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Meyer, Gustav [Hrsg.]
Lehrbuch der schönen Gartenkunst: mit besonderer Rücksicht auf die praktische Ausführung von Gärten und Parkanlagen — Berlin, 1873

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https://doi.org/10.11588/diglit.19763#0114
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VI. Abschnitt.

A. Ueber Anfertigung des Entwurfes und die technische Ausführung der Anlagen.

a. lieber die Ausarbeitung des Entwurfes.

Untersuchung des Platzes.

Ohne aufmerksame Besichtigung der Lokalität, welche in einen Park
oder Garten verwandelt werden soll, läfst sich ein Entwurf für diese
Umwandlung nicht anfertigen: denn wenn auch die Situation aller Ge-
genstände der Lokalität auf dem Grundplane nocli so genau gegeben sein
sollte, so kann man ohne eine örtliche Besichtigung immer noch nicht
wissen, wie die Gegenstände beschaffen sind, und wie solche zueinander
und zur Umgebung des Platzes sich verhalten. Auf die Kenntnifs des
Verhaltens der Gegenstände zueinander und des daraus entspringenden
Charakters kommt es aber, wie aus dem Vorangehenden hervorgehen
dürfte, vor allen Dingen an, um daraus zu beurtheilen, welcher Ver-
besserungen und Bereicherungen die Lokalität fähig sei. Bei dieser Be-
sichtigung ist der erste Eindruck , den die Lokalität auf uns macht, der
lebhafteste, und darum für den Entwurf der wichtigste; denn der all-
gemeine Charakter und die hauptsächlichsten Vortheile und Mängel des
Platzes treten hierbei am schärfsten hervor, und die specielle weitere
Besichtigung sollte beständig mit Rücksicht auf die in dem ersten
Eindrucke sicli gezeigten Vortheile oder sich blofs gestellten Mängel
stattfinden.

Die specielle Besichtigung mufs womöglich mit dem Situationsplan
in der Hand und unter beständiger Vergleichung desselben mit der Oert-
lichkeit geschehen; lim sich diese mit Hilfe des Planes in ihren beach-
tenswerthen Einzelheiten recht scharf einzuprägen, und die an Ort und
Stelle sich hiernach aufdrängenden Verbesserungen darin andeutungsweise
einzutragen. Um dieses mit einiger Sicherheit zu können, ist es nöthig,
dafs der Plan in einem Mafsstabe von 0,5, höchstens 1,0 Meter auf den
Millimeter, wo alles Einzelne sich noch genau darstellen läfst, angefertigt
sei, und den Grundrifs der vorhandenen Gebäude, Wege, die vorzüg-
licheren Bäume, Gehölze, Wasser, Aecker, Wiesen etc. und genügende
Andeutungen der vorhandenen Bodenformation enthalte.

Zunächst wird man die Riehtungen der Hauptaussichten vom Wohn-
gebäude und den geeignetsten Zug zur Vorfahrt, sowie die vortheilhaf-
testen Verbindungen der Hauptpunkte durch Hauptwege zu ermitteln,
und durch einfache Bleilinien in den Plan zu zeichnen haben; hierauf
sind die nöthigeu Anhaltspunkte für Anordnung der übrigen Wege und
der Pflanzungen in den Plan zu tragen. Man vergesse nicht, mit den
Wegezügen vorzugsweise den interessanteren Zügen des Lokales, dem
Wasser, Thalrändern, Anhöhen, Wiesenrändern und den vorhandenen
Gehölzen oder denjenigen Zügen, welche bei einiger Nachhilfe das
meiste Schöne zu versprechen scheinen, zu folgen und die wichtigsten
Standpunkte in diesen Zügen und die Richtung etwaiger Aussichten zu
bezeichnen.

Man suche ferner die schicklichsten Begrenzungen und den Umfang
des Pleasureground's, des Parks, den Hauptumrifs etwaiger Wasser-
ausgrabungen , die Lage des Küchehgartens, Blumengartens und der
Treibereien unter dem Eindrucke der Lokalität in den allgemeinen Li-
nien festzustellen und in den Plan einzuzeichnen, und gehe hierauf erst,

und möglichst innerhalb einiger Tage, wo alles noch frisch im Gedächtnifs
ist, an die specielle Ausarbeitung des Entwurfes.

Dieser Entwurf wird auf den an Ort und Stelle benutzten Situa-
tionsplau eingezeichnet, sodafs man die alte Situation und die neuen
Abänderungen zugleicii übersehen und vergleichen könne, und die Ueber-
tragung des Entwurfes iu's Freie erleichtert werde.

Auf die Zeichnung des Planes ist keine unnütze Zeit zu verwenden,
denn er kann nur den Zweck haben die Ausdehnung und Form der
Grundfläche der Gegenstände und deren gegenseitige Stellung und Be-
grenzung mit den daraus entspringenden Verhältnissen und Beziehungen
derselben zu einander, nicht aber auf'serdem noch mehr zu geben. Jedoch
ist darauf zu rücksichtigen, dafs das Auge durch die Art der Ausführung
des Planes auch nicht beleidigt werde, oder dafs einzelne Gegenstände
vor den übrigen durch übles Colorit oder sonstige ungeschickte Behand-
lung schreiend hervortreten und das ruhige Abwägen der Verhältnisse
und das Vertiefen in den Plan stören.

Vorarbeiten für die Was s erau sgr ab un g eil.
Für den Entwurf der Wasserausgrabungen macht sich, wenn das
Terrain in Höhen und Tiefungen abwechselt, eine für diesen Zweck be-
stimmte , besondere Aufnahme des Terrains nöthig, welche in den all-
gemeinen Situationsplau einzuzeichnen ist; handelt es sich ausserdem noch
um eine genaue Berechnung der auszugrabenden Erde und um eine vor-
herige Berechnung der Kosten der Ausgrabung, so ist von dieser Auf-
nahme noch eine besondere Zeichnung anzufertigen. Es kommt hierbei
darauf an, die tiefste Stelle des Terrains zu ermitteln und eine über-
sichtliche Darstellung der sich anschliefsenden Terrainformen zu gewin-
nen, um die passendste Form der Wasserfläche und deren am wenigsten
kostspielige Herstellung leicht aufzufinden. Das Verfahren hierbei ist
folgendes :

Nachdem man dem Augenmafse nach durch die tiefste Stelle oder
fortlaufende Vertiefung des Terrains, jenachdem die Ausgrabung eines
Baches oder Sees, oder beides zugleich beabsichtigt wird, eine Linie
(AB Taf. XXI) gelegt, und diese durch Pfähle von 20 zu 20 Meter (oder
auch in kürzeren oder weiteren gleichen Distanzen) genauer bezeichnet,
und sodann durch diese Punkte unter sich parallele Querlinien [AB, CD etc.),
welche etwas weiter reichen müssen als die Ausgrabung und Uferbildung
der Oertlichkeit nach sich erstrecken dürften, gelegt, und mit kürzeren
Stäben bezeichnet hat, nivellirt man diese Linien, mifst sie hierauf auf
und zeichnet sie in den Situationsplan an der betreffenden Stelle ein, und
trägt die Profile, welche selbstverständlich alle auf ein und dieselbe Ho-
rizontale gebracht sein müssen, daran an, indem man diese Linien zu-
gleich als Horizontalen benutzt. (Man sehe Taf. XXI, Profil Ali, CD u. s. w.)

Es hängt nun zur Bestimmung der allgemeinen Form des Wasser-
spiegels aus diesem Nivellement davon ab, ob — wie es in tieferen
Lagen meist der Fall ist — das Grundwasser den Wasserspiegel bilden
soll, oder ob ein Bach zufliessen und das } asser in der Tiefung auf-
gestauet werden soll.

Im ersteren Falle mufs der Grundwasserstand durch Nachgrabung
ermittelt und in jedem Profile durch eine blaue Linie entsprechend be-
 
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