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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 50.1902 (Nr. 601-613)

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https://doi.org/10.11588/diglit.16552#0124
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s20

211 e g a e n d s r f r - B l ä t t e r, 211 ü » chen


2. Februar.

Aurt war eiufach uuübertrefflich. vou einer liebenswür-
digen Unoerschäintbeit ohnegleichen. tNama bombardierte ihn
mit Blicken, die eincn andern getöiet hätten; er lächclte nur
kühl und überlegen. tvenn ich nur begriffe, was Sie eigeutlich
wünschen, gnädigste Tante, sagte er iniiner wieder. 5ie selbst
haben Lilly zum Theater bestiniint, ich gehe darüber hinaus,
ich verschaffe ihr eine Stellung als Direktorin, das ist doch un-
gleich stanüesgeniäßer? Und jetzt regen Sie sich so anfl

Ie ruhiger er war, desto wütender wurde Maina. Schließ-
lich beschuldigte sie ihn, mich für inein Leben unglücklich ge-
niacht zu haben, und als er sich das verbat, verlor sie voll-
ständig den Aopf und warf mich ihin init dürren Morten an
den Ljals. Wenn er sein Vecbrechen nicht sühnen wolle, und
mir nicht innerhalb dreier Nonate nieinen guten Nanien wieder
verschaffen würde, so werde sie sofort init seinei» Gberst sprechen.

Ieder andere hätte nun die cZeleqenheit benützt, hätte ja ge-
sagt, wir wären wieder verlobt ge-
wesen und nach vier wochen wieder
getrennt, der alte Tanz. Aber
Kurt, frech wie Gskar, springt
auf, verbeugt sich und sagti „Das
rate ich Ihnen nicht, gnädigste
Tante, ich fürchte, inein Vberst
würde 5ie und nicht inich mit
schlichteni Abschied entlassen."

Ich habe am ganzen Leib ge-
zittcrt. wenn Maina in ihrerRecht-
haberci wirklich zum Vberst geht?

Das scheint aber Aurt zu wollen.

Ich vergehe vor Angst. Ich
sehe ein, daß cine Radikalkur nötig
ist, aber, aber, aber ....

Februar.

Liu Brief von Aurt, daß ich
mich ja nicht beunruhigen möge.

Er habe mit scinem Gberst bereits
gesprochen. lNama ist äußerst ge-
reizt. Ich höre wie Papa zu ihr
sagt, sie solle tun, was sie wolle.
lveil man ihr das eigens sagen
mußl Ietzt eben bestellt sie dcn
lvagen. Die lvürfel sind also ge-
fallen! G Gott, o Gottl — —

lNama kommt eben zurück.

Zuerst sagte sie triumphierend zu
Papa, sie habe recht bekoinmen,
sie sei sehr liebenswürdig empfangen
worden, der Dberst sei ebcnsalls
der lNeinung gewesen, daß ich kom-
promittiert sei und geheiratet wer-
den niüsse. Und er habe ihr ver-
sprochen, sofort mit Aurt ein sehr
ernstes lVort zu reden. lNama ist
ganz befriedigt. Rachel Tino halbe
Siunde später. Tin Diener hat
vom Gbersten einen Brief gebracht,
der meiner lNama mitteilt, daß
Aurt rcuevoll um verzeihung ge-
beten habe und ihr persönlich jede
Genugtuung anbiete.

Lr, der Gberst, werde, um

allen INöglichkeiten vorzubeugen, schon heute mittag dem Vfsi-
zierskorps die verlobung offiziell bekannl geben. Damit sei
ein Rücktritt von der verlobung gänzlich ausgeschlossen und
wir beide so gut wie verehelicht. Großartigl Gh wie ich
mich freuel

lvarum meine lNama jetzt auf einmal so still geworden
ist, gar nicht mehr triumphiert und dem Stubenmadel wegen
einer Aleinigkeit fast den Aopf abrcißt?

IVarum sie von unserer baldigen Abreise spricht, weil wir
jetzt doxpelt sparen inüßten?

Lieber lfimmel, ich danko Dir, daß ich nun znm erstenmal
in meincni Leben ohne Schrecken lesen kann, daß der weizen
schon wiedcr um ein paar Pfennige gesnnken ist.

Aber das eine ist mir über jeden Zweifel erhaben, daß
INama nie wieder zum Vberst ginge, wenn sie es nicht schon
getan hätte und daß sie in ihrem ganzen Leben keinen Schritt
gemacht hat, den sie so tiefschmerzlich bereut.

--

Dackels Leid und Ärend.

verantwortlicher Redakteur: lNax Schreiber. Druck von I. F. Schreiber, beide in Lßlingen bei Stuttgart.
In Gcsterreich-Ungarn sür ljerausgabe und Redaktion verantwortlich: Robert Mohr in lVien I.
Vrrlag von I. F. Schrribrr in München und Etzlingrn.
 
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