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L. Meggendorfers Humoristische Llälter.

Alein

ein lsahnenkannn und dadurch die 5ache naturgeinäß
verschlinnnerte, denn man sah, daß ich nnch ärgerte

und -— lachte erst recht-die Damen natürlich;

denn von deir lserrn hätt's mal einer wagen sollen,
Donnerwetler!

Die Gelegenheit, Revanche zu nehmen, kam,
scheinbar rascher, als ich es gedacht.

Lei dem Souper, bei welchem uns das Gsfiziers-
Lorps unseres Regiments gesellschaftlich zum ersten
Dlale als Aameraden begrüßte, kam ich neben ineinen
lieben premier Schmachtenstein zu sitzen, der ganz
von selber von der Sache begann.

„Na, wie steh'n 5ie denn setzt mit der kleinen
goldblonden löausen, die Sie immer so zu necken
pslegte; wird die Augen gemacht haben, als sie
Dhre Lefördernng las," meinte er lächelnd, indem
er sich den blonden Schnurrbart strich, „hat sie 5ie
schon in Zhrem Glanze geseh'n?"

„Nein," mußte ich antworten, „ich kam noch
nicht dort vorüber, morgen aber denke ich . .
„Morgen! lherrgott, wissen Äe was, übernehmen
Äe sür mich die Rirchenparade, mit der müssen Äe
dort vorbei — wenn das kein brillantes Debut ist,
will ich all meiner Lebtage aus 'nem Besenstiele zum
Lrerzieren ausrücken!"

Alle Wetter das war was! Za, ich wollte bei
ihr vorübcrgehen -— mit Alusik vorüber und

.-nicht einen Blick wollte ich ihr schenken

-— das sollte ihre Strafe sein! Nm es kurz zu
machen: Ich nahm dankend an, wir steckten uns
hinter den Negiments-Adjutanten und die chache
war bald im Neinen.

Die Stadt lag noch im Nlorgenschlummer, als
ich meine Neiter zur Rirche führte, man merkte, daß
es Leiertag war, man schlies aus -— auch bei „ihr"
waren noch alle Vorhänge herabgelassen; daß sie
später, aus unserem Rückmarsch unsehlbar am
Lenster sein würde, war sür mich, der ich ihre Gewohn-
heiten ziemlich studiert hatte, zweifellos — na, warte
nur! —

Der Gottesdienst war zu Lnde; umsichtig sammelte
ich meine Neiter vor dem Airchenportale und umsichtig
ries ich den Stabstrompeter an meine cheite: „Bitte,
wenn wir dann aus der Nönigsstraße debouchiren,"
sagte ich zu ihm, „und aus den „Meiten j?latz"
kommen, lassen 5ie doch j)hren neuen Nlarsch spielen
und zwar so, daß das wunderbare Trio:

„Leb' wohl, mein liebes Dchätzchen

Leb' wohl, mein lieber Bchatz . . ."

Sie wissen ja, genau aus das ljaus Nr. 8 trifft,
nicht wahr? Dann kommandierte ich: „Zu Dreien
rechts schwenkt — Nlarsch! Schwadron halt!" Und
dann: „vorwärts — Nlarsch!" und dahin ging's —
der Rache entgegen! — Begleitet von einer ziemlichen
Alenschenmenge kamen wir aus der Nönigsstraße
und der Stabstrompeter waltete seines Amts nach
meiner Znstruktion.

„5ie" stand richtig schon geschuiegelt und gebügelt
im Grker, wie ich mich durch einen stüchtigen Blick
überzeugte; dann rcher sah ich so blasirt als möglich
nach der rechten Seite und war sest entschlossen, erst
einige lhäuser über Nr. 8 hinaus wieder gerade aus
zu sehen.

„Leb' wohl mein liebes Gchätzchen,

' Leb' wohl mein lieber 5-chatz . . ."
flötete inzwischen, püuktlich vor Nr. 8 einsetzend, der
^och-6-Trompeter und es war mir eine außerordent-
liche Genugthuung, mir im Geist vorzustellen, wie sie
sich dabei geärgert auf die Lippen biß.

Debut.

Zch sah also krampfhaft nach rechts, als gerade
unter dem bewußten Lrker mein rechter Llügelunter-
offizier, ein älterer ^ergeant, leise zu mir vorrief:
„llerr Lieutenant: 2lugen links! — Augen links!"
„Zst das ein kecker Nlensch" dachte ich bei mir, „kjat
gewiß von den andern Fähnrichs erfahren, daß ich gerne
da hinaufschmachte — na warte, dir werd' ich nachher
die vertrautheit ankreiden!" „Augen links, Lserr
Lieutenant! Zlugen links!" rief er nochmals, aber
viel dringender — so daß ich wütend vor mich
hinmurmelte: „Zch will dich schon linksen nachher,
ich will dich schon linksen, darauf kannst du dich
verlaffen . . ." als auch von links her eine Stimme
rief: „kjerr Lieutenant entschuldigen!" so daß ich
nun doch gezwungen war, in die verhaßte Richtung
zu sehen. Ls war der linke Llügelunterosfizier, der
vorgelausen war und erst ein paar Nlale mit dem
Nlunde klappte, ehe er herausbrachte:

„kjerr Lieutenant, der ljerr 5tadtkommandeur
haben befohlcn, der kjerr Lieutenant sollen die
Parade augenblicklich halten lassen ..." G heiliges
Gewitter, jetzt hatte ich gar meinen alten Lreund
und Gönner, der mir schon einmal zu drei Tagen
„Nachdenken" verholsen, zu salutiren vergessen! Nun,
das konnte nett werden, gerade in Bezug aus den
ihm gebührenden Gruß war er von äußerster j?eni-
bilität . . . „jstarade halt!" Wir stunden wie die
Nbauern, da kam's auch schon einhergeschritten: Nlein,
untersetzt und asthmatisch schnausend —- der kjerr
General von Naßler in person.

„Wen haben wir denn da?" rasselte er in
verstellter Freundlichkeit. „2lch, Sie sind's, guten
Nstorgen, guten Ntorgen . . . es ist mir unmöglich,
mich so rasch von Zhrer hübschen Abteilung zu
trennen: Bitte laffen chie dieselbe nochmals ein paar
hundert chchritte zurückmarschiren und führen Sie sie
dann nochmals an mir vorbei, um — hier reckte
er sich gewaltig — mir den mir gebührenden militäri-
schen Gruß zu teil werden zu lassen — nicht wahr?"

Nun, da war natürlich nichts zu machen als
„Nehrt" und das geschah auch und weiter geschah,
daß er sich direkt unter dem mehrerwähnten Lrker
ausstellte und ich diesmal nicht blasiertrechts, sondern
kolossal stramm links schaute — ja, ja der Lieute-
nant denkt und der General lenkt!

Daß mich die Sache furchtbar genierte und um
so mehr genirte, als sie sich gerade an dieser ^telle
zutrug, kann man sich denken —- vom Nachspiel will
ich gleich ganz schweigen. Lhe es aber zu diesem kam,
hatte ich noch die große Lreude, von meinem Freunde
Grundler, der einer der mit mir Beförderten war
und die Gache mit angesehen hatte, zu hören, daß
„sie" sich vollkommen korrekt benommen habe, das
heißt, vom Fenster verschwunden sei, sobald die
Sache „kritisch" geworden wäre. —

Als „sie" mir das nächste Nlal in den Weg
kam — es war aus einem kleinen Tasino-Balle — da
huschte ein blitzrasches Lächeln über ihr hübsches
Gesicht, sie hängte sich ohne Umständc an meinen
Arm, winkte mit den Augen nach dein anwesenden
General von Raßler, der so sorciert jugendlich that
wie immer und sicher keine Ahnung von dem hatte,
was mir der kleine Robold an meiner Geite in's
Ghr raunte — und sagte: „Wissen chie zu schweigen?"
Worauf ich nur die kjand aus's bjerz legte und sie
weiter wisperte: „Der Papa bekam heute eine ver-
trauliche Ntitteilung aus dem Ministerium: Zhr
Guälgeist ist pensionirt — —."

-O-Kxs-
 
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