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Mengs, Anton Raphael; Schilling, Gustav [Hrsg.]
Anton Raphael Mengs' Sämmtliche hinterlassene Schriften (Band 1) — 1843

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https://doi.org/10.11588/diglit.6323#0278
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— 262 —

auch ganz nach dem Inhalt des Raths dieser entschieden wird, so
ist die Befragung unnöthig und unwirksam. Jedenfalls ist es eine
Ungereimtheit, dass diejenigen, welche entscheiden sollten, den
Vortrag machen, und diejenigen entscheiden, welche nur vortragen
sollten. Bei den übrigen Academien votiren und entscheiden die
Professoren ohne Einschränkung in Allem, was zu ihrem Fache ge-
hört, und was das Verdienst der einzelnen Mitglieder und ihre Werke
zum Gegenstand hat; die Fürsten u«d Grossen dagegen masseil
sich dabei nichts weiter an, als die Künste und Künstler zu beschützen
und zu beehren. Diese Protection muss eine wahre und nicht bloss
scheinbare seyn ; die Professoren müssen nach ihrem Verdienst ge-
schätzt und nicht mit Handwerksleuten verwechselt, sondern nur zu
Werken von Wichtigkeit gebraucht werden. Denn wenn der Adel
und die Begüterten eines Staats nicht auf den Gedanken kommen,
Kunstwerke verfertigen zu lassen und dadurch den Geschmack an
Künsten unter der Nation zu verbreiten, so müssen aus Mangel an
Unterstützung diese gänzlich in Verfall gerathen. Wenn der König
allein Künstler braucht, so kann er nur eine kleine Anzahl beschäf-
tigen, und der Geschmack an Künsten wird sich bloss auf seine Per-
son beschränken, alles Uebrige im Reich aber versunken in der
Barbarei bleiben. Es ist schon an einem andern Ort erwähnt wor-
den, dass dieses unter dem König Philipp II. bis auf unsern jetzigen
Fürsten der Fall war, denn obgleich sie Alle die Künste, namentlich
aber die Malerei liebten und beschützten, so hat sich dennoch der
gute Geschmack niemals allgemein über die Nation verbreiten wollen.
Nach dieser Voraussetzung kann man die Academie zu Madrid ent-
weder als eine Academie oder als eine Schule ansehen, oder sie
macht Beides zugleich aus. Mag sie aber auch nur aus einein von
den drei angenommenen Dingen bestehen, immer bleibt es notwen-
dig, dass die Mitglieder, die ihr angehören, die erfahrensten Mei-
ster in den Künsten sind. Als Academisten müssen sie vor Allem im
Stande seyn, die Begriffe der Kunst, aus welchen sich Regeln herlei-
ten lassen, zu erklären ; und wenn Jemand Meister seyn will, so ist es
schlechterdings nothwendig, dass er seine Kunst versteht. Die aca-
demischen Vorträge erläutern der Jugend die Schwierigkeilen der
Kunst, welche sie erlernen will, und die Dilettanten werden da-
durch in den Stand gesetzt, Kunstwerke zugemessen und vernünftig
zu beurtheilen. In Spanien ist es weit nölhiger als anderswo, weil
 
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