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https://doi.org/10.11588/diglit.20274#0033
L. Neggendorfers Humoriftische Blätter.
2s
ch sah die alten Türme,
Die Dächer grün bemost,
Trotz bietend manchem Sturme,
Der wild um sie getost.
Die Linden vor dem Thore
Sie grüßten so vertraut,
Lin ^und sprang mir entgegen
Vergnügt und bellte laut.
Ich sah die Brücke wieder,
Den platz, wo einst ich schied.
Der Strom floß murmelnd weiter
Und sang das alte Cied.
Der Mai ist lang vorüber,
Da mir mein Glück gelacht.
Ein Reif fiel auf die Blüten —
Sie starben über Nacht.
Als ich die Stadt verlassen,
Alang leise wie Gebet
Non fern der Glocken Läuten,
Bis es der N)ind verweht.
Bülow von Dennewitz
^Trge Z^rrstrrutheit.
In der Hriedrichstraße befindet sich neben einem
Meidergeschäfte eine Tvursthandlung und die Lin-
gänge zu beiden Lokalen stoßen dicht aneinander.
Professor Nüller steht vor der beleuchteten
Auslage des Lchneiders und bewundert die ausge-
legten Westenmuster.
„So eine A)este muß ich mir doch machen lassen!"
sagt er und — geht in die Wursthandlung.
Leinen Irrtum wahrnehmend, will er wieder
umkehren, da fällt ihm ein, daß er zum Abendbrod
gleich Lchinken kaufen könnte. Der vielen Aunden
wegen wartet er zu und verfällt gewohntermaßen
in Grübeleien.
plätzlich wird er angerufen: „Ich bitte, mein
Herr, womit kann ich dienen?"
Aus seinem Tedankengange aufgeschreckt, stottert
er: „Ia — Ich möchte mrr eine Weste machen
lassen!"
„Bitte, der Lchneider befindet sich nebenan!"
sagt der Mursthändler.
Betroffen und seinen Lchinkeneinkauf vergessend,
verläßt er das Lokal und geht nebenan zum Lchnei-
der, unausgesetzt Verwllnschungen murmelnd über
seine zunehmende Tedächtnisschwäche.
„Tuten Abend! was steht zu Diensten, ßnein
Herr?"
Diese Anrede des Lchneiders bringt ihn zu sich.
„Kür 50 pfennig Lchinken hätt' ich gern mit-
genommen!" sagt er.
Lchneider: „Bitte, den bekommen Lie im Ee-
schäfte nebenan!"
Professor: „Ia, dort war ich schon — die schicken
mich eben herüber!"
* *
2s
ch sah die alten Türme,
Die Dächer grün bemost,
Trotz bietend manchem Sturme,
Der wild um sie getost.
Die Linden vor dem Thore
Sie grüßten so vertraut,
Lin ^und sprang mir entgegen
Vergnügt und bellte laut.
Ich sah die Brücke wieder,
Den platz, wo einst ich schied.
Der Strom floß murmelnd weiter
Und sang das alte Cied.
Der Mai ist lang vorüber,
Da mir mein Glück gelacht.
Ein Reif fiel auf die Blüten —
Sie starben über Nacht.
Als ich die Stadt verlassen,
Alang leise wie Gebet
Non fern der Glocken Läuten,
Bis es der N)ind verweht.
Bülow von Dennewitz
^Trge Z^rrstrrutheit.
In der Hriedrichstraße befindet sich neben einem
Meidergeschäfte eine Tvursthandlung und die Lin-
gänge zu beiden Lokalen stoßen dicht aneinander.
Professor Nüller steht vor der beleuchteten
Auslage des Lchneiders und bewundert die ausge-
legten Westenmuster.
„So eine A)este muß ich mir doch machen lassen!"
sagt er und — geht in die Wursthandlung.
Leinen Irrtum wahrnehmend, will er wieder
umkehren, da fällt ihm ein, daß er zum Abendbrod
gleich Lchinken kaufen könnte. Der vielen Aunden
wegen wartet er zu und verfällt gewohntermaßen
in Grübeleien.
plätzlich wird er angerufen: „Ich bitte, mein
Herr, womit kann ich dienen?"
Aus seinem Tedankengange aufgeschreckt, stottert
er: „Ia — Ich möchte mrr eine Weste machen
lassen!"
„Bitte, der Lchneider befindet sich nebenan!"
sagt der Mursthändler.
Betroffen und seinen Lchinkeneinkauf vergessend,
verläßt er das Lokal und geht nebenan zum Lchnei-
der, unausgesetzt Verwllnschungen murmelnd über
seine zunehmende Tedächtnisschwäche.
„Tuten Abend! was steht zu Diensten, ßnein
Herr?"
Diese Anrede des Lchneiders bringt ihn zu sich.
„Kür 50 pfennig Lchinken hätt' ich gern mit-
genommen!" sagt er.
Lchneider: „Bitte, den bekommen Lie im Ee-
schäfte nebenan!"
Professor: „Ia, dort war ich schon — die schicken
mich eben herüber!"
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