Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Lothar Meggendorfers humoristische Blätter — 5.1891 (Nr. 14-26)

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.26794#0090
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
90

L. Neggendorfers tzumoristische Blätter.

Line

Lediemmg und die ungastlichen Matratzen zu machen
beliebte. tlnd als das einmal so arg wurde, daß
das schallende Eelächter der übrigen schadenfrohen
Säste deu Rllrt aus dem Lpeisezimmer vertrieb, da
schickte dieser Herrn Bullerweck wutentbranut die
Icechuung und verbat sich seine ferneren Besuche.

traltblütig erhob sich der also an die Luft He-
setzte und bestellte dem Wirt durch desfeu Kanymed
cinen freundlichen Kruß, und daß er nächstens mehr
von ihm hören werde. T>ann zog Herr Lullerweck
zum „Linhorn", einer sogenannten Huhrmannskneipe,
und Herr Kchmolz hatte Ruhe vor ihm.

Liuige Nonate waren vergangen, da verlief
sich eines Cages cin seltsames Nenfchenkind in den
„Schwan." Ls trug einen buntkarierten Anzug,
eine schottische Nütze und eine mächtige blaue Reit-
brille. Lart und Haupthaar wareu flachsfarben und
der erstere von respektabler Länge. Auch ein minder
geübteres Auge als das des Herrn Achmolz hätte
auf den ersten Alick deu Lngländer erkannt, der sich
übrigens auch als solchen sofort durch fein schlechtes,
mit englischen worten untermischtes Dcutsch zu er-
kennen gab.

Cer Schwanenwirt rieb fich vergnügt die Hände;
da winkte ein besonderer Verdienst. Lr führte den
Hremden in's lstastzimmer und erkundigte sich mit den
fchonsten Äücklingen nach den Befehlen lliylords,
was dieser indesfen nicht zu hören schien, da er Herrn
Schmolz unverwandt anstarrte.

Cas fiel dem Gasthofsbesitzer endlich auf; er
fragte devotest, weshalb ihn stkylord so sehr seiner
Aufmerksamkeit würdige.

„Tsou have a wonderfull Bart!" gurgelte da der
Aohn Albions. „I have an anderes Vrt gehört das
and komm hierhär, zu überzeugen mich. Indeed,
wonderful!"

„V, ja wohl," lautete die Antwort des 8e-
schmeichelten, „das ist mir schon mehrfach versichert
worden."

„Bis jätzt I have believed gegläuben — daß
mein Bart die langst and schönst uar."

Schmolz verbiß ein Achmunzeln über die farb-
losen Strähnen des Insulaners und meinte verbindlich:

„9 allerdings, der Bart iAylords —"

„C> no, ich gläub das jätzt nich mähr. Ich uill
aber, daß meiu Bart die langst and schönst von die
ganze Ivorld — Uält — uar und komm zu kaufcn
drum Isour — Luer Bart."

„Mas?" fragte der Dirt verblüfft.

„Ich uünsch zu kauf Luer Bart!" wicderholte
der Hremde uugeduldig.

„'Br ist mir um keinen preis fcil!" versicherte
der andere.

„A bah, um kein preis. 8äb ich davor hundred
pounds."

„A)as, hundert Pfund Bterling?" schrie jener
betrosfen und geblendet; seine Tewinnsucht schlug
in lichten Hlammen empor. „Uiylord scherzen wohl?"

no, gäb ich two — zweihändert pounds.
But Luer Bart mußt ritze ratze weg!"

„Abgemacht, abgemacht!" versetzte Herr Bchmolz
hastig und besorgt, daß der übergeschuappte Britte
sein A)ort wieder zurückziehen könne. Hür diese
enorme Bumme durfte man wohl einen noch präch-
tigeren Bart opfern. Cerselbe wuchs ja übrigens
auch im Taufe der Zeit wieder.

„A)ell, so bringet Sie mir die Bart, and Lie
erhalten immediately — sogleich — die two hundred
pounds."

Rache.

Nylord zog dabei feine dickleibige Brieftasche
hervor und entnahm derselben einige englifche Bank-
noten, welche Bchmolz mit gierigen Llicken betrachtete.

„Auf der Btelle, auf der Atelle!" rief er dann
und stürzte hinaus. Der Lugländer hörte ihn draußen
laut nach Ieife und warmem kvafser schreien.

Hüuf Akinuten verflosfen, währenddem sich noch
andere (Säste einfauden uud die auffallende Lr-
scheinung des Insulaners mit vergnügten Eesichtern
betrachteten, woraus sich jener aber nicht das geringste
zu machen schien.

Dann trat Bchmolz mit vollständig glatt rasiertcm
Antlitze wieder in das Zimmer und trug, in scinem
Eifer ebenfalls nicht die erstaunten Aiieuen der Neu-
hinzugekommenen gewahrend, auf einer großen Prä-
sentierplatte, säuberlich ausgebreitet, seinen bisherigen
Btolz, seiuen schönen, langen, schwarzen Bart vor
sich her.

„tzier ist er, Nylord!" bemerkte er lcbhaft. „Ae
haben nun allein den hübscheftcn und ftattlichften
Bart weit und breit."

Allein Nylord rührte sich nicht und gaffte ihn
nur immer an.

„Nun?" fragte der N)irt endlich betroffen.

„Uas habet Bie denn gemäket?" fchnarrte un-
wirsch der Britte. „Habet ja abgerasoren die Bart!"

„Äuu ja, gewiß."

„But, da uachset sie ja uieder!"

„Hm, allcrdings!" rüumte jener bestürzt ein.

„V no, das darfet aber nich! Ao giltet die i§e-
schäft nich! I can die Bart nor ritze, ratz weg mit
die Aorzels gebrauchet!"

„Nur mit den wurzelu?"

„^ses, nor mit die llorzels, daß sie nich uieder
uachset."

Mylord nickte lebhaft mit dem llopfe, blickte den
mit seiner Präsentierplatte gleich einer Lalzsäule da
Btehenden höhnisch an, drehte sich gemächlich um und
verließ den „Zchwan" auf Nimmerwiederkehr. Hinter
ihm drein aber schallte das tobende Telächter der
anderen Eäste.

Die Mut des also getäuschten Cmsthofbesitzers
kann man sich leicht vorstellen. Derselbe witterte
aber erst Unrat, als ihm unmittelbar nachher ein
Brief des Herrn Bullerweck zuging, worin dieser sein
lebhaftes Bedaueru über die Art und N)eise, mie der
Schwanenwirt seiner schönsten Aierde verlustig ge-
worden, aussprach. Ietzt erinnerte sich der letztere
des bedeutcnden mimischen Talentes seines ehemaligen
exmitierten Kastes, und er ahute jetzt nur zu wohl,
wer unter der llkaske des Lngländers bei ihm cr-
fchienen. Ia, Bullerweck hatte in der raffinicrtesten
Weise die angedrohte Nache gekühlt, und tzerr Bchmolz
sah sich lcider vorläufig außer Stande, Bergeltung
zu üben.

---

Vieptträhcheir.

Picpmätzchen sprach zu Piepmatz so:

„N)enn ich an Teinem Platze wäre,

Bersicher' ich Tich bei meiner Lhre! —

Ich machte vieles klüger o!"

Toch wie's dann war an seinem Play,

Ach, war's da oft zu wissen froh,

N)as in dem Kall der alte Matz

Eethan — und that es ebenso!
 
Annotationen