Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Lothar Meggendorfers humoristische Blätter — 12.1893 (Nr. 105-117)

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.20271#0009
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
§. Meggendorfers !)nmoristische Blätter.

5


znrück; sie existierte sür ihn einfach nicht. Line einzige Aus-
nahme machten die bcidon jnngen INitbowohncr des bjauses;
notabene, so oft sie INitbewohner desselbcn warcn, was in der
Regel, von der cinen Scitc wenigstens, nnr znr Ieit dcr Ferien,
wie jetzt etwa, stattsand. Dicso beiden INitbewohner waren Iochon
bjardenberg, bjerrn Lmanuels Neffe, augenblicklich Stndiosns juris,
nnd Susanne von der Berge, Fräulein Lndmillas Nichtc, cin
wonniger Backfisch von sicbzefin Lenzon, dic scit cinigen wochen
ans der Residenz znr Tanto znrückgekehrt war, nm gänzlich bei
ihr zu bleiben, wie sie sagte. Bcide fiatten ihre Llteru früff
vcrloren; sie warcn ncbcneinandcr aufgewachsen in dcm altcn
patrizierhanse und scherten sich dcn Rnkuk nm die Spinuenscheu
zwischen Vbcrhans nnd Unteichaus. Freilich, bei einandcr seken
lassen dursten sic sich weder in den lvohnräumen des bjerrn
Lmannel, noch in dcnon von Fräulcin Ludmilla; dafür hatten
sie aber, so lange sie Aindcr warcn, die weiten Böden oben
und dic lauschig dnnklcn bjallcn unten zu unbeschränkten Tummel-
plätzen gehabt und manche tägliche Stunde lsier dnrchjubelt,
bis Suschen nach der Residenz in dio pcnsion gebracht
mnrde nnd Iochen die Univorsität bczog. Seitdcm waren
dicsc Tummclplätzc allcrdings vcrödet. Ulan sah sich ja
auch nur zu den Fcricn; aber die alto Tranlichkeit war
dicselbe geblicben, — was sage ich dal — sie war noch
inniger gewordeu seitdem, und man traf sich deshalb auf
dcn Treppen und Aorridorcn, wo srcilich zu Iochens Leid-
wescn nicht so ungczwungen gejubelt wcrden dnrfte, als
auf dcm Boden, zn Schön-Snschens Frendc aber Scherz und
Trnst, wic sie die jungen Seelen bcwegten, einander mit-
geteilt werdcn konntcn.

Gestern war Iochcn cingetroffen. 2ln der Trcppe hattc
ihn Suse erwartct. „Tag, Snsel Alle lvelt, was bist du
hübsch geworden! I" hattc cr gcrnscn und ihr, dio Treppelsinauf
springend, lachendcn Auges beide bjände entgcgen gostrcckt.

„Iochclchenl" — sie hatte wcitcr nichts sagen können,
denn er hattc sic in scine Arme geschlossen und ihren Ulund
mit Aüssen bedcckt, noch ehc sie mit dem zwciten lvort
bcginnen konnte. Uann hatte er sie wieder augelacht, laut,
lustig, lieb, nnd sie hatte ein lcises Rot ihre Schläscn lsinauf-
steigcn gefühlt, imd dann war er plötzlich wicder lachcnd
lsinabgesprungcn. „lvill dem Gnkel erst gutcn Tag sagenl"
und sie hatte ihm nachgcblickt, bis er in dcr Thüre zu lhorrn
Lmanucls lvohnung verschwundcn wnr. V wie lieb sic
dcn guten Iochen hatte, und wic glücklich sie sein erster
Ausrnf machtel war sie wirklich so hübsch? Znni erston
male in ihrem Lebcn fragte sie sich danach, cilte von der
Treppe sort in ihr Stübchen und trat dort vor dcn Spiegel.

Ia, sie war wirklich hübsch l And der gute Iochen hatte dies
sofort bcmcrktl wie licb er sie haben »intztel Suschonspitztc
das Rosenmündchcn und erwiderte jctzt mit glücklichcmLächcln
im Gehcimen die Küsse,die sie vorlsin von Iochenerhalten hattc.

Das war gestern gewcscn. bjeute schante es trübo aus.

Auf Sonnenschcin folgt Rogen. Iochen hatte sich nicht
wiedcr sehcn lasson scit der erstcn Bcgrüßnng, soviel sie
auch auf seine Schritto gelauscht hatte. Dafür hatte ll.riue
Aküller hente morgcn böse, bäse Nachrichten von Bäcker,
Arämer nnd Schlächtcr mitgebracht. Studentenradau, sxät
in der Nacht; Latcrnen ausgedreht, Fensterläden verschobon,
Aaufmannsschildcr schwarz bepinsclt, des alten Böttchcrs
Scheitle hoch mit Bandstäben beladenon wagen hattcn die
Tumultuanten mitten anf' dcn Marktplatz geschoben und
schließlich hatten sie noch bjändel mit den Nachtwächtern
gohabt. Bei allcn Strcichen aber war Iochen Ljardenberg
der Rädelsführer gewosen. „G, ol"

„Aann gar nicht anders kommen," keifte Tante Ludmilla, „habe
cs immer gesagt, bci der Lrzichung wächst kein gntes lhaar. Inrist?
ich dankel In's Gefängnis muß er spazicreu, der Thunichtgntl"
Suschen senkte das Aöpfchen tief anf ihre Arbeit niedcr
und hciße Thränen tratcn ihr in dic Augen.

jdlötzlich schallte es lant und lnstig von untcn hcrauf:

„Im heil'gen lhain zn Singapoor
Da lebt ein altes Arokodil,

Das ist ganz grämlicher Natnr
And kaut an eincm Lotosstiel.

Ls ist schon alt und völlig blind,
llud wenn es einmal friert des Nachts,

Dann weint os, wie cin kleines Aind;

Doch wenn die Sonne schoint, da lacht's" —

Ictzt lachte auch Snschen wieder, trotz des bösen Gesichts der
Tantc. DieThüregieng nnten, Iochen war bci Gnkcl Lmanuel ein-
getreten. Trine lllüllers ganzes Gerede war ohue Zwcifcl bloße
verlenmdnng, sonst würde der liebe Iochcn nicht so lustig singcn.
Inzwischen warIochcn wirklich bei Gukel Lmauucl oingctreten.

_(Schluß folgt.)

Wenn man verbeiratct ist.

Grete (zu ilncr vcrheirateteu jrc»nl>i,>) I „Ivie, Duzupfstauch

Nlaßlicbchen? willst Du herauskriegen, ob Dein Niann Dich noch licbt?"

Frenndin: „Nein, ob er heute vor odcr nach (2 Nhr aus dcm
Alub nach bjause kommcn wird."
 
Annotationen