.
Marie bekam wieder feuchte Augen. Also nm den preis
konnte sie ihren Stolz befriedigen, daß sie den Amtsrichter zu-
rückwies und einem andern das Iawort gab; aus cinmal war
es ihr zur Gewißheit geworden, daß sie das nicht konnte; denn
sie hatte ihn ja lieb.
Der Rechtsanwalt ging mit dem Bescheide, daß ste sich
Bedenkzeit ansbitte.
Am gleichen Tage erschien in gleicher Gala auch der Amts-
richter. „verehrtes Fräulein, so peinlich wie Ihnen, ist es auch
mir, übermorgen Sie aburteilen zu müssen, und da sie nun da-
rauf beharren, daß die Sache verhandelt werde, so habe ich einen
Ausweg gefunden: werden Sie meine Brautl Als ihren Bräu-
tigam schließt mich das Gesetz vom Richteramte über Sie aus."
Er sprach noch viel von Liebe und vom Glück.
Und diesmal stegte der Amtsrichter.
Als er sein Bräutchen in die Arme schloß und sprach.
„Meine licbe, süße vorbestraste Marie," da meinte sie lächelnd:
„Run bin ich rehabilitiert, inein geftrenger Richter heiratet mich,
die Strafc aber nehme ich an."
Tragikonnsche Zitualion.
Die beiden Gräfinnen Sophie und lNarie v. Bimbambulach sind eifrige Automobilfahrerinnen. Lines Tages haben sie
auf einer größeren Partie das Pech, stecken zu bleiben. Sie können dio Nrsache dieser Störung in der Mechanik nicht finden und
stehen in größter verlegenheit auf einsamer Landstraße. Da — erscheint ein rettender Tngel in Gestalt eines reisenden bfand-
werksburschen. Dieser, ein gelernter Mechaniker, hat die Sache bald wieder in Drdnung gebracht und, sich auf den Führersitz
schwingend, fährt er die beiden Damen, welche in größter verlegenheit sind, durch die Straßen der Stadt nach ihrem Palais, wo
der merkwürdige Aufzug von den jdassanten mit Staunen und Schmunzeln verfolgt wird.
Verantwortlicher Redakteuri Max Schreiber. Druck von I. F. Schreiber, beide in Lßlingen bci Stuttgart.
In Desterreich-Ungarn für Ljerausgabe und Redaktion verantwortlich: Robert Mohr in UUen 1.
Vrrlng von I. F. Schrriber in Münchrn und Etzlingrn.