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DIE LEHRE VON DEN EINHEITEN

Jede Biographie Böcklins beschäftigt sich eingehend
mit seinem Temperament. Sie nennt es außerordentlich,
kolossal, himmelstürmend usw. und will nichts davon
wissen, daß z. B. Feuerbach und Marees vergleichsweise
ebenfalls mit Temperament begabt waren. Läfjt man
diesen Begriff in dem unbestimmten Sinne, wie er in den
Biographien gemeint ist, gelten, so bleibt zur Erklärung
der beiden Perioden nichts anderes übrig als einen
Wechsel dieses Temperamentes anzunehmen. Aus dem
Sanften wird ein Gewaltsamer, aus der Ruhe die Hef-
tigkeit.

Im Leben kommen, so scheint es, dergleichen Wechsel
vor. Wir bemerken, dag ganz sanfte Menschen unter
dem Eindruck eines besonderen Ereignisses, eines grogen
Gliicks, noch öfter eines grogen Schlages auf einmal
alle ihre Kräfte zusammennehmen und mit einer Ent-
schiedenheit handeln, die man ihnen vorher nie zugetraut
hätte. Aber der Schein, dag hier eine wirklich in das
Organische eingreifende Veränderung vorliegt, trügt
selbstverständlich. Denn diese ist nicht denkbar. Be-
trachtet man einen solchen Fall näher, so findet man
wohl neue Resultate, keine neuen Mittel. Der Mensch
ist derselbe, sowohl im ganzen wie im einzelnen. In
der Art dieser plötzlich entwickelten Tätigkeit wird man
deutlich die Art der früheren spüren, nur gesteigert,
 
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