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Lothar Meggendorfers humoristische Blätter — 12.1893 (Nr. 105-117)

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https://doi.org/10.11588/diglit.20271#0096
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-L. Meggendorfers ^umoristische Blätter.

Lingegangen.

„Dann der L^aushalt — drei Rinder." —

„Ia, mit soo Mark monatlich komme ich zur Not aus." —

„Nun, sehen Sie — es ist schon so bei den jetzigen teuren
Zeiten, dann Kleider für Sie, Frau und Kinderl" —

„Unter 700 Mark geht's absolut nicht."

„Natürlich, das ist doch sehr wenig; alsdann trinkt man
doch seinen tvein." —

„Da bin ich sehr mäßig, Ljerr
Finanzrat, dafür halte ich etwas
auf eine gute Ligarre. Darf
ich Ihnen eine anbieten? Lcht
importiertl"

„kverde so frei sein, danke
bestens. — Ah, wirklich famos I
lvie finden Sie denn unser
Theater, kferr Leible? Sie be-
suchen es wohl häufig?"

„Nicht daß ich sagen könnte
— die lvoche zweimal, auch
dreimal, wie's kommt. Ls sind
gute Aräfte auf unsern
Brettern!"

„Gewiß, Herr Leiblel Die
Theater-Restauration ist auch
nicht zu verachtenl"

„D natürlich nicht. Be-
sonders das Bairische Bier ist
dort so frisch wie nirgendwo.

Ich trinke stets meine sünf bis
sechs Glas."

„Das Bier dort ist sehr
gut — Apropos, wie ist denn
die Schlußjagd in Ihrem Revier
ausgesallen? Ls interessiertmich,
weil ich vielleicht bei Gelegen-
heit — selbstverständlich, wenn
Sie nichts dagegen haben —
die Pacht übernehmen möchte."

„Davon möchte ich Ihnen
entschieden abraten, Ljerr
Finanzrat. Die Iagd ist ihre
jährlichen soo Alark nicht wert,
das ist rein hinausgeworfenes
Geldl"

,,5o, so," sagt der Finanz-
rat, steht auf, bittet nochmals
einen Augenblick um Lntschul-
digung und geht wieder in's
Nebenzimmer.

„Sehr ein freundlicher
bjerrl" denkt sich der jdartikulier
und freut sich schon von kjerzen
über seinen Sieg, als der Finanz-
rat sanft lächelnd aus ihn zutritt.

„So, ljerr Leible, jetzt känuen
wir die Sache gleich in Drdnung
bringen. !Nein Schreiber hat
nach Ihren persönlichen An-
gaben ein Verzeichnis Ihres
Linkommens angefertigt — ich
darf doch nicht annehmen, ?>

daß Ihre Ausgaben dasselbe
übersteigen?"— — — — —

Ihr Liukommen schwankt so zwischen sooo und rooo lNark.
Und wenn ich Ihnen einen guten Rat geben soll, Herr Leible,
sagte er, diesem freundlich auf die Schulter klopfend, „so —
lassen Sie das reklamieren lieber bleibenl" lvünsche
recht guten Morgen!

Ljerr Leible empfiehlt sich darauf sehr eilig. Vor der
Thüre aber murmelte er grimmig vor sich hin: „kjerrgott von
Mannheim, diesmal bin ich aber schön eingegangenl"

'S war Ginem sein Liebchen gestorben
Nkit Augen tief und blau;

Deswegen ist er verdorben
Leben trnb und grau!

Da führten sie ihn vorüber
Zum Aerker dort hinab:

Lr stand und grüßte hinüber
Zu ihrem Blütengrab!

Der wächter rief rauher weise:
„Lump, bist wohl nicht gescheit!"

Lr gieng und flüstert leise:

„Lin Lump aus ^erzeleid!"
 
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