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Schematismus der Ostteile und die zweitücmige Westfassade von Muri sind ja nichts anderes
als die hervorstechendsten Merkmale des Grundrisses von Limburg. Eben durch sie erscheint
aber Muri als ein Fremdling in dem Schweizerischen Alemannien, wo der grundverschiedene
querschifflose, in drei gleichliegenden Apsiden schließende Basilikentypus Oberitaliens herrschte.
Es liegt also die merkwürdige Tatsache vor. daß wie St. Aurelius mit Muri, so Muri
mit Limburg die wichtigsten Elemente gemein hat. Wie das letztere Verhältnis sich erklärt,
weiß ich nicht, kommt für unsere Untersuchung auch nicht unmittelbar in Betracht. (Nur
mit allem Vorbehalt sei auf zwei Möglichkeiten hingedeutet. Einmal: Muri gehörte damals
zu Burgund. Auch bei Limburg hat man schon burgundische Anregung vermutet. Sind beide
unabhängig voneinander von Burgund beeinflußt? Andererseits: Einsiedeln und Limburg
hatten gemeinsameBeziehungen zur vorkluniazensischen oberdeutschen Reform. Bei der Gründung
von Limburg war der Reformer Poppo von Stablo beteiligt. Einsiedeln aber stand als ein
Mittelpunkt der Reform mit dem Westen Deutschlands in enger Fühlung.) Wie dem auch
sei, jedenfalls hat Einsiedeln—Muri mit seinem Grundriß etwas wesentlich Neues, das nicht
schon Limburg bot, nicht nach Hirsau gebracht und den rheinischen Grundcharakter des
Aureliusmünsters nicht verändert.
Vom benachbarten Rheinland scheint auch die Anregung zur Einwölbung der Seitenschiffe
von St. Aurelius ausgegangen zu sein. Denn im Rheintal sehen wir zuerst das Interesse
für gewölbte Decken lebendig werden. Dort wurde bald darauf im Kaiserdom zu Speier
das Wagnis, eine ganze Riesenbasilika zu wölben, unternommen und das Elsaß erwies sich
im nächsten Jahrhundert als besonders wölbefreudig. So hoch verflieg man sich in Hirsau
nicht, aber nach dem heutigen Denkmälerbestand liefert St. Aurelius das früheste Beispiel
gewölbter Seitenschiffe in ganz Süddeutschland. Da darf es nicht wundernehmen, wenn der
Baumeister in der Wölbungstechnik noch wenig Geschick an den Tag legte. Während eine
romanische Wölbung als Mittelschiffstütze naturgemäß den Pfeiler fordert, hält er an der
älteren Stützenform der Säule fest und kam damit nicht nur bei der Auflagerung der Quer-
gurten in Schwierigkeiten, die er durch die genannten Konsolen an den Kapitellen kurzer-
hand, aber ästhetisch wenig befriedigend löste, sondern sah sich auch gezwungen, die Säulen
des Gewölbeschubs wegen so auffallend kurz und schwer zu bemessen, wie überhaupt der
ganze Bau niedrige Verhältnisse aufwies. — Von den Konventsbauten des Aureliusklosters
sind nur wenige Grundmauern bekannt.
Abt Wilhelm und die Kluniazenser. Die Hirsauer Satzungen
und die religiöse Bewegung
In den siebziger Jahren des Jahrhunderts geriet Wilhelm ganz in den Bannkreis der
kluniazensischen Reform. Ausgehend von dem 910 gegründeten Kloster Kluni in Burgund
(Clugny) war diese dem Zeitalter ihren Stempel aufdrückende Bewegung zunächst nur darauf
gerichtet, das im 9. Jahrhundert in die allgemeine Zerrüttung mit hineingerissene Mönchs-
und Klosterwesen wiederaufzurichten und zur alten Strenge der Zucht und zu lebendiger
Frömmigkeit zurückzuführen. Aber allmählich setzte sie sich höhere und umfassendere Ziele:
Ausdehnung dec mönchischen Grundsätze auf die Lebensform der gesamten Weltgeistlichkeit,
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