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Lothar Meggendorfers humoristische Blätter — 15.1893 (Nr. 144-154)

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https://doi.org/10.11588/diglit.20273#0038
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L. Meggendorfers k^umoristische Blätter.


daß sein Geburtstcigsgedicht dieselbe Mirkung aus ihn ausiibe,
wie das Geburtstagskind. Ie länger er es anblickte, desto besscr
gestcl cs ihm.

Doch es sollte ja vor allenr ihr gefallen und damit dies in
erhöhtem Maße stattfinde, beschloß er, das Gedichtchen druckcn
zu lassen. Ia, das wollte or thun.

Auf pergainentLhnlicheui jdapier, init buntverzierten Lettern
sollte sio cs erhalten. Der verliebte Dichter schrieb das Gedicht
säuberlich ab, las es nochmals von der Neberschrift bis zur
letzten Strophe, die da lautete:

In der ksand das Buch
Tief im Walde saß sie,

That, was ihr so lieb,

An der Liche las sie.

Dann giugs zum Buchdrucker, der lächclud die rcchtzcitige
fchöne 2lusfiihrung der Überraschung zusagte.

Der nächste Tag schien Ldgar ewig zu währcn uud auch
nachts licß ihn die Aufregung nur wenigc Stundcn Schlafes
finden.

Beim ersten lNorgengraucn war er wach und gieng, so
bald es möglich war, an die Bcsorgung der Geburtstagsüber-
raschungen.

Beim Blumenhändlcr wurde für teucres Geld der schönste
Stranß erstanden, wclcher der Begleiter des Gedichtes sein sollte.
Dann schritt Ldgar eiligst der Druckerei zu.

Wio ein Arieger die feindliche Fahne, ergrist er sein Ge-
burtstagsgedicht und blickte freudetrunken auf die schän aus-
geführte bunte Ueberschrift „An dlnnchen." Dann sagte er wio
im Traume und ohne auf das Blatt zu schauen, die Morte vor
sich hin:

Iauchzend preise ich den Lag,
ksüpfe hoch vor lDonne,

Da mein goldon Lieb ich sah,

Meines Lebens Sonne.

Seinem lserzen entquollen dann die anderen Strophen, er
hatte sie schon oft hergesagt, sie waren ihm geläufig.

Schwer trennte sich Ldgar von seinem Lrzeugnisse. Doch
die Zeit drängte und seinc Gaben sollten dio ersten am platze
sein, ihr erster Blick sollte dem Gedichtchon gelteu, sie sollte —

Lin behördlich autorisierter Liebesbote nahm dankend den
Strauß, das Gedicht und eine sürstliche Lntlohuung cntgcgeu.

Ldgar suchte nun seino Iiinggcsellenstube auf. Die Thurm-
uhr verkündete eben die neunte Uiorgenstunde, er mußte noch
zwei Stunden warten. Dann wird er mündlich seine Gliick-
wünsche darbringen und — so hoffte er wenigstens — seiu
BrciutiganiSPatent erhalten.

Ungeduldig lehnte er zuni Fonster hinaus uud blies dcn
Rauch der Ligarette in die kühle Uiorgculust. fAötzlich erhob
er sich. Der Diencr der Uonsuls ging auf seine wohnung zu.
Der lhimmel schien all sein Glück auf Ldgar ausgeschiittet zu
habcn. Ls war kcin Zweisel möglich, dcr Aonsul ließ ihu
holen — ihn, Annas Bräutigam. Ia, ein sauberes Gedichtcheu
hat große Uiacht. Schon klopfte man an die Thüre. Der Diencr
überbrachtc ein Brieflein vom lherrn Uonsul und erhielt vou
dem glücklichen LmpfLnger ein gewichtiges Silberstück. Ietzt
konnte sich dies der junge Doktor bieten.

Der vom Gliick berauschte Ldgar erbrach mit zitternden
lsäuden das Schreiben. während er las, wich die Freudcn-
röte aus seinem Antlitze, er wurde iminer blässer und blässer.
Seine Augen starrten ansdruckslos auf das jdapier, welches
Ldgar folgendes übcrbrachte:

An lserrn Doktor lheimchenl

Ihr Schreiben habe ich erhalten und ich beoile mich, Ihnen
sofort die verdiente Autwort zukommen zu lassen, welche im

Zuriicksenden Ihres niederträchtigen Posms besteht. Den Strauß
habe ich auf die Gasse befördern lassen. Uialhof.

p. s. Falls Sie sich jemals untcrstehen sollton, die Schwelle
meines lhauses zu überschreiten, so rufe ich die Polizei zu
Lsilfe.

Wie vom Blitze getroffen, blickte Ldgar auf den Brief.
Ie öfter er ihn las, dcsto weniger kounte er an seinen Inhalt
glauben. Lndlich nahm er das „niedcrträchtige j)osm" zur
lhand.

lvas konnte denn der Aonsul daran aussetzen?
lvort für Mort buchstabicrte Ldgar das Gedichtchen. Als
cr zum Schlusse kam, siel er unter einom Flnch auf alle Buch-
drucker und Setzer der welt in den Stuhl.

lsier stand es, in dcr letzten Strophe seincs Gedichtes, seinos
letztcn Gedichtesl:

In der lsand das Buch,

Tief im walde saß sie,

That was ihr so lieb,

An der Lichel aß sie.

Abkühlmrg.

lserr: „lvas würdon Sie denken, Fräulein Lmilic, wenn ich
Ihnon diese Rose geben würdo?"

Acltliches Frciulcin (vcrschLmi): „Daß dic Rose das Symbol
der Liebe ist."

lferr: „Sehen Sie, darum gebe ich Ihnen die Rose lieber
nicht."

Mchtig ausgedrückt.

Auf dem Promenadedeck cines Gzeandampfers drängt eine
Damc schuell nach dcm Schisssbord; ein passagicr macht einen
audcrn fragcnd darauf aufmerksam. „B, das ist nichts," er-
wiedert dieser, „dio Dame bricht sich Bahn."

Durch dic iKtuure.

^err (zu einem j)icinisten, der das (Zemälde von Beethoven ansieht)

„Bitte, nur nicht antasten."
 
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