Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Lothar Meggendorfers humoristische Blätter — 4.1891 (Nr. 1-13)

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.20269#0068
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Fkeggendorfers Humoristische Blätter erscheinen wöchentlich Imal. — Bestellungen
werden in allen Buch- und Aunsthandlungen, sowie bei allen PostLmtern und
Zeitungsexxeditionen angenommen. Preis vierteljährlich 3— Linzelne Nummern 25 IV.
Insertionsxreis 50 H die Nonpareille-Zeile.

Jnleraten-Annahme durch I. F. Schreiber in Eßlingen bei Stuttgart und lämtliche Annonccn-Expeditionen.

iAlle Rechte für lämtliche Artikel und Jllustrationen vorbehalten.1

IDornröschrn.

Ein inodernes Märchen von Müller-Plattensteiner.

ser reiche Nommerzienrat Rullenmacher und seine
Kattin hatten sich schon lange ein Xind ge-
wünscht — endlich war es gekommen — ein ttiäd-
chen — so weiß wie ^chnee, so rot wie Llut. Nan
kann sich denken, daß die Lltern in der Kreude ihres
tzerzens alles thaten, um der kkleinen das Tasein so

angenehm als möglich zumachen — sie wurde
gehalten wie eine Rönigstochter.

Als nun die Zeit der Lause herangekom-
men war, entsaltete sich in dem kommerzien-
rätlichen Hause große Pracht, man lud die
sämtliche Verwandtschaft zu Kaste, nur von
den dreizehn Basen vergaß man absichtlich
eine, weil der Aommerzienrat eine ungeheure
Aversion gegen diese Nummer hatte.

Vhne Aahl waren die kvünsche, welche
die Taufgäste der kleinen Prinzessin dar-
brachten, auch von den Lippen der zwöls
Basen war es geflossen wie Honigseim,
da — trat unvermutet und zum allgemeinen
Lntsetzen die nicht geladene dreizehnte Base
— die Böseste von allen — in den Laal,
in ihrer A)ut anzusehen wie ein feuer-
speiender Trache.

Tief und ironisch, ceremoniell war der
Anix, mit dem sie die Anwesenden bedachte,
und dann fing sie an Tift und Lalle zu
speien. „Ich habe nicht umhin gekonnt,"
grinste sie die Amstehenden an, „auch-ohne
eingeladen worden zu sein, zu kommen, uru
meine kleine Anverwandte zu sehen . . ."
und als sie dann an die Mege getreten war,
sagte sie: „Tu wirst freilich keine alte Iungser
zu werden brauchen, wie andere Leute, die
man deshalb gerne ignoriert, aber dauern
thust Tu mich doch, man wird Tich eben
einmal Deines Teldes wegensreien! —
Tiese raffinierte Bosheit und solch'
taktlose Prophezeihung hatte man selbst im schlimm-
sten Halle nicht erwartet, die Lltern stunden entsetzt,
die Eeladenen indigniert, und ein sich unter den
Gästen befindender Prosessor der Philogogie mußte,
der erbärmlich konstruierten und unlogischen Rede der
Base wegen, austreten, weil ihm übel geworden war
 
Annotationen