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Verfall der Künste trug auch nicht wenig die Notwendigkeit
bei, in welcher sich damals die Häupter der christlichen Kirche
befanden, um den Götzendienst auszurotten, alle Bilder zu zer-
stören, unter welchen auch ohne Ausnahme die schönsten
Statuen begriffen waren. Nicht nur die Götzenbilder, sondern
auch alle die, welche sie Verfertigten, wurden verdammt und
verflucht, und zwar mit solcher fanatischer Wulh, dass es in
der That noch ein Wunder ist, wie so viele schöne Werke
des Alterthums übrig bleiben konnten.
Als später das occidcntalische Kaiserlhum sich von Neuem
bildete, war der Götzendienst schon ausgerottet und das Chri-
stenthum in seinen Weitläufigen Provinzen eingeführt. Man
konnte daher nur wenig an die Künste denken, indem die Un-
wissenheit sich weit verbreitet halte. Ucberdics erstreckte
sich jenes Kaiserthum über barbarische und wilde Nationen,
welche ganz abgesondert waren von dem Umgang mit Ländern
von sanfterem und milderem Clima, in welchen ehemals Künste
und Wissenschaften geblüht hatten; daher wurde auch nicht
das geringste Gute hervorgebracht. Besonders die Bildhauer
legten sich darauf, die Menschen mit solchen lächerlichen
Kleidungen nachzuahmen, welche die Gestalt mehr verbergen
als anziehend machen. Auf diese Weise sind alle Denkmäler,
welche man gothische nennt, ein Charakter, unter dem man
sowohl die deutschen als die angränzenden Nationen begreift.
In diesem unglücklichen Zustande blieben die Künste viele
Jahrhunderte hindurch, ohne sich im Geringsten zu verbessern,
bis sie in Italien und besonders in der Republik Florenz gleich-
sam von Neuem erstanden. Der erste Schritt dazu bestand
im Sammeln von Medaillen und antiken geschnittenen Steinen,
durch deren Nachahmung man die deutsche Barbarei zu ver-
drängen suchte. Ghibertus war der Erste, welcher sich
darin versuchte; da er aber die grossen Statuen nicht sah, so
machte er sich nur durch kleine Arbeiten berühmt. Auf ihn
folgte Donatello, und bald darauf Michel Angelo Buo-
narotti, der sich die Statuen, welche die Medicäer gesam-
melt hatten, zu Nutze machte.
Dieser öffnete die Augen und erkannte, dass die Alten
bei ihren Nachahmungen der Wahrheit eine gewisse Kunst be-
Verfall der Künste trug auch nicht wenig die Notwendigkeit
bei, in welcher sich damals die Häupter der christlichen Kirche
befanden, um den Götzendienst auszurotten, alle Bilder zu zer-
stören, unter welchen auch ohne Ausnahme die schönsten
Statuen begriffen waren. Nicht nur die Götzenbilder, sondern
auch alle die, welche sie Verfertigten, wurden verdammt und
verflucht, und zwar mit solcher fanatischer Wulh, dass es in
der That noch ein Wunder ist, wie so viele schöne Werke
des Alterthums übrig bleiben konnten.
Als später das occidcntalische Kaiserlhum sich von Neuem
bildete, war der Götzendienst schon ausgerottet und das Chri-
stenthum in seinen Weitläufigen Provinzen eingeführt. Man
konnte daher nur wenig an die Künste denken, indem die Un-
wissenheit sich weit verbreitet halte. Ucberdics erstreckte
sich jenes Kaiserthum über barbarische und wilde Nationen,
welche ganz abgesondert waren von dem Umgang mit Ländern
von sanfterem und milderem Clima, in welchen ehemals Künste
und Wissenschaften geblüht hatten; daher wurde auch nicht
das geringste Gute hervorgebracht. Besonders die Bildhauer
legten sich darauf, die Menschen mit solchen lächerlichen
Kleidungen nachzuahmen, welche die Gestalt mehr verbergen
als anziehend machen. Auf diese Weise sind alle Denkmäler,
welche man gothische nennt, ein Charakter, unter dem man
sowohl die deutschen als die angränzenden Nationen begreift.
In diesem unglücklichen Zustande blieben die Künste viele
Jahrhunderte hindurch, ohne sich im Geringsten zu verbessern,
bis sie in Italien und besonders in der Republik Florenz gleich-
sam von Neuem erstanden. Der erste Schritt dazu bestand
im Sammeln von Medaillen und antiken geschnittenen Steinen,
durch deren Nachahmung man die deutsche Barbarei zu ver-
drängen suchte. Ghibertus war der Erste, welcher sich
darin versuchte; da er aber die grossen Statuen nicht sah, so
machte er sich nur durch kleine Arbeiten berühmt. Auf ihn
folgte Donatello, und bald darauf Michel Angelo Buo-
narotti, der sich die Statuen, welche die Medicäer gesam-
melt hatten, zu Nutze machte.
Dieser öffnete die Augen und erkannte, dass die Alten
bei ihren Nachahmungen der Wahrheit eine gewisse Kunst be-