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Neggenöorfer-Blätter, Nünchen
„Denken Sie sich, jetzt hat der Baron Schuldcnski das vorzimmer, in welchem seine stets vergeblich inahnenden Gläubiger
warten müssen, init imitierten Tausendmarkscheinen tapezieren lassen."
Der eiMge Areunö.
Lm Märchen von Fritz Lunzer.
s war einmal ein Dichter. — Ein junger, begabter Dichter.
Der hatte ein Riesen-Pech. Er schrieb Roman um
Roman, Theaterstück um Theaterstück und fand keinen
verleger, der ihn gedruckt hätte, und keinen Direktor, der ihn
ausführen ließ.
Da wurde der junge Dichter traurig, und man konnte ihn
oft vor sich hinseufzen höreni „Ach Gott, wenn ich nur einen
Freund hätte, einen einzigen, einflußreichen Freund; dann wäre
mir bestimmt geholfen." — —
Da ereignete es sich einmal, daß der Direktor des Residenz-
Theaters infolge eines schmerzhaften, hohlen Zahnes einige
schlaflose Nächte verbrachte und sich einige eingereichte Stücke
unbekannter Autoren nach kjause nahm. Lr wollte dieselben
nachts lesen und hoffte, bei dieser Beschäftigung den ersehnten
Schlaf zu finden. — Ader es kam anders, als es der brave
Direktor gedacht hatte.
Das erste Stück, das er las, war ein Drama unseres jungen
Dichters, und dieses gefiel dem Direktor so gut, daß er sowohl
aufs Schlafen, als auch auf den schmerzenden Zahn vergaß
und die ganze Nacht mit der Lektüre des Dramas zubrachte. —
Am nächsten Morgen ließ er den Dichter in die Theater-
Aanzlei kommen und teilte ihm mit, daß sein Drama angenom-
men sei.—
Das Drama wurde aufgeführt und errang einen Beifall,
wie man ihn selten am Residenz-Theater erlebt hatte. —
Ls war der Schlager der Saison. — Unser junger Dichter
galt nun als tonangebende persönlichkeit. — Aunstfreunde,
Aünstler nnd Rünstlerinnen, Uebermenschen, Literaten und
Iournalisten drängten sich in großer Menge an ihn heran und
verficherten ihn ihrer Liebe und Freundschaft. —
Da wurde der Dichter stolz und übermütig, und er jauchzte
! oft himmelhoch auf und rief: „lVo ist wohl ein zweiter, der
Neggenöorfer-Blätter, Nünchen
„Denken Sie sich, jetzt hat der Baron Schuldcnski das vorzimmer, in welchem seine stets vergeblich inahnenden Gläubiger
warten müssen, init imitierten Tausendmarkscheinen tapezieren lassen."
Der eiMge Areunö.
Lm Märchen von Fritz Lunzer.
s war einmal ein Dichter. — Ein junger, begabter Dichter.
Der hatte ein Riesen-Pech. Er schrieb Roman um
Roman, Theaterstück um Theaterstück und fand keinen
verleger, der ihn gedruckt hätte, und keinen Direktor, der ihn
ausführen ließ.
Da wurde der junge Dichter traurig, und man konnte ihn
oft vor sich hinseufzen höreni „Ach Gott, wenn ich nur einen
Freund hätte, einen einzigen, einflußreichen Freund; dann wäre
mir bestimmt geholfen." — —
Da ereignete es sich einmal, daß der Direktor des Residenz-
Theaters infolge eines schmerzhaften, hohlen Zahnes einige
schlaflose Nächte verbrachte und sich einige eingereichte Stücke
unbekannter Autoren nach kjause nahm. Lr wollte dieselben
nachts lesen und hoffte, bei dieser Beschäftigung den ersehnten
Schlaf zu finden. — Ader es kam anders, als es der brave
Direktor gedacht hatte.
Das erste Stück, das er las, war ein Drama unseres jungen
Dichters, und dieses gefiel dem Direktor so gut, daß er sowohl
aufs Schlafen, als auch auf den schmerzenden Zahn vergaß
und die ganze Nacht mit der Lektüre des Dramas zubrachte. —
Am nächsten Morgen ließ er den Dichter in die Theater-
Aanzlei kommen und teilte ihm mit, daß sein Drama angenom-
men sei.—
Das Drama wurde aufgeführt und errang einen Beifall,
wie man ihn selten am Residenz-Theater erlebt hatte. —
Ls war der Schlager der Saison. — Unser junger Dichter
galt nun als tonangebende persönlichkeit. — Aunstfreunde,
Aünstler nnd Rünstlerinnen, Uebermenschen, Literaten und
Iournalisten drängten sich in großer Menge an ihn heran und
verficherten ihn ihrer Liebe und Freundschaft. —
Da wurde der Dichter stolz und übermütig, und er jauchzte
! oft himmelhoch auf und rief: „lVo ist wohl ein zweiter, der