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Lothar Meggendorfers humoristische Blätter — 12.1893 (Nr. 105-117)

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https://doi.org/10.11588/diglit.20271#0008
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L. BI e g g e n d o r f e r s l) u mo ri st i s ch e Blätter.


„A)ie der Zritz und der Sranz die Anterröcke ihrer titmtter als HaUschirm benützen."


Iochen Saröenöergs Aeöerraschnng
oöer des Ueffen Segen.

(Lrstcr preis,)

Line tülle Nlirtschaft III dcm alten Raufhause am Markte,
das mit seineii spitzen, reich verschiiörkeltcn Lrkern uiid init
seiiicm vierschössigen Ziegeldache, in dessen Lukon die alten
Mindeichacken träumend schaukelten, wie ein vergessenes Lrbstiick
aus verslossenen Iahichunderten aiisschaute. In seinein Lrdge-
schosse, das fricher die Uontore und weiten Wareichallen der

Firma thardenberg und
tsaberfeld enthalten hatte,
waren die Läden dicht ver-
schlossen. 0or der Thiire
ivucherte das Uraut üppig
aus den Fugen holprigen
pflasters heraus und wenn
nicht gerade Ferien maren,
wie jctzt zum Beispiel, sah
man selten einen Menschen
ein- und ausgehen. Grabes-
ruhe herrschte in dem Lrd-
geschoß wie in den wciten
Böden, nur die beiden da-
zwischenliegendeiiStockwerke
waren bewohnt. In dem
ersten hauste lherr Lmanuel
lhardenbcrg, ein nnbeweibter
Sonderling, als therr und
Gebieter bis in den tiefsten
Aeller hinunter; in dem
zweiten Fräulein Ludmilla
lhaberfeld, eine ehrsame
Iungfer von bald vierzig
Lenzen, als iinbeschränkte
therrscherin bisindenobersten
Dachwinkel hinauf. Das
Tcstament ihrer vorfahren
hatte dieso sonderbare Tei-
liing des Bositzes ange-
ordnet, gliicklicherrveise mit
der Rlausel, daß dom Besitzer
des oberen tsauscs die unbe-
grenzte Bcnutzung der Trep-
pen und Thüren, welche
durch das Unterhaus hinab
auf die Straße führten, zu-
stehen solle; sonst hatto Fräu-
lein Ludmilla nur per Luft-
ballon mit der iibrigen Ulelt
verkehren köiinen, denn wie
tserr tsardenberg mit keinem
Schritte in das Dberhans
cindrang, würde er auch nie
gelitten haben, daß sie sein
Gehego durchschritte. Aurz-
um, trotzdem die alten Basen
in der Stadt verstohlen
munkelten, die beiden seien
früher von ihren Lltern
dazu bestimmt gewescn, des
Lebens Lust und Leid in
frommer Ehegemcinschaft zn tragen, und trotzdem sie ihnen zu
diesem Zwccke ein beträchtliches vermögen hinterlassen hatten,
gab es in der ganzen Stadt nicht zwei Personen mehr, die
einander geslissentlicher mieden, als Fräulein Ludmilla lhaberfeld
und kserr Lmanuel Lsardenbcrg. Und diese Spinnenscheu vor-
einander hatte sich auch den Dienstboten beider angepaßt.
Mie dcr therr, so der Dicnerl Trine UUiller, das Faktotnm
der Gebieterin im Vborhause, hatte wcder Ustort noch Blick für
Fritze Schivart, dcn alten Leib- und Ulagenpfleger dcs Behcrrschers
der. unteren Region, und dieser zahlte jener init doppelter Ukünze
 
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