M e g g e n d o r f e r - B l ä t 1 e r, BIünchen
U2
Utünchhaulen im Luftball'on.
a, meine schöne Damen, so 'n bißchen zwischen Tod und Leben schwebt nnsereins
innner," ertönte es selbstbewnßt aus der Mitte eines reizenden Nlädchenblüten-
straußes, in welcher der schneidige Luftcinski, Leutnant bei der Luftschisfer-
abteilung, sozusagen 5tammgast war.
„Geistesgegenwart ist oinfach ständige Parole in den schwindelnd hohen Regionen, in denen
wir unsere Luftdienstübnngen abhalten. Ulären da neulich bei einem tfaar mitsamt unserem
Ballon in den Lsnmnel gefahren. — Ia, thatsächlich in den kfilninel, meine Damen, und wahr-
scheinlich säße ich jetzt schon bei den lieben Lngelein da oben, wenn nicht — äh — berechtigte
Unsprüche von — äh — Lngeln hier unten hätte berücksichtigen müssen."
Tin vielsagender Blick des Schwerenöters machte die zarte Zuhörerschaft erröten.
„Mir hatten nämlich neulich größere Lxpedition gexlant, Reise sollte ganze drei
dauern und überdies so 'ne Art probefahrt sein init tadellos neuem Ballon von wahren Riesen-
dimensionen. Rachdem alle Instrumente und jdroviant für drei Tage untergebracht sind,
steigen wir die Gondel, lsauptmann v. Molkenbrecher, ich und der Unteroffizier. ,Los!° kom-
mandiert der lsauptmann, und pfeilschnell schießen wir in die lhöhe. 2chon nach einer INinute
umfängt uns eisige Rälte, unter uns
erscheinen die lhäuser nur als Punkte, ^
nnd immer weiter geht es aufwärts,
unaufhaltsam, die Luft wird immer
dünner, kaum noch können wir atmen
und immer noch zeigt das Barometer
rapides Steigen an. Ietzt wird die
Situation kritisch. Rasch ergreife ich
die Ventilleine, alle Ivetter! hat sich
da was verfangen, ich kriege das Ding
nicht los; jetzt faßt auch mein lhaupt-
mann an und der Unteroffizier, und
wir alle drei ziehen ans Leiboskräften
an der Leine. Umsonstl Uas Oentil
gibt nicht nach. Inzwischen sind
wir weitere hundert Uteter gestiegen,
wenig fehlte, so waren wir mit den
kjaarspitzen im kveltenranm drin, da
zuckt mir, illdem ich zufällig anf unsern
sdroviant hinschaue, blitzartig eine
rettende Idee durchs lhirni Vffenbar war dic
Gondel nicht genügend belastet. kvie aber dem ab-
helfen? lvie sich schwerer inachen? lvie das
Aörpergewicht erhöhen? Im Nu gab mir die
Proviantkiste die rettende Antwort: Essenl schrei
ich, Essenl Lssen so viel, so schnell wie möglich
und stürze mich selber auf ein Fäßchen Aaviar,
während v. lvolkenbrecher, obwohl er den Sinn
meines vorhabens noch gar nicht erfaßt hat, eine große Trüffel-
leberwurst hinunterzuwürgen beginnt und der Unteroffizier, mit
beiden Fäusten nachstopfend, sich einen halben Lachs hincin-
schiebt.
Das war ein Schlingen, Aauen, lvürgcn zum Gott-
erbarmen! — Da! — Lserrlicher Erfolg! — Die Geschwindigkeit
niinmt zusehends ab, ganz sacht beginnt der Ballon zu stoppen,
um dann sanft und langsam zu sinken. Mit Todesverachtung
essen wir weiter, zwischen durch eine Flasche Sekt hinuntergestürzt,
schneller und schneller sinkt unser Ungetüm, wir atmen auf,
wir essen nicht mehr blindlings, sondern suchen mit Bedacht
die schwersten und daher die wirksamsten Sxeisen aus, noch
eine Minute und wir besinden uns in der erträglichen Region
von fünftausend Uieter über der Erde. kvir haben jetzt Zeit,
die verschlingung der ventilleine zu lösen, ein Ruck, rauschend
entströmt das Gas, wir sind gerettet. —
Als wir, nach dreitägiger Fahrt glücklich gelandet, uns
wiegen ließen, hatte jeder von uns acht Pfund zugenommen,
rvas kcin Ivunder war, denn ich allein hatte mir ganze zwei
Fäßchen Aaviar nebst zwei Flaschen Sekt einverleibt, während
sich v. kvolkenbrecher mit dem Unteroffizier in fünf Leberwürste,
zwei Lachse und eine Büchse lsummermayonnaise redlich geteilt
hatte. Und da reden die Leute von Schlemmerei, wenn unser-
eins Raviar und Sekt genießt! Reiner Selbsterhaltungstrieb,
meine Damenl Lsab' j^h recht?"
Wer gann dersier?
^L err Araul von Stadtorschesterchor
Treegt in der prow' ä Solo vor.
„bsalt!" brillt ensetzt der Dirigent,
„viel, viel ze schnell, Botzsappermentl
Sehn Se doch 's Dembo ahn, mei Liewer —
Andande nämlich steht Sie driewerl" —
„Ia, kserr Direkder, wie 's so geht;
wer gann fer de Geleefiggeet?!" Edwiii Bvrmniin.
U2
Utünchhaulen im Luftball'on.
a, meine schöne Damen, so 'n bißchen zwischen Tod und Leben schwebt nnsereins
innner," ertönte es selbstbewnßt aus der Mitte eines reizenden Nlädchenblüten-
straußes, in welcher der schneidige Luftcinski, Leutnant bei der Luftschisfer-
abteilung, sozusagen 5tammgast war.
„Geistesgegenwart ist oinfach ständige Parole in den schwindelnd hohen Regionen, in denen
wir unsere Luftdienstübnngen abhalten. Ulären da neulich bei einem tfaar mitsamt unserem
Ballon in den Lsnmnel gefahren. — Ia, thatsächlich in den kfilninel, meine Damen, und wahr-
scheinlich säße ich jetzt schon bei den lieben Lngelein da oben, wenn nicht — äh — berechtigte
Unsprüche von — äh — Lngeln hier unten hätte berücksichtigen müssen."
Tin vielsagender Blick des Schwerenöters machte die zarte Zuhörerschaft erröten.
„Mir hatten nämlich neulich größere Lxpedition gexlant, Reise sollte ganze drei
dauern und überdies so 'ne Art probefahrt sein init tadellos neuem Ballon von wahren Riesen-
dimensionen. Rachdem alle Instrumente und jdroviant für drei Tage untergebracht sind,
steigen wir die Gondel, lsauptmann v. Molkenbrecher, ich und der Unteroffizier. ,Los!° kom-
mandiert der lsauptmann, und pfeilschnell schießen wir in die lhöhe. 2chon nach einer INinute
umfängt uns eisige Rälte, unter uns
erscheinen die lhäuser nur als Punkte, ^
nnd immer weiter geht es aufwärts,
unaufhaltsam, die Luft wird immer
dünner, kaum noch können wir atmen
und immer noch zeigt das Barometer
rapides Steigen an. Ietzt wird die
Situation kritisch. Rasch ergreife ich
die Ventilleine, alle Ivetter! hat sich
da was verfangen, ich kriege das Ding
nicht los; jetzt faßt auch mein lhaupt-
mann an und der Unteroffizier, und
wir alle drei ziehen ans Leiboskräften
an der Leine. Umsonstl Uas Oentil
gibt nicht nach. Inzwischen sind
wir weitere hundert Uteter gestiegen,
wenig fehlte, so waren wir mit den
kjaarspitzen im kveltenranm drin, da
zuckt mir, illdem ich zufällig anf unsern
sdroviant hinschaue, blitzartig eine
rettende Idee durchs lhirni Vffenbar war dic
Gondel nicht genügend belastet. kvie aber dem ab-
helfen? lvie sich schwerer inachen? lvie das
Aörpergewicht erhöhen? Im Nu gab mir die
Proviantkiste die rettende Antwort: Essenl schrei
ich, Essenl Lssen so viel, so schnell wie möglich
und stürze mich selber auf ein Fäßchen Aaviar,
während v. lvolkenbrecher, obwohl er den Sinn
meines vorhabens noch gar nicht erfaßt hat, eine große Trüffel-
leberwurst hinunterzuwürgen beginnt und der Unteroffizier, mit
beiden Fäusten nachstopfend, sich einen halben Lachs hincin-
schiebt.
Das war ein Schlingen, Aauen, lvürgcn zum Gott-
erbarmen! — Da! — Lserrlicher Erfolg! — Die Geschwindigkeit
niinmt zusehends ab, ganz sacht beginnt der Ballon zu stoppen,
um dann sanft und langsam zu sinken. Mit Todesverachtung
essen wir weiter, zwischen durch eine Flasche Sekt hinuntergestürzt,
schneller und schneller sinkt unser Ungetüm, wir atmen auf,
wir essen nicht mehr blindlings, sondern suchen mit Bedacht
die schwersten und daher die wirksamsten Sxeisen aus, noch
eine Minute und wir besinden uns in der erträglichen Region
von fünftausend Uieter über der Erde. kvir haben jetzt Zeit,
die verschlingung der ventilleine zu lösen, ein Ruck, rauschend
entströmt das Gas, wir sind gerettet. —
Als wir, nach dreitägiger Fahrt glücklich gelandet, uns
wiegen ließen, hatte jeder von uns acht Pfund zugenommen,
rvas kcin Ivunder war, denn ich allein hatte mir ganze zwei
Fäßchen Aaviar nebst zwei Flaschen Sekt einverleibt, während
sich v. kvolkenbrecher mit dem Unteroffizier in fünf Leberwürste,
zwei Lachse und eine Büchse lsummermayonnaise redlich geteilt
hatte. Und da reden die Leute von Schlemmerei, wenn unser-
eins Raviar und Sekt genießt! Reiner Selbsterhaltungstrieb,
meine Damenl Lsab' j^h recht?"
Wer gann dersier?
^L err Araul von Stadtorschesterchor
Treegt in der prow' ä Solo vor.
„bsalt!" brillt ensetzt der Dirigent,
„viel, viel ze schnell, Botzsappermentl
Sehn Se doch 's Dembo ahn, mei Liewer —
Andande nämlich steht Sie driewerl" —
„Ia, kserr Direkder, wie 's so geht;
wer gann fer de Geleefiggeet?!" Edwiii Bvrmniin.