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Meier-Graefe, Julius
Pyramide und Tempel: Notizen während einer Reise nach Ägypten, Palästina, Griechenland und Stambul — Berlin, 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.27195#0099
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EINE DRITTE FAMILIE

M it dem Paradestück des Museums in der Mitte des
zweiten Saales, den beiden großen Figuren des Raliotep
und seiner Frau Nofret, in erstaunlich bemaltem Kalk-
stein, können wir nicht viel anfangen. Sie stammen aus
der dritten oder dem Anfang der vierten Dynastie und
wirken neu, viel neuer als die andern von uns bewunder-
ten Dinge, die meist etwas später sind. Das Neue ist viel-
sinnig zu deuten. Kein Zweifel an der Echtheit, um Gottes-
willen nicht! Fundort, Hieroglyphen, alles in Ordnung.
Wenn ich dürfte, würde ich sehr gern zweifeln, wenigstens
an der Gültigkeit der Fassung. Da auch das nicht angeht,
muß man einen neuen Typ annehmen, der einen neuen
Laut in das Konzert bringt. Das Sonderbare fängt mit der
Anordnung an. Mann und Frau, ähnlich hergerichtet, im
gleichen Grab gefunden, beide sitzend und in gleicher
Größe, finden getrennt statt. Jeder Teil hat seinen Stein
für sich. Der Mann, ein königlicher Prinz, auffallend pro-
letarisch wie bei uns die Prinzen, in proletarisch gebun-
dener Haltung. Man könnte ihn sich als einen ostelbi-
schen Ägypter denken, der zu einer Hoffestlichkeit in die
Residenz befohlen ist und in Ehrfurcht vor Majestät er-
starrt. Das gibt ihm die Haltung eines Gepäckträgers. Es
liegt an der bis zum Momenthaften getriebenen Wahr-
scheinlichkeit der Plastik und zumal an dem derben,
zigarrenfarbigen Anstrich. Ich sage mit Absicht: Anstrich.

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