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Meggendorfer - BIätter, München
„Seien Sio ohne Sorgen, meine therrschaften," redete ich
die Lcute an, „es ist durchaus keine nnmittelbare Gefahr vor-
handen. lfinter uns her kommt kein Zug; es heißt eben ledig-
lich warten, bis der tttittagszug aus vordcrlinden hier vorüber-
kommt, mit diesem kann dann, wer Lust hat, wieder nach tsinter-
pappcl zurück, während die übrigen tferrschaften wartcn müssen,
bis von dort ein tfilfszug hier eintrifft. Gohen 5ie daher
ruhig wieder in ihre Mägen zurück, denn bis der Mittagszug
hier ist, vergehen gute drei 5tunden."
Die Passagiere taten, wie ich ihnen geraten hatte, und auch
ich zog inich wieder in meine ttlause zurück. Aber die glühende
5onncnhitze, die vorhin durch den Gegenwind etwas gemildert
worden war, wurde jetzt, wo der Zug still stand, direkt un-
erträglich. Die Sonnenstrahlen brannten auf die tvagendächer,
daß man hätto meinen können, sie müßten jeden Augenblick
bersten. In den Bleikammern venedigs kann die Temperatur
nicht höllischer gewesen sein. viele paffagiere verließen den
Zug, aber draußen war es noch ärger; denn wenn auch in den
lVägen eine dumpfe Schwüle herrschte, so war man doch der
sengenden Glut nicht direkt ausgesetzt. So verging etwa eine
Stunde. Mir klebte förmlich die Zunge am Gaumen, und der
Atem ging mir schon rasselnd vor lauter Trockenheit der Aehle.
Da vernahm ich plötzlich ein Gemurmel vor der Türe mcines
Abteils und ich sah, wie sich eine Menge Leute vor demselben
angesammelt hatte und mit heftigen Gestikulationen zu mir
heraufwinkte. Ich hatte geahnt, daß es so kommen würde.
Ich machte einige Anstrengungen zu reden, aber es gelang mir
nicht und so mußte ich mich auf einige abweisende Ljandbewe-
gungen beschränken. Murrend zogcn sich die Passagiere wieder
zurück. So verging eine weitere Stunde. Die bsitze wurde immer
drückender, die Situation immer beängstigender, der Durst immer
qualvoller und der tviderstand immer passiver. Schon ffng ich
an, leise zu dclirieren, da regte sich der Lärm draußen von neuem.
tvilde Rufe durchschwirrten die Luft, und man drohte mir, Ge-
walt anzuwenden, wcnn ich nicht gutwillig nachgäbe. Ich nahm
alle meine inoralische und physische Lnergie zusammen, trat ans
Fenster und sagtei „Neinl"
Ach, mir ist noch niemals eine Pflicht so schwer geworden,
als wie diese. Doch die tobende Menge schien nur anf meine
weigerung gewartet zu habon, denn jetzt riß sie die Loupetüre
auf und zerrte mich aus meinem Abtcil. Dann packten mich
wohl süufzig bsände und schleiften inich eine Strecke weit. wider-
stand wäre nutzlos gewesen. Durch den aufgewirbelten Staub
sah ich die gezogenen Messer blitzen, ja einer der Passagiere
trug sogar ein sunkelndes Beil.
„Sio weigern sich also nochmals?" rief der Thorus.
„Ia," ächzte ich, „im Namen des Dienstes und der jdflicht."
„Sie müssen es tun, die Not erfordert esl"
„Nein, nimmermehr l"
Da blitzte das Beil in der Luft; in hohem Bogen flog es
über den Aoxf seines Trägers, dann sauste es hernieder auf —
die Türe des Bierwagens. Die Nesser halfen nach, und bald
war der weg frei. Ach, was für eine herrliche Aühle drang
aus den Lis mitführenden wagenl Im Nu war die ganze
Gesellschaft darin, im Nn war ein thektoliterfaß angezapft und
dann floß das schäumende Naß in Strömen. Nnd ich — ich
mußte zuschauen — eine volle Stunde lang. Das war der
schrecklichste Tag meines Lebens l"
(Kul ausgedrückt.
— „Die Nilly hat fast alle acht Tage einen anderen Liebhaberl"
— „Ia, die treibt den reinsten Licbhabersportl"
(Krüß' nilch nicht!
ch8svrüß' mich nicht mit faden, öden,
-r Formvoll tiefem kfütesenken —
Grüß mich mit dem Gruß der Liebe,
Ienem leisen „dran Gedenken," —
Das in Blicken heiß und innig,
Glühe in den meinen wieder,
Und ich werde Dich verstehen
Mehr als beugst Du tief Dich nieder. —
Fremd sind wir uns vor den INenschen,
Der tferr „T" und Fräulein „U",
U?as braucht es die tvelt zu wissen —
Daß wir heimlich Du und Du! — — —
Mimmi giiith.
Die juuge Hausfrau.
— „Du hast ja Deiner jnngen Frau ein Lexikon der Aoch-
kiinst angeschafft, wie kocht sie denn jetzt?"
— „Sie kann halt iinmer noch von A-Z nichts!"
Dcplacierte Redensart.
— „Me viele werden sich wohl noch vergeblich mit der Lnt-
deckung des Nordpols abmühen."
— „Ja, der Nordpol macht den Forschern ordentlich warm."
--»»-
Amüglich.
Derantwortlicher Redakteur: Max Schreiber. Druck von I. F. Schreiber, beide in Lßlingen bei Stuttgart.
In Vefterreich-Ungarn für tferausgabe und Redaktion verantwortlich: Robert Mohr in U)ien I.
Verlag von I. F. Schreiber in Wünchen und Ehlingen.
Meggendorfer - BIätter, München
„Seien Sio ohne Sorgen, meine therrschaften," redete ich
die Lcute an, „es ist durchaus keine nnmittelbare Gefahr vor-
handen. lfinter uns her kommt kein Zug; es heißt eben ledig-
lich warten, bis der tttittagszug aus vordcrlinden hier vorüber-
kommt, mit diesem kann dann, wer Lust hat, wieder nach tsinter-
pappcl zurück, während die übrigen tferrschaften wartcn müssen,
bis von dort ein tfilfszug hier eintrifft. Gohen 5ie daher
ruhig wieder in ihre Mägen zurück, denn bis der Mittagszug
hier ist, vergehen gute drei 5tunden."
Die Passagiere taten, wie ich ihnen geraten hatte, und auch
ich zog inich wieder in meine ttlause zurück. Aber die glühende
5onncnhitze, die vorhin durch den Gegenwind etwas gemildert
worden war, wurde jetzt, wo der Zug still stand, direkt un-
erträglich. Die Sonnenstrahlen brannten auf die tvagendächer,
daß man hätto meinen können, sie müßten jeden Augenblick
bersten. In den Bleikammern venedigs kann die Temperatur
nicht höllischer gewesen sein. viele paffagiere verließen den
Zug, aber draußen war es noch ärger; denn wenn auch in den
lVägen eine dumpfe Schwüle herrschte, so war man doch der
sengenden Glut nicht direkt ausgesetzt. So verging etwa eine
Stunde. Mir klebte förmlich die Zunge am Gaumen, und der
Atem ging mir schon rasselnd vor lauter Trockenheit der Aehle.
Da vernahm ich plötzlich ein Gemurmel vor der Türe mcines
Abteils und ich sah, wie sich eine Menge Leute vor demselben
angesammelt hatte und mit heftigen Gestikulationen zu mir
heraufwinkte. Ich hatte geahnt, daß es so kommen würde.
Ich machte einige Anstrengungen zu reden, aber es gelang mir
nicht und so mußte ich mich auf einige abweisende Ljandbewe-
gungen beschränken. Murrend zogcn sich die Passagiere wieder
zurück. So verging eine weitere Stunde. Die bsitze wurde immer
drückender, die Situation immer beängstigender, der Durst immer
qualvoller und der tviderstand immer passiver. Schon ffng ich
an, leise zu dclirieren, da regte sich der Lärm draußen von neuem.
tvilde Rufe durchschwirrten die Luft, und man drohte mir, Ge-
walt anzuwenden, wcnn ich nicht gutwillig nachgäbe. Ich nahm
alle meine inoralische und physische Lnergie zusammen, trat ans
Fenster und sagtei „Neinl"
Ach, mir ist noch niemals eine Pflicht so schwer geworden,
als wie diese. Doch die tobende Menge schien nur anf meine
weigerung gewartet zu habon, denn jetzt riß sie die Loupetüre
auf und zerrte mich aus meinem Abtcil. Dann packten mich
wohl süufzig bsände und schleiften inich eine Strecke weit. wider-
stand wäre nutzlos gewesen. Durch den aufgewirbelten Staub
sah ich die gezogenen Messer blitzen, ja einer der Passagiere
trug sogar ein sunkelndes Beil.
„Sio weigern sich also nochmals?" rief der Thorus.
„Ia," ächzte ich, „im Namen des Dienstes und der jdflicht."
„Sie müssen es tun, die Not erfordert esl"
„Nein, nimmermehr l"
Da blitzte das Beil in der Luft; in hohem Bogen flog es
über den Aoxf seines Trägers, dann sauste es hernieder auf —
die Türe des Bierwagens. Die Nesser halfen nach, und bald
war der weg frei. Ach, was für eine herrliche Aühle drang
aus den Lis mitführenden wagenl Im Nu war die ganze
Gesellschaft darin, im Nn war ein thektoliterfaß angezapft und
dann floß das schäumende Naß in Strömen. Nnd ich — ich
mußte zuschauen — eine volle Stunde lang. Das war der
schrecklichste Tag meines Lebens l"
(Kul ausgedrückt.
— „Die Nilly hat fast alle acht Tage einen anderen Liebhaberl"
— „Ia, die treibt den reinsten Licbhabersportl"
(Krüß' nilch nicht!
ch8svrüß' mich nicht mit faden, öden,
-r Formvoll tiefem kfütesenken —
Grüß mich mit dem Gruß der Liebe,
Ienem leisen „dran Gedenken," —
Das in Blicken heiß und innig,
Glühe in den meinen wieder,
Und ich werde Dich verstehen
Mehr als beugst Du tief Dich nieder. —
Fremd sind wir uns vor den INenschen,
Der tferr „T" und Fräulein „U",
U?as braucht es die tvelt zu wissen —
Daß wir heimlich Du und Du! — — —
Mimmi giiith.
Die juuge Hausfrau.
— „Du hast ja Deiner jnngen Frau ein Lexikon der Aoch-
kiinst angeschafft, wie kocht sie denn jetzt?"
— „Sie kann halt iinmer noch von A-Z nichts!"
Dcplacierte Redensart.
— „Me viele werden sich wohl noch vergeblich mit der Lnt-
deckung des Nordpols abmühen."
— „Ja, der Nordpol macht den Forschern ordentlich warm."
--»»-
Amüglich.
Derantwortlicher Redakteur: Max Schreiber. Druck von I. F. Schreiber, beide in Lßlingen bei Stuttgart.
In Vefterreich-Ungarn für tferausgabe und Redaktion verantwortlich: Robert Mohr in U)ien I.
Verlag von I. F. Schreiber in Wünchen und Ehlingen.