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Lothar Meggendorfers humoristische Blätter — 5.1891 (Nr. 14-26)

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https://doi.org/10.11588/diglit.26794#0060
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58

L. Neggendorfers tzumoristische Blätter.

Der Privat-Detectiv.

Diener, was stcht dem tzerrn zu Tiensten . . .?"
geantwortet hatte, gleich wicder anfing, auf besagten
Zchuhen mit einer an's ^abelhafte grenzenden che-
schwindigkcit i>n ^immer heruinzufahren und dabci
mit seinem feinen Aäschen in der Lnst und den ge-
östneten Dehältnifsen herumzuschnüffeln, wobei fieh,
in der steigenden Erregung, seine kurz geschnittenen
Haare sträubtcn.

„Und Tu kannst fagen. was Tu willst," piepste
er gegen das Dtebenzimmcr, „hier ist irgcndwo Braten
verstcckt, kr a lbs-Draten ichs, jawohl, Ralbs-Dratcn

— ha!" tiberschric er
sieh in der Nähe des
Vfens, wobei scin
Näschen wie von
einem tkkagncte gc-
zogen gegen das chfen-
thürchcn fuhr, das er
gleich darauf aufris;
und richtig eine Dlatte
mit besagter chpcisc
hervorholte - „ha!"
schrie cr noch cinmal,
„hab' ich's nicht gc-
sagt! Ta ist kcalbs-
braten und dieses
Weib mutet mir zu,
artoffeln m i t
'k^äring zu cssen!"

Lrstaunt hattc der dicke tfcrr dem eigentümlichen
Denehmen bes Hcrrn '-Lmanucl chpitzel zugesehen,
»nd als derselbc setzt, ohne sich weiter nm ihn zu
kümmeru, über den ktalbsbrate» hersiel nud die
Nebcnthüre krachend in's Bchloß geworfen war, hiclt
er es an dcr ^cit, mit dem j^weck fcines Besuches
herauszurückeu.

„tvenu ich nicht irre," begann er deshalb, „habe
ich das Bergnügen, kferrn Bpitzel vor mir zu sehcu?"

„tstn!" knurrte Hcrr Zpitzcl.

„5ch komme mit einem Ruftrage sür Bie."

„tfur hm!" machte kzcrr ^pitzel.

„Es handelt sich näinlich >»n die diskrete Bc-
obachtuug eincr perso»," fuhr der lrickc fort, „ciues
Herru."

Lzcrr Lmanucl chpitzel ivar mit fcinem Bratcn
fertig geworden, cr faltete die kchtnde, wo feiu Bauch
sei» sostte, blickte nickend auf dcn Ticken und sagte:

„khabe vollkommen verstande», sind an der rechte»
chchmiede, habcn mich ja vorhin selbst beobachte»
können, wie meinem >5charfsiune nichts entgeht
habe so zu fagcn von der Pike auf gcdient - dcr
ewige häusliche ktrieg, wiffen Bie . . . nun müssen
Bie mir abcr aenauc Tata acbcn, ivenn ich Erfolg
habcn soll."

„Kanz richtig," entgegnete der dicke tzerr, „und
obwohl es mich hart ankommt, zu reden, so sehe ich
doch ein, daß cs fein muß . . . ich liebe nämlich,"
fuhr er vcrschämt fort, „und es iväre mir bei meinei»
Bcrmögeu ein Leichtes, den tvegenstand meincr tvahl
an dcn Altar zn führen, aber ich habe einen Aeben-
bnhler! — Behe» Bie, ich bin ein Akann der Be-
quemlichkeit! wcnn ich uu» unter den Henster» meiuer
Angebeteten zweimal des Lages vorüber gche, so ist
das für mich eine Arbeit - während mein Reben-
buhler, welcher das Slück hat, sehr mager zu sein,
fast jede Äunde seinc Promenade dort mache» kaun.
äie sollen nun herausbringen, ob irgend ivelcher
Rapport zwischen de» Beiden stattfindet -- ist das

der j!fall, so muß ich, ivenn auch blutcndcn Herzens,
meiner Lhre halber zurücktreteu."

Terdicketzerr, der
das lauge Lprechen
nicht gewohnt war,
zog fein Taschenttich,
wischte sich den
Lchweiß von der
Ltirne uud, nachdem
dies gcschehen war,
blickte cr gespannt auf
t)errn Bpitzel.

„chchön, schön,"
wiukte ihm dieser zu,

„foll besorgt merde»

— und hoffentlich
kann >ch Ihuen Kutes
melden."

Ter Ticke erhob

sich, empfahl k)errn Bpitzel nochmals die größte

Tiskretion, driickte demselben die b)and, mobei in
der chpitzel's cin ^wanzigmarkstück blieb, n»d eui-
pfahl sich.

Herr Bpitzel beäugelte seiu choldstück, pfiff leise
vor sich hiu »ud sagte: „chapperlot, die cheschichte
kau» sich machen, eiue famose Idee vou mir, Privat-
Tetectiv zu werden, ausgezeichnete Beschäftiguug,

den gauzeu Lag auf dem Bumuiel . . . kfosen-
kreuzc kau» küuftighiu eiusetze», wer mag — ich,
das merke ich immcr mehr, bin zn kzöherem geboren

— hopsa!" sclinalzte cr »>it de» Hingern, so daß leider
das choldstück aus seiuer kfand siel, welches Geräusche
znr ffolge hatte, daß sich die kkebenthürc öffnete nnd
kfcrrn chpihel's Semahlin im Aahmen dcrsclben

erschieu wehe Lmanuel
Lpitzel! — Lhusueldcheu

konntc den Aalbsbratcn

nicht vergcssen, den sie sich
a»s dem kvirtshause geholt
ivare der sremde kfcrr
nicl>t gcwescn — sie hatte
das Lecoruiu gemahrt, nun
aber schritt sie mit sliegen-
den ^ahueu zui» ^turme
- doch lassen ivir das
chpitzel'sche -khepaar bei dcr
folgcndcn iutimen chcene
allein. —

Eiue halbe chtnude
mochte ungefähr seit der
Lntfernuug des dicken
kferrn vcrflossen sciu, als es i» rascuder Lile die
besagtcn sü»f Treppen heraufkam, iuimcr vier Btufen
anf eiumal.

Bnm! hieb es mit mächtiger Haust a» die Lhüre
dcr Lpitzel'scheu Behausuug, so daß die dort statt-
findendc ikampfszcne wic auf gcgenseitige vcrein-

baruug fofort abgebroche» wurde, weil beide Parteien
glaubten, daß ihnen eine dritte in die ^lanke ficlc.

Bum! machte cs uochmals und dann überfchritt

cs laug, dürr u»d fuukelnden Augcs die Bpitzel'schc
Lchwclle. Lhusiieldchen machte sich, wie bei solchen
Sclegcnheiten immer, aus dem Btaube, sie wahrte,
wie schon bemerkt, das Lecorum. Lmauuelchen aber
saß, arg zerzaust, uiitten auf der Tiele und starrte
mit eiuigermaßen blödsiuuigem Ausdrucke seinem
Besuche entgegen.

(Sortsetzung folgt.)
 
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