153
abwechselnden Geschmack entspringende Gralzie zwingt uns zu der
Behauptung, dass er der Meister war, der die reizendsten Figuren
der Welt schuf, wenn er auch keine vollkommene Menschen dar-
stellte.
Nach meiner Ansicht hat Correggio allen übrigen Malern im
Helldunkel den Vorrang abgewonnen. Raphael brachte es nie da-
hin, dass er seinen Figuren die Wirkung verleihen konnte, die
ihnen von der Natur gegeben ist, und in diesem Theile verletzte er
also die Wahrheit. Wahrheit ist in der Malerei Alles, was wirklich
besteht, keinem Widerspruche unterliegt und auch von dem Ge-
genstande selbst nicht verschieden ist. Vermöge der Wahrheit
zeigt uns die Natur nie verschiedene Gegenstände mit demselben
Nachdruck; diess begriff Correggio besser, als irgend etwas An-
deres, und deshalb brachte er es auch in diesem Punkte zur Voll-
kommenheit. .
Die verschiedenen Stellungen und Lagen des Körpers erzeu-
gen verschiedene Wirkungen des Lichts. Dieselbe Form bringt
Abwechselung in die zufälligen Lichter und Schatten, denn ein
runder Gegenstand macht einen hellen Punkt und eine Fläche hat
ein ausgebreitetes Licht zur Folge. Hierdurch gelangte Correggio
zur Einsicht, dass man verschiedenen Dingen nicht denselben Nach-
druck und dieselbe Lichtgestalt geben dürfe ; dass die innere Be-
leuchtung eines Gemäldes je nach der Erhellung der Partien durch
die dazwischenkommende Luft verschieden seyn müsste, und dass
die Vermischung des Lichtes und der Finsterniss eine gräuliche
Tinte hervorbringe. Endlich entging ihm auch nicht, dass bestän-
dige Abwechselung unerlässlich sey, deshalb brachte er dieselbe
Stärke weder in Licht noch in Schatten wiederholt zur Anwendung.
Eine weitere, die Schönheit seiner Werke bedeutend erhö-
hende Eigenschaft Correggio's besteht darin, dass er jedem Schat-
ten den mit der Lokalfarbe übereinstimmenden Ton gab. So unter-
scheidet man in seinen Gemälden sehr wohl den Schatten eines
rosenfarbenen Gewandes von dem eines rothen, den Schatten eines
weissen Fleisches von dem eines braunen. Um dem weissen Flei-
sche Kraft zu geben, malte er es nicht ohne Schatten, aber dem
Schatten gab er Wiederscheine. Musste er das Weisse bis zum
höchsten Tone zur Anwendung bringen, so setzte er demselben
eine dunklere Farbe eateeeea, um eine Unterscheidung der Sache
abwechselnden Geschmack entspringende Gralzie zwingt uns zu der
Behauptung, dass er der Meister war, der die reizendsten Figuren
der Welt schuf, wenn er auch keine vollkommene Menschen dar-
stellte.
Nach meiner Ansicht hat Correggio allen übrigen Malern im
Helldunkel den Vorrang abgewonnen. Raphael brachte es nie da-
hin, dass er seinen Figuren die Wirkung verleihen konnte, die
ihnen von der Natur gegeben ist, und in diesem Theile verletzte er
also die Wahrheit. Wahrheit ist in der Malerei Alles, was wirklich
besteht, keinem Widerspruche unterliegt und auch von dem Ge-
genstande selbst nicht verschieden ist. Vermöge der Wahrheit
zeigt uns die Natur nie verschiedene Gegenstände mit demselben
Nachdruck; diess begriff Correggio besser, als irgend etwas An-
deres, und deshalb brachte er es auch in diesem Punkte zur Voll-
kommenheit. .
Die verschiedenen Stellungen und Lagen des Körpers erzeu-
gen verschiedene Wirkungen des Lichts. Dieselbe Form bringt
Abwechselung in die zufälligen Lichter und Schatten, denn ein
runder Gegenstand macht einen hellen Punkt und eine Fläche hat
ein ausgebreitetes Licht zur Folge. Hierdurch gelangte Correggio
zur Einsicht, dass man verschiedenen Dingen nicht denselben Nach-
druck und dieselbe Lichtgestalt geben dürfe ; dass die innere Be-
leuchtung eines Gemäldes je nach der Erhellung der Partien durch
die dazwischenkommende Luft verschieden seyn müsste, und dass
die Vermischung des Lichtes und der Finsterniss eine gräuliche
Tinte hervorbringe. Endlich entging ihm auch nicht, dass bestän-
dige Abwechselung unerlässlich sey, deshalb brachte er dieselbe
Stärke weder in Licht noch in Schatten wiederholt zur Anwendung.
Eine weitere, die Schönheit seiner Werke bedeutend erhö-
hende Eigenschaft Correggio's besteht darin, dass er jedem Schat-
ten den mit der Lokalfarbe übereinstimmenden Ton gab. So unter-
scheidet man in seinen Gemälden sehr wohl den Schatten eines
rosenfarbenen Gewandes von dem eines rothen, den Schatten eines
weissen Fleisches von dem eines braunen. Um dem weissen Flei-
sche Kraft zu geben, malte er es nicht ohne Schatten, aber dem
Schatten gab er Wiederscheine. Musste er das Weisse bis zum
höchsten Tone zur Anwendung bringen, so setzte er demselben
eine dunklere Farbe eateeeea, um eine Unterscheidung der Sache