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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 48.1902 (Nr. 575-587)

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https://doi.org/10.11588/diglit.16550#0136
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s32

Meggendorfer-Blätter, München


tvenn er jetzt nur das vermaledeite Schlüsselloch schon gefun-

den hättel War er
wirklich etwas aus
dem Gleichgewicht
geraten, oder kam
ihm das nur so vor?

Ls blieb ihm
nichts anderes übrig
— er mußte ein
Streichholz anzündcn,
wenn er Lärm ver-
meiden wollte. Lr
that es also, und nun
ging es prächtig. Lr
hatte wirklich Glück
heute. Die Thürc
knarrte nicht im min-
desten, das Lchlos;
schnappte kaum hör-
bar, er stieß weder
an einen 5tuhl, noch
wars er die Wasch-
schüssel um, kurz, er gclangte ins Bett, ohne daß seine
ahnnngslos schlum-
mcrnde Gemahlin auch
nur mit den wimpern
gezuckt hättei

Mit einem Lächeln
der Befriedigung schlief
er ein und als er am
andern lllorgen wieder
erwachte, mußte er einen
Beitzipfel in den Mund
nehmen, um sich das
Lachen zu verbeißen.

Seine Frau hatte
diesmal so ganz und gar
nichts gemerkt. Nein, es
war einfach zum Tot-
lachenl Seine Lhehälste
so hinters Licht zu
führenI

bekannter schriller Diskant:

Da wurde er
auf einmal jäh
aus seinem Freu-
dentaumel geris-
sen, sowie gleich-
zeitig aus seinem
Bett. Gleich einer
Aneipzangepackte
eine bfand sein
rechtes Vhr und
schleifte, was da-
ran hing, den
Aorridor entlang
bis zur Thüre.
In sein linkes
aber tönte ein
ihm nur zu wohl-

„Sänstlich, wie kommen denn Deine Schuhe da her?"

C. A. Heiinia.

Äigene Meinung.

D?ber diejjWiese ging ein Geflüster
^2 lfeimlich im Iuniabenddüster.

„Ist L>ir das Neu'ste bekannt, meine Teure?
kjast Du's vernommen, das Ungeheure,

U?as sich die lferbftzeitlose, die Dirne,,
Unterfängt mit trotziger Stirne? —
lVenn wir zum lvintertraum uns rüsten,
Blüht sie stolz an der Lrde Brüsten;

Wenn dagegen des Sommers Glut,

Liebend an uns ihre Wundcr thut,

Reift das natternsiun'ge Gezücht
Vrdnung brechend sein gift'ges Gefrüchtl"

Also lief es iin lviesengrund
Zungenfertig von Mund zu Mund,

Bis die Ulär mit den wachsenden Schatten
Alle Blüten ersahren hatten.

Gottl wie das Zittergras erschrakl
Zitterte bis zum Morgen,

Und noch früh am vormittag
Sprach es, gedrängt von Sorgen:
„Herbstzeitlose, wie magst Du nur
Solche Vinge wagen?

Denke Dir, alle Schweftern der Flur
Reden darüber seit Tagen!"

Aber die bferbstzeitlose sprach:

„V ihr Ärmsten der Armcn!

Luer gräßlicher bferdenfinn
Ist wahrhaft zum Lrbarmen.

Sorgt ench nicht, zu welcher Zeit
Uleine Früchte reifen;

Werdet ja nimmer in Lwigkeit
Ligene Uleinung begreifen!"

Paul Lang.

Verantwortlicher Redaktenr: Nlax Schreiber. Druck von fs. F. Schreiber, beide in Lßlingen boi Stuttgart.
In V esterr ei ch-U n g arn für Ljerausgabe und Redaktion verantwortlich: Robcrt Ulohr in lvien I.
Vrrlsg von I. F. Schreiber in Münchrn und Ehlingrn.
 
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