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Lothar Meggendorfers humoristische Blätter — 5.1891 (Nr. 14-26)

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https://doi.org/10.11588/diglit.26794#0056
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L. Neggendorfcrs Humoristische Älätter.

IDe ^andbardie uach I^oschwih.

war 2ie vor ungefähr drei Iahrcn, da ge-
härtc ich Aie dem Kesällichkeitsvcreinc „de
Budderbämmchen" als ^iitglied an. die äben ccuen
Ausflug nach Loschwitz unternähmcn wollten. )iu
gehärt Sie doch zu 'nen solchen Ausflug och das
nötige Keld — aber säh'n Ec, das hatte ich Lie äbcn
nich. Ich simulierte also hiu und her, wie ich mer
da aus der Latsche ziehcn gönnte, um mer so'n vier
bis slins aiark zu verschaffen. — Ta fällt mcin ilZliek
wic zusällig us das „Dräs'uer Tagcblatt", welehcs
us meincm Disehe lag, und geradc uf 'ne Annonee,
worin Holgendes zu lcsen stand: „tlhrcn und Prä-
liosen gegen bequcme Aatenzahlungcn. tieipzigerstraße
lbs, I. Etage." Au bckam ich Eie 'ne grandiosc Idce!

— „Blimbe," sag' ieh zu mer, (so
hcese ieh Iie nämliehi, „Alimbc,"
sag' ich also, „du bist doeh sozusagen
oeh 'ne Lärsähnliehkeet, wenn du
oeh 'n armer Tiurniste bist, wie
wär's, wcnn du zu den Raten-
menschen hingingst, dir 'ne klhr
odcr dergleichen uf's Abzahlcn
nähmcst, diesen §>egenstand dann
gleieh in's Leihhaus trligcst und
mit'm §>elde dann dic Landbardic
nach Loschwitz mitmaehtest?" — Vor
^reide liber diese 2dec machte ich
2ie 'n kzups in de Lust — doeh gleich drus sank ieh
Lie us mci altes §>anapee. - 2ch batte L>ie nämlich
in meiner Hrcude ganz vergesscu, daß mer doeh höchst
wahrseheinlieh eene Angabe erlegen muß, und mcin
vermögensstand betrug Aic damals rnnd hr Hennige.

— Z)a fiel mir 'ue zweite 2dee ein. „Llimbc," sag'
ich also wieder zu mir, „sor was habcu wir denn
Leihhäuser? — Tu versetzst ganz eensach irgend 'n
libcrsllissiges Alcidungsstliek und von dem erhaltenen
§>elde erlegst du de Ängabe uf de klhr, dann versetzst
du dc Uhr, machst de Landbardie nach Loschwitz mit

— un nu bleibt dir uoeh immer soviel librig, daß
du das Aleidungsstlick auslösen gannst." Gedaeht

— gethan. — 2eh suchte 'n ziemlich rcputierlichen
Rock aus der Kommode heraus, zog mer meinen
Aonudagsstaat an, um bei den §>oldhändler 'n guten
Lindruck zu maehen, und um vollkommeu tadellos
zu crscheinen, versäunite ieh oeh nich, meincn sehmu-
tzigen Papierkragcn mit 'n Radiergummi auszuputzen.

2o ging ich nun vorher in's Leihhaus,
wo ich 2ie wirklich uf meinen Aock
zwce Mark zu leihen kriegte. Au
dlinkte ieh mer wie 'n Gönig! Trum
ging ieh auch sosort >n 'ne Abrtschast,
wo ich riehtig die ganzen lc Hennige
vcrlnmpte. )vas lag mir denn dra»?
— Ieh hattc ja zwcc aiark in der
Tasehe und in eener 2tnnde vielleieht
des Iehnfaehe. 2eh ging 2ie also
zu dem besagten Ahrenhändler. Er
empfieng mieh us dcs hösliehste und
legte mir 'ne ganze Lolleklion von
Ahren zur Auswahl vor. 2eh wählte 'ne schöne
silberne, dic »>er der gute !:Iiann naeh langem scilsehen
endlieh um slinfzig alark zuließ, mit der Aedingnng,
monatlich zchn Äkark abzuzahlen. 2ch liberreiehte
ihm dc zwee Akark als Ängabc un empfahl mich.
„Rlimbe," sag' ieh zu mer, „Rlimbe, du bist doeh
'n unverbcsserlieher ziump!" un dann lief ich mit der
Ahr in's Leihhaus. — Au werdcu 2ie mer wohl
zugeben, meinc Herren, daß ieh mer nun, wenn ieh

sehon fünfzig Atark flir 'ne Ahr sozusagen ausgebe,
aueh dcn Luxus vergönnen durfte, aus die Ahr zu
schen, wie spät es sei. 2ch zog 2ie »u mit eencr
gewissen Aonscholangs de klhr,
da begomme ieh plötzlich von vornc
'n 2toß und gerade auf die ätelle,
wo andere sterbliche klkenschen gc-
wöhnlieh 'nc Arust habcn thun.

'n Sehornsteinscger der trng Lic
nämlieh 'ne Leiter, und da er sieh
umbliekte und ieh us die llhr sah,
bcmerkte» wir uns nieh, ich bcgam
'n Stubbs mit der Lciter, meine
schöuc klhr fiel us de Erde und
zu dicsem Malhör trat ich 2ie uoch
»>it dem reehten ^uß us dcs Iifscr-
blatt, wodadureh das Glas in dausend 5-plitter zer-
sprang. 2ch hob mcincn Zchatz aus u»d bemerktc,
daß außer dem gebroehenen Glas zum Glliek niseht
gesehehen sci. — Au werden 2>e ja wohl selbst un
aus eigener Ersahrung wissen, daß
mer klhre» ohne Glas im Leihhaus
nieh ausnimmt. T>a gonntc ieh also
niseht andercs thun, als zu eenem
Ahrmaehcr zu gehc» und mir 'n
passendes Glas in die klhr einsehneidcn
zu lassen. Au werdcn Zie aber wohl
ganz gut wisscn, daß ich keenen blanken
Hellcr im 2aeke hatte, da ich doch die
zwce Akark als Angabc erlegte und die sc Hennige
in mcinem Hreudentaumel vcrnaschte. Au war also
guter Aat dcuer. Aaeh rcifliehem Ueberlegen gai»
ieh nu zu dem Entsehlusse, dem Ahrmachcr flir das
Glas '» Psand zu lassen und dasselbe dann von dem
geliehencn Geldc auszulöscn. Aies flihrte ich aueh
aus. 2n uäehster Aähe des Leihhauses war Zie 'n
Ahrmaehcr ctablicrt. Iu diescm ging ich hin, ließ
mir 'n Glas gebcn und sagte ihm, ieh hätte zusällig
keen Geld bci mir, abcr ieh lasse ihm mcinen Hut
als Pfaud da und bin gleieh wiedcr hicr, um die
Zache zu ordnen. — 2ie werden cinsehcn, daß mer
dicsc Hadalitäten die Landbardie hättcn verlciden
gönncn: ich war Lic aber wie erbieht darauf und
hätte ieh durch die k)ölle gchen gönncn, um »aeh
Loschwitz zu gommen. 2eh ging 2ie
also 'mit blosslißigem Aobbe in's
Leihhaus. Es muß sich jedoch de
ganzc kvclt gegcn mieh versehworen
haben. 2tellen 2ie sieh vor: der
Aehätzmeestcr sagte mir, ieh müge
mcr vorhcr 'ne Lehaehtcl bcsorgen
und ieh hatte geenen Anobb Gcld in
dcr Tasehe! — Actrlibt schleiehc ieh
mer aus den Baale, da bcmerke ieh
im Aünkcl 'n altes Aküttcrehen, wcl-
ehcs 'ne akenge 2ehaehteln >n jcdcr
Größe aus den ^ußboden ausgebreitct
hattc uud mieh cinlud, mir etwas
passendes auszusuehe». „2a," sagtc
ieh, „das wäre reeht sehön, aber ieh
habe Aie gee» Gcld: abcr wissen 2
2e mir so 'ne Zehaehtcl und ieh lasse 2hncn '» Pfand
da. Aabei hatt' ieh 2ie sehon den rechten 2ehtiebel
ausgezogen, ivars 'n 'ner hin und nahm mer daslir
'ne Aehaehtel, in die ieh dc Uhr hineindhat un wieder
zum 2ehaltcr hintrat. — Der 2chätzmecster besah dic
Uhr von allcn 2eiten mit Gcnnerbliekcn und rief mit
gesehästsmäßigem Lonc: „Lenc silberne Uhr be-

e was? Gebc»
 
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