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Lothar Meggendorfers humoristische Blätter — 15.1893 (Nr. 144-154)

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https://doi.org/10.11588/diglit.20273#0015
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L. Meggendorfers ^nmoristische Blätter.


ckr weiß iKefcheid.

(Fast (m ein Restauran« trctend): „Ist der 5tudiosus

5nsfel vielleicht hier?"

Aelluer: „Ia wohl, mein tserr, er befindet sich
in dem kleinen Nebenziminer."

(F ast (geht in das Nebenzimnier und kommt nach wenig
Angenblicken mit den worten zurück): „rtellner, der

ötudiosus Süffel ist ja nicht drinl"

Aellner: „Ia, ineiu Ljerr, 5ie habeu gewiß
noch uicht unter dem Tische nachgesehenl"

iKubenstreich.

Zelbstbewußt.

„Lieben Sie mich, meiu Fräulein?"
„Nein."

„Noch nicht?"

Aeiselektüre.

„Und nun werden Sie auch meine U?ut von vorhin verstehen. Ich hatte
uoch kaum in meineu irianuskripteu lesen kounnen. Aber das wenige, was ich
gesehen hatte, war kostbar: Grenzenlose Liebe — reicher Nebcnbuhler — hart-
herzige Ukama - wildc Lisersucht —" ich innßte mein Anie schon wieder in
Sicherheit briugen.

Lin eigentüinlich nnbehagliches Gesühl war bei dieser Lrzählung in mir
ausgestiegen. Ich ärgerte mich über den unverschämten Aerl vor mir und
schämte mich für die unbekannte junge Dame. Aber es war noch etwas Anderes,
etwas Dummes, Uninögliches — und es war doch etwas. Ls blieb mir keine
Zeit, darüber in's Alare zu kommen. Denn „Siegburg l" schrie der Schaffnor,
und mit affenartiger Behendigkeit entkletterte mein Reisegefährte dem wagen.
Ich solgte ihm, ohne recht zu wissen warum.

Wir brallchten nicht lange zu suchen. vor einer geöffneten Loupstthüre
stand ein kleiner lferr, welcher eine lederne Reisetasche wie eine Signallaterne
in die ihöhe hielt. „Freut mich, Sie zu sehen," rief er, als rr Serrn Lehmann
bemerkte. „Bin acht Stunden hinter Ihnen hergereist, um Sie zu treffen.
Und Sie wären mir doch noch ausgerissen, wenn ich nicht diese pfändung vor-
genommen hätte." Lr lachte grimmig. Ich war ebenso bestürzt, wie ^err
Lehmann. Der kjerr mit der Tasche war Bnkel Iulius. Und in diesem
Augenblick wußte ich, daß er auch der Ljerr mit der jungen Dame war.

Und die junge Dame mit den Briefen, das war niemand anderes als-

Da Gnkel Iulius mich nicht bemerkt hatte, gelang es mir hinter seinem Rücken
die Thüre des Loupss zu gewinnen, mit einem Satz war ich drinnen und zog
den Schlag hinter mir zu.

„Linsteigen I" drängte der Schaffner.

Vnkel Iulius ergriff mit der rechten kjand Herrn Lehmann, mit der
linkcn faßte er die Alinke der Thüre. Ich leistete von inneii verzweifclten
lviderstand, indem ich ihm durch das Fenster ein von wilder Lntschlossenheit
starres Gesicht zeigte. Lr erkannte mich und ließ von Lrstaunen gelähmt
die Alinkc los. Die Lokomotive pfiff, die Beamten liefen, der Schaffner schob
Gnkel Iulius iu das nächste Loups, nnd dieser zog tferrn Lehmann nach sich.
Langsam kam der Zug ins Rollen. Ich drehte mich um.
 
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