Zeitschrift für Hunior und Aunft
23
Frau zündete die zweite Aerze an, sagte, ich komm' gleich und
ging anf den Gang hinaus. So war ich einen Moment allein,
und sehen Sie, das ward mein verhängnisl In meinem Ueber-
mut gedachte ich nämlich einen kleinen Sxaß zu machen. Ich
schrieb auf einen Zettel die tvorte: Liebe Ulizzil Ich bin
durchgebranntl legte ihn auf den Tisch und verkroch mich,
über meinen lustigen Linfall kichernd, unters Bett. Kurz dar-
auf tritt uieine Frau ins Zimmer. Ich beobachtete ihr Gesicht-
chen, als sie den Zettel las; das arme Uind wurde totenbleich,
und mir tat's sogleich leid, ihr einen solchen Schreck verursacht
zu habeu. U?er HLtte auch gedacht, daß ste meine lVorte so
tragisch auffassen werdel Ich wollte sie daher auf den Gedan-
ken bringen, daß ich denn doch nicht so treulos durchgebrannt,
und — fing unterm Bette zu schnarchen an. — —
Nun kommt aber das Schönstel Das furchtsame Ding hört
kaum mein Geschnarche, so stößt es auch schon einen entsetz-
lichen Schrei aus, packt das Licht, stürzt damit zur Türe hinaus,
draußen in den höchsten Tönen rufend: „Zu thilfel Zu kfilfel
Diebe, Räuber, Mörderü"
Für den Dloment war ich über diese unerwartete Auf-
fassung meines Scherzes selbst derart erschreckt, daß ich erst
unter dem Bette hervorkrabbelte, als es am Aorridor lebendig
wurde. Nleine Frau schrie draußen immerzu, uud einige Aellner
und Stubenmädchen waren schon herbeigeeilt. Ich reiße die
Türe auf, werde von einer kräftigen tfand sofort beim Schla-
fittchen gepackt und — wuppdich! fiiege ich die Trepxe hinab,
daß mir die Rnochen im Leibe krachen und mein schöner, neuer
Ueberzieher in den Nähten auseinanderxlatzt. Unten empfängt
mich schon ein lfausknecht, der mich bei der Gurgel xackt und
meincr Garderobe während des nun folgenden kurzen, aber
wütenden Lsandgemenges, den letzten Rest gibt. Als mich ein
inzwischen herbeigeholter Schutzmann beim Arm packt, sah ich
dem Aeußern nach zu urteilen, wie ein Strolch aus: die lfaare
und den Bart wirr durcheinander, aus der dick angeschwolle-
nen Nase tröpfelte Blut, der ksemdkragen zerknittert, als ob ich
acht Tage damit geschlafen hätte, der Ueberzieher zerfetzt und
beschmutzt — ich hätte so, wie ich ging und
stand, unbedingt den ersten jdreis am Lumpcn-
ball erhalten. —
„Nlachen Sie keine Flausen, Nlann!" rief
der Polizist auf meine Tinwendungen. „5ie
kominen mit; das weitere wird sich schon fin-
den!" — Mt einem verzweifiungsvollen Blicke
nach oben verlasse ich das unglückselige tsotel
und nach viertelstündiger lVanderung ftand ich
vor dem gestrengen Polizeikommissär. „Lin
lfotel-Linschleicher?! Bringen Sie ihn gleich
auf Nummero Sicher; das Derhör hat Zcit bis
morgen früh!"
„Aber, lserr Aommissär, ich bin ja ein harm-
loser —"
„Ruhig! Das kenneu wir schon; die Sorte
ist iinmer harmlos!"
„lferr Aommissär —"
Doch da packte mich auch schon der Schutz-
mann beim Aragen und schob mich in einen
engen, finstern Raum, wo ich auf einer harten
Bank den Rest der Nacht in unsagbarer Mut
verbrachte.
An der lsand meiner Dokumente, dio ich
glücklicherweiso bei mir trug, vermochte ich am
nächsten Nlorgcn leicht meine Identität zu er-
weisen, aber was half mir das! Als ich atem-
los im lsotel nach meiner Lrau fragte, hieß es,
dieselbe sei heute mit dem ersten Frühzuge wieder abgereistl
Ich selbst fuhr mit dem nächsten Zuge hieher zurück," schloß
Aunkelmann betrübten Gesichtes seine Lrzählung, „und da
sitze ich nunl"
„Und Ihre Frau?"
„Die glaubt ja, daß ich ihr durchgebrannt bin l"
„Nun, so klären Sie sie doch auf!"
„Ia, wenn das so leicht ginge; aber sie wird meinen
lvorten ja doch nicht Glauben schenken! Und außerdem, wissen
Sie, eine Frau, die so gar keinen Spaß versteht . . . ."
„Na, hören Sie, da kann doch die Arme nichts dafür,
daß sie Ihren allerdings etwas allzu übermütigen Scherz miß-
verstand!"
„Sie glauben also — ?"
„Na, natürlich!" — — — — — — — — —
Linige lvochen sxäter kehrte lserr Aunkelmann mit seinem
hübschen lveibchen, das er sich glücklich wieder erobert hatte,
von seiner zweiten, mit mehr Ernst unternommenen lsochzeits-
reise zurück und nun lebt das jdärchen schon seit Iahren in
friedlicher Lintracht mitsamen. Nur manchmal, wcnn lscrr
Aunkelmann einmal recht spät vom lvirtshaus heimkommt, sagt
er am nächsten Nlorgen: „Ich hab' ein Frauchen, das keinen
Spaß versteht!"
Ällein.
M llein sein heißt nicht: in der Linsamkeit
Des eignen lserzens Töne still belauschen.
lvenn Du bei Becherklang und Stimmenrauschen
Nlußt lächelnd leere, glatte lvorte tauschen —
Und Deine kranke Seele schluchzt in Pein,
Die keiner ahnt, — ja, dann bist Du alleinl
_ I. Beiiliinger.
Ärste Nrage.
Braut: „Sag, Btto, beneidet man mich um Dich?"
Äirr reitender Nußßalt-Matsch.
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Frau zündete die zweite Aerze an, sagte, ich komm' gleich und
ging anf den Gang hinaus. So war ich einen Moment allein,
und sehen Sie, das ward mein verhängnisl In meinem Ueber-
mut gedachte ich nämlich einen kleinen Sxaß zu machen. Ich
schrieb auf einen Zettel die tvorte: Liebe Ulizzil Ich bin
durchgebranntl legte ihn auf den Tisch und verkroch mich,
über meinen lustigen Linfall kichernd, unters Bett. Kurz dar-
auf tritt uieine Frau ins Zimmer. Ich beobachtete ihr Gesicht-
chen, als sie den Zettel las; das arme Uind wurde totenbleich,
und mir tat's sogleich leid, ihr einen solchen Schreck verursacht
zu habeu. U?er HLtte auch gedacht, daß ste meine lVorte so
tragisch auffassen werdel Ich wollte sie daher auf den Gedan-
ken bringen, daß ich denn doch nicht so treulos durchgebrannt,
und — fing unterm Bette zu schnarchen an. — —
Nun kommt aber das Schönstel Das furchtsame Ding hört
kaum mein Geschnarche, so stößt es auch schon einen entsetz-
lichen Schrei aus, packt das Licht, stürzt damit zur Türe hinaus,
draußen in den höchsten Tönen rufend: „Zu thilfel Zu kfilfel
Diebe, Räuber, Mörderü"
Für den Dloment war ich über diese unerwartete Auf-
fassung meines Scherzes selbst derart erschreckt, daß ich erst
unter dem Bette hervorkrabbelte, als es am Aorridor lebendig
wurde. Nleine Frau schrie draußen immerzu, uud einige Aellner
und Stubenmädchen waren schon herbeigeeilt. Ich reiße die
Türe auf, werde von einer kräftigen tfand sofort beim Schla-
fittchen gepackt und — wuppdich! fiiege ich die Trepxe hinab,
daß mir die Rnochen im Leibe krachen und mein schöner, neuer
Ueberzieher in den Nähten auseinanderxlatzt. Unten empfängt
mich schon ein lfausknecht, der mich bei der Gurgel xackt und
meincr Garderobe während des nun folgenden kurzen, aber
wütenden Lsandgemenges, den letzten Rest gibt. Als mich ein
inzwischen herbeigeholter Schutzmann beim Arm packt, sah ich
dem Aeußern nach zu urteilen, wie ein Strolch aus: die lfaare
und den Bart wirr durcheinander, aus der dick angeschwolle-
nen Nase tröpfelte Blut, der ksemdkragen zerknittert, als ob ich
acht Tage damit geschlafen hätte, der Ueberzieher zerfetzt und
beschmutzt — ich hätte so, wie ich ging und
stand, unbedingt den ersten jdreis am Lumpcn-
ball erhalten. —
„Nlachen Sie keine Flausen, Nlann!" rief
der Polizist auf meine Tinwendungen. „5ie
kominen mit; das weitere wird sich schon fin-
den!" — Mt einem verzweifiungsvollen Blicke
nach oben verlasse ich das unglückselige tsotel
und nach viertelstündiger lVanderung ftand ich
vor dem gestrengen Polizeikommissär. „Lin
lfotel-Linschleicher?! Bringen Sie ihn gleich
auf Nummero Sicher; das Derhör hat Zcit bis
morgen früh!"
„Aber, lserr Aommissär, ich bin ja ein harm-
loser —"
„Ruhig! Das kenneu wir schon; die Sorte
ist iinmer harmlos!"
„lferr Aommissär —"
Doch da packte mich auch schon der Schutz-
mann beim Aragen und schob mich in einen
engen, finstern Raum, wo ich auf einer harten
Bank den Rest der Nacht in unsagbarer Mut
verbrachte.
An der lsand meiner Dokumente, dio ich
glücklicherweiso bei mir trug, vermochte ich am
nächsten Nlorgcn leicht meine Identität zu er-
weisen, aber was half mir das! Als ich atem-
los im lsotel nach meiner Lrau fragte, hieß es,
dieselbe sei heute mit dem ersten Frühzuge wieder abgereistl
Ich selbst fuhr mit dem nächsten Zuge hieher zurück," schloß
Aunkelmann betrübten Gesichtes seine Lrzählung, „und da
sitze ich nunl"
„Und Ihre Frau?"
„Die glaubt ja, daß ich ihr durchgebrannt bin l"
„Nun, so klären Sie sie doch auf!"
„Ia, wenn das so leicht ginge; aber sie wird meinen
lvorten ja doch nicht Glauben schenken! Und außerdem, wissen
Sie, eine Frau, die so gar keinen Spaß versteht . . . ."
„Na, hören Sie, da kann doch die Arme nichts dafür,
daß sie Ihren allerdings etwas allzu übermütigen Scherz miß-
verstand!"
„Sie glauben also — ?"
„Na, natürlich!" — — — — — — — — —
Linige lvochen sxäter kehrte lserr Aunkelmann mit seinem
hübschen lveibchen, das er sich glücklich wieder erobert hatte,
von seiner zweiten, mit mehr Ernst unternommenen lsochzeits-
reise zurück und nun lebt das jdärchen schon seit Iahren in
friedlicher Lintracht mitsamen. Nur manchmal, wcnn lscrr
Aunkelmann einmal recht spät vom lvirtshaus heimkommt, sagt
er am nächsten Nlorgen: „Ich hab' ein Frauchen, das keinen
Spaß versteht!"
Ällein.
M llein sein heißt nicht: in der Linsamkeit
Des eignen lserzens Töne still belauschen.
lvenn Du bei Becherklang und Stimmenrauschen
Nlußt lächelnd leere, glatte lvorte tauschen —
Und Deine kranke Seele schluchzt in Pein,
Die keiner ahnt, — ja, dann bist Du alleinl
_ I. Beiiliinger.
Ärste Nrage.
Braut: „Sag, Btto, beneidet man mich um Dich?"
Äirr reitender Nußßalt-Matsch.