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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 49.1902 (Nr. 588-600)

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https://doi.org/10.11588/diglit.16551#0099
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Zeitschrift für kfumor uud Aunst

9o

fZeim Z8ilde gebließen.

)l. (die photograxliie dcr Lraat seincs Freundes detrachtcnd): „tlter ßat Dir diefc jderle verfchafft?"

B. „Bitte, habe mir selbst gcfischt!"


„Liebes Fräulein Aäthchen, sehen Sie . . . ich bin ein Un
glückspilz . . . verzeihen Sie nur, ich nluß mit Ihnen reden
. . . . ach! glauben Sie mir . . . ich liebe Sie doch schon so langc,

ich wollte es Ihnen heute sagen.und nun haben Sic

Iahnschmerzen. Ls ist aber gleich, stets verpaßte ich die Ge-

legenheit.ivollen Sie „ja" sagen, trotz der Zahn-

schmerzen?"

„Ia! ja> ich will . . . ."

UUt diesen Ulorten blickte Aäthchen plötzlich schelmisch auf.

„Ach, ich habe ja gar keine Iahnschmerzen . . Sie haben
mich heute gar nicht beachtet, und deshalb war ich so traurig
. . . ach!" Uiehr durfte sie nicht sagen. U)as weiter geschah,
brauchen die anderen nicht zu wissen, das bleibt unter uns.

„Und wenn Dir die alte Frau Rätin wieder Brötchen zum
Tragen anbietet?"

„Uann werfe ich sie wieder in den Schmutz, verlaß' Dich
darauf."

Ietzt durste ich nichts weiter sagen . . .

Ls waren selige, unvergeßliche Stunden, die wir an diesem
Tage verleben dursten. Die Lltern erfuhren noch nichts. Trst
am übernächsten Tage wollte ich Bisite machen, so war es unter
uns verabredet worden.

Am Abend wurde der gemeinsame Nachhauseweg ange-
treten. Ich ließ es mir nicht nehmen, an Aäthchens Seite zu
gehen und ihrer Utama ein jdaketchen zu tragen, obgleich sie
es nicht gern wollte. Ich that es aber doch so gern.

„Nicht fallen lassen," bemerkte schelmisch Räthchen.

Da der U)eg zu weit war, wurde der Rest per Bahn zu-
rückgelegt. Es war schon ziemlich spät, und an der jderron-
sperre herrschte arges Gedrängc. Ich ließ Aäthchen und ihre
Mama zuerst gehen . . . plötzlich stand die Frau Rätin hinter
mir, sie und ihre Töchter hatten sich wahrscheinlich vernach-
lässigt gefühlt.

„Ach bitte, halten Sie cinen Augenblick dieses jdaketchcn,
ich kann mein Billet nicht finden, der Zug kommt schon!"

U)as wollte ich ihun? Ich mußtc als höflicher Utann auch
hier ihren U)unsch erfüllen.

Doch, wo war mein Billet? .... Ich suchto . . . suchte
in allen Taschcn .... nichts zu finden! . . bserr dcs Uimmels,
ich mußte es verloren haben!

Netto Bescherung! . . . Nur schnell an den Schalter zurück
und ein neues gelöst!

Als ich keuchend zurückkam, war es zu spät; der Zug setzte
sich schon in Bewegung, und ich stand da mit meinen beiden
jdaketen im Arm. Der nächste Iug ging eine Stunde späler.
Ich mußte also eine Stunde warten.

Todmüd kam ich zu Lsause an. Der Tag war wirklich an-
strengend gewesen. U)ie würde man mich gesucht haben! U)as

würde Aäthchen denken?.Mit diesen Gedanken schlief

ich ein.

Am andern Morgen war mein Lrstes, die pakete ihren
Ligentümern zurückzugcben. Mit der Frau Rätin machte ich
es kurz. Ich schickte es durch einen Packträger mit meiner
visitenkarte. Zu LLthchen mußte ich aber selbst. Der Antrag
konnte bei dieser Gelegenheit gut angebracht werden.

Gegen Mittag warf ich mich also in meinen Frackanzug,
der Lylinder wurde aufgesetzt, das Paketchen unter den Arm
genommen, und fort ging es, doch etwas klopsenden Lserzens.
Man würde mir gewiß zürnen.

Der Lmpfang war etwas frostig, und Aäthchen hatte ver-
wcinte Augen.

„Na, das ist schön, daß Sie unser paketchen endlich bringen,
ich war wirklich schon böse auf Sie!" sagte dic Uiania.

Jch erzählte nun den ganzen lsergang, von der Frau Rätin
crwähnte ich aber absichtlich nichts, um nicht wieder Grund
zur Lifersucht zu geben. Das Iusammentreffen war auch gar
zu dumml

„Sie armer Mensch! Da haben Sie gewiß Unannehmlich-
keiten gehabt; doch wir wollen das jdaketchen gleich öffnen,
es sind nämlich Rosen darin, sie wcrden hoffentlich nicht wclk
 
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