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Meier-Graefe, Julius
Die weisse Strasse — Berlin, 1930

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https://doi.org/10.11588/diglit.30357#0146
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Kosaken, neben dem gurgelnden Alten und dem
piepsenden Kind, mit dem Ellbogen des verfluchten
Rentsch im Rücken. Wo mag er stecken? Es war
geradezu schön.

Die verwundeten Gefangenen haben es leichter.
Das Loch im Fleisch schützt sie vor dem anderen.
Sie leben mit ihrer Wunde wie mit einer iaunischen
Geliebten. Heut ist sie schlecht, heißt es. Komm
ihnen nicht zu nahe! Sie haben einen Feuerrand
um sich. Alles, was sich nahen möchte, wird ver-
sengt, Haus, Hof, Frau, Kind. Wenn sie denken,
denken sie an die verfluchte Binde. Heute ist sie
gut. Dann steht es draußen glänzend, und wenn
Divisionen verloren gehen. Mit dem Druck auf dem
Schorf prüfen sie die Widerstandskraft der Fronten.
Das Schlimmste ist überstanden, nun kann es nur
noch besser werden. KeinNapoleon hat den Mut eines
Verwundeten, der mit seiner Binde zufrieden ist.

So ein Gefangener aber, der seine Knochen bei-
sammen hat, ist nur gesund, um sich krank zu
machen.

Natürlich hast du es noch schlimmer. Die Gründe
verdoppeln sich. Ebenso gefangen, nur in einem
raffinierteren Käfig. Mir erscheint es heute schwer
verständlich, wie wir auf den Einfall geraten konnten,
uns das Haus zu bauen. Ganz gleich, wo, und ab-
gesehen von dem Leichtsinn in der Einzelheit. Wie
kann sich unsereines ein Haus bauen ? Warum nicht
gleich eine ganze Stadt ? Warum baue ich mir keins
in Mokrow? — Unheimlich war es uns beiden, wir
gestanden es uns nur nicht ein, um nicht dem anderen
den Spaß zu verderben. Schön, wohnlich war nur

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