2 Giovanni Francesco Barbieri.
Ludovisi, dem damaligen Erzbischof von Bo-
logna (späteren Papst Gregor XV.) angekauft.
In demselben Jahre (1615) begann er in der Casa
Pannini (dann Chiaretti, später Diana) in Cento
gemeinschaftlich mit seinem Schüler Lorenzo
Gennari (aus Rimini) eine umfängliche Arbeit,
die Ausführung von Fresken , die, in verschie-
dene Gemächer vertheilt, Aeneas und Anchises,
Curtius, Venus und Amor, Mars, Phöbus und
Diana darstellen und im Vergleich mit den
bisher genannten Bildern einen mehr natura-
listischen Charakter zeigen, ähnlich, wie ver-
schiedene bald nachher entstandene Werke, die
in dieser Hinsicht und namentlich auch in der
Art der Licht- und Schattenbehandlung an Ca-
ravaggio erinnern: ein Gemälde (die Madonna
mit dem Kind, verehrt vom Stifter des Bildes,
nebst den hh. Augustin, Franziskus und Ludwig
von Frankreich), das er für die Kirche S. Agostino
in Cento, ein andres (der hl. Petrus), das er
für den Dom daselbst, und ein drittes (die Er-
weckung derTabita), das er in Bologna im Auf-
trag des Kardinals Ludovisi ausführte. (Das
erstere j etzt im Museum zu B r ü s s e 1, das zweite
in der Pinakothek von Cento, das dritte im
Pal. Pitti zu Florenz.)
Um 1617 gründete B. eine Akademie in Cento,
die bald lebhaft besucht wurde, und entwarf
auf Anregung Mirandola’s eine Anzahl Zeich-
nungsvorlagen für seine Schüler, die von Oli-
viero Gatti gestochen und unter dem Titel:
»Primi elementi per introdurre i giovani al di-
segno« 1619 veröffentlicht und dem Herzog Fer-
dinande Gonzaga von Mantua gewidmet wur-
den. Ein Gemälde, das er im Auftrag des Letz-
teren ausführte (»Erminia« nach Tasso), brachte
er selbst dem Herzog nach Mantua, der ihn zum
Cavaliere ernannte. Kurz zuvor hatte er eine
Reise nach Venedig unternommen, wo er zu
Palma dem jüngeren in nahe Beziehung trat.
Einflüsse der venezianischen Malerei wurden in
seinen späteren Bildern mehrfach ersichtlich.
Unter den Aufträgen, die ihm jetzt immer zahl-
reicher zugingen, waren die des Kardinals Ja-
copo Serra besonders umfänglich, der ihn nach
Ferrara berief und ihn (1620) mit dem Titel
eines Cavaliere dell’Aurata Milizia beschenkte.
Bald darauf malte B. für die Kirche S. Gregorio
in Bologna die Einkleidung des hl. Wilhelm von
Aquitanien, ein Hauptwerk dieser ersten Periode
(jetzt in der Pinakothek zu Bologna) und für
die Kirche S. Pietro in Cento den hl. Franziskus,
der durch die Musik eines Engels in Ekstase
versetzt wird (jetzt im Louvre zu Paris).
Eine neue Periode seiner künstlerischen Thä-
tigkeit begann mit dem J. 1621, wo er vom Papst
Gregor XV. (Kardinal Ludovisi) bald nach des-
sen Thronbesteigung nach Rom berufen wurde.
Passeri (s. d. Lit.) berichtet irrtümlicherweise,
B. sei schon früher nach Rom gekommen und
habe daselbst mit Caravaggio in freundschaft-
lichem Verkehr gestanden. Letzterer starb 1609,
zu welcher Zeit B., 18 Jahre alt, in Cento bei
Gennari arbeitete. Zu dem, was in den Bildern
seiner ersten Periode der Richtung Caravaggio’s
ähnlich ist, gelangte er, wie man annehmen
muss, entweder auf ganz selbständigem Wege
oder doch, ohne vom Stil Caravaggio’s unmittel-
bar beeinflusst zu sein; denn aller Wahrschein-
lichkeit nach lernte er Werke desselben erst
jetzt (1621) in Rom aus eigener Anschauung
kennen. Unter dem Einfluss derselben (s. den
Art. Amerigi) steigerte sich die Kraft seines
Kolorits, während sich zugleich bei den Bildern
dieser zweiten Epoche die Einwirkungen seiner
venezianischen Studien, namentlich in der grös-
seren Klarheit des Helldunkels, wahrnehmen
lassen.
Nachdem er das Bildniss Gregor’s XV. ge-
malt, erhielt er von diesem den Auftrag, mehrere
Räume in der Villa Ludovisi, die den Nepoten
des Papstes gehörte, mit Fresken zu schmücken.
Von den beiden Deckengemälden, die er im Ca-
sino daselbst ausführte, stellt das eine, im oberen
Stockwerk befindliche, dieFamadar, das andere,
im Erdgeschoss, das für sein Meisterwerk in der
Fresko-Technik gilt, Aurora auf einem von
Rossen gezogenen Wagen, umgeben von blumen-
streuenden Genien, hinter ihr Titon auf seinem
Lager, vor ihr nach unten eine fliehende weibliche
Gestalt, die Nacht; beide Bilder sind von vor-
züglich kraftvoller Färbung. In einem dritten
Freskogemälde in demselben Casino versuchte
sich B., mit Paul Bril und Domenichino konkur-
rirend, auf dem Gebiet der Landschaftsmalerei,
jedoch ohne besonders bemerkenswerthen Er-
folg; in späteren Arbeiten, Gemälden und Zeich-
nungen, erscheint er auf diesem Gebiete bedeu-
tender und erhebt sich zuweilen zu einer ge-
wissen Grossartigkeit der Auffassung.
Das bedeutendste Bild, das er während seines
Aufenthaltes in Rom, gleichfalls im Auftrage des
Papstes Gregor XV., malte, ein Hauptwerk
seiner zweiten Manier, ist das Begräbniss der
hl. Petronilla (ursprünglich aufgestellt an einem
Altar der Peterskirche, jetzt in der Galerie des
Kapitols zu Rom). Der Leichnam der Heiligen
ist von der Bahre genommen; ein Mann, knieend
und in starker Verkürzung zurückgebeugt, lässt,
von einem zweiten unterstützt, den Körper lang-
sam in das Grab sinken, in welches ein dritter
hinabgestiegen ist, um ihn mit den ausgestreck-
ten Händen aufzunehmen. Im oberen Theil des
Bildes erscheint die Heilige in einer Glorie
knieend vor Christus. Die Energie der Farbe
(»il tuono terribile del colorito« nach Calvi) und
der naturalistische Charakter mancher Köpfe
lassen Einwirkungen Caravaggio’s erkennen.
Das Gemälde wurde in der Peterskirche unter
Clemens XL durch eine Nachbildung in Mosaik
ersetzt, ausgeführt von P. P. Cristofari. — Für
die Kirche S. Grisogono in Trastevere zu Rom
malte B., im Auftrag des Kardinals Scipio Bor-
ghese die Aufnahme des hl. Chrysogonus in den
Ludovisi, dem damaligen Erzbischof von Bo-
logna (späteren Papst Gregor XV.) angekauft.
In demselben Jahre (1615) begann er in der Casa
Pannini (dann Chiaretti, später Diana) in Cento
gemeinschaftlich mit seinem Schüler Lorenzo
Gennari (aus Rimini) eine umfängliche Arbeit,
die Ausführung von Fresken , die, in verschie-
dene Gemächer vertheilt, Aeneas und Anchises,
Curtius, Venus und Amor, Mars, Phöbus und
Diana darstellen und im Vergleich mit den
bisher genannten Bildern einen mehr natura-
listischen Charakter zeigen, ähnlich, wie ver-
schiedene bald nachher entstandene Werke, die
in dieser Hinsicht und namentlich auch in der
Art der Licht- und Schattenbehandlung an Ca-
ravaggio erinnern: ein Gemälde (die Madonna
mit dem Kind, verehrt vom Stifter des Bildes,
nebst den hh. Augustin, Franziskus und Ludwig
von Frankreich), das er für die Kirche S. Agostino
in Cento, ein andres (der hl. Petrus), das er
für den Dom daselbst, und ein drittes (die Er-
weckung derTabita), das er in Bologna im Auf-
trag des Kardinals Ludovisi ausführte. (Das
erstere j etzt im Museum zu B r ü s s e 1, das zweite
in der Pinakothek von Cento, das dritte im
Pal. Pitti zu Florenz.)
Um 1617 gründete B. eine Akademie in Cento,
die bald lebhaft besucht wurde, und entwarf
auf Anregung Mirandola’s eine Anzahl Zeich-
nungsvorlagen für seine Schüler, die von Oli-
viero Gatti gestochen und unter dem Titel:
»Primi elementi per introdurre i giovani al di-
segno« 1619 veröffentlicht und dem Herzog Fer-
dinande Gonzaga von Mantua gewidmet wur-
den. Ein Gemälde, das er im Auftrag des Letz-
teren ausführte (»Erminia« nach Tasso), brachte
er selbst dem Herzog nach Mantua, der ihn zum
Cavaliere ernannte. Kurz zuvor hatte er eine
Reise nach Venedig unternommen, wo er zu
Palma dem jüngeren in nahe Beziehung trat.
Einflüsse der venezianischen Malerei wurden in
seinen späteren Bildern mehrfach ersichtlich.
Unter den Aufträgen, die ihm jetzt immer zahl-
reicher zugingen, waren die des Kardinals Ja-
copo Serra besonders umfänglich, der ihn nach
Ferrara berief und ihn (1620) mit dem Titel
eines Cavaliere dell’Aurata Milizia beschenkte.
Bald darauf malte B. für die Kirche S. Gregorio
in Bologna die Einkleidung des hl. Wilhelm von
Aquitanien, ein Hauptwerk dieser ersten Periode
(jetzt in der Pinakothek zu Bologna) und für
die Kirche S. Pietro in Cento den hl. Franziskus,
der durch die Musik eines Engels in Ekstase
versetzt wird (jetzt im Louvre zu Paris).
Eine neue Periode seiner künstlerischen Thä-
tigkeit begann mit dem J. 1621, wo er vom Papst
Gregor XV. (Kardinal Ludovisi) bald nach des-
sen Thronbesteigung nach Rom berufen wurde.
Passeri (s. d. Lit.) berichtet irrtümlicherweise,
B. sei schon früher nach Rom gekommen und
habe daselbst mit Caravaggio in freundschaft-
lichem Verkehr gestanden. Letzterer starb 1609,
zu welcher Zeit B., 18 Jahre alt, in Cento bei
Gennari arbeitete. Zu dem, was in den Bildern
seiner ersten Periode der Richtung Caravaggio’s
ähnlich ist, gelangte er, wie man annehmen
muss, entweder auf ganz selbständigem Wege
oder doch, ohne vom Stil Caravaggio’s unmittel-
bar beeinflusst zu sein; denn aller Wahrschein-
lichkeit nach lernte er Werke desselben erst
jetzt (1621) in Rom aus eigener Anschauung
kennen. Unter dem Einfluss derselben (s. den
Art. Amerigi) steigerte sich die Kraft seines
Kolorits, während sich zugleich bei den Bildern
dieser zweiten Epoche die Einwirkungen seiner
venezianischen Studien, namentlich in der grös-
seren Klarheit des Helldunkels, wahrnehmen
lassen.
Nachdem er das Bildniss Gregor’s XV. ge-
malt, erhielt er von diesem den Auftrag, mehrere
Räume in der Villa Ludovisi, die den Nepoten
des Papstes gehörte, mit Fresken zu schmücken.
Von den beiden Deckengemälden, die er im Ca-
sino daselbst ausführte, stellt das eine, im oberen
Stockwerk befindliche, dieFamadar, das andere,
im Erdgeschoss, das für sein Meisterwerk in der
Fresko-Technik gilt, Aurora auf einem von
Rossen gezogenen Wagen, umgeben von blumen-
streuenden Genien, hinter ihr Titon auf seinem
Lager, vor ihr nach unten eine fliehende weibliche
Gestalt, die Nacht; beide Bilder sind von vor-
züglich kraftvoller Färbung. In einem dritten
Freskogemälde in demselben Casino versuchte
sich B., mit Paul Bril und Domenichino konkur-
rirend, auf dem Gebiet der Landschaftsmalerei,
jedoch ohne besonders bemerkenswerthen Er-
folg; in späteren Arbeiten, Gemälden und Zeich-
nungen, erscheint er auf diesem Gebiete bedeu-
tender und erhebt sich zuweilen zu einer ge-
wissen Grossartigkeit der Auffassung.
Das bedeutendste Bild, das er während seines
Aufenthaltes in Rom, gleichfalls im Auftrage des
Papstes Gregor XV., malte, ein Hauptwerk
seiner zweiten Manier, ist das Begräbniss der
hl. Petronilla (ursprünglich aufgestellt an einem
Altar der Peterskirche, jetzt in der Galerie des
Kapitols zu Rom). Der Leichnam der Heiligen
ist von der Bahre genommen; ein Mann, knieend
und in starker Verkürzung zurückgebeugt, lässt,
von einem zweiten unterstützt, den Körper lang-
sam in das Grab sinken, in welches ein dritter
hinabgestiegen ist, um ihn mit den ausgestreck-
ten Händen aufzunehmen. Im oberen Theil des
Bildes erscheint die Heilige in einer Glorie
knieend vor Christus. Die Energie der Farbe
(»il tuono terribile del colorito« nach Calvi) und
der naturalistische Charakter mancher Köpfe
lassen Einwirkungen Caravaggio’s erkennen.
Das Gemälde wurde in der Peterskirche unter
Clemens XL durch eine Nachbildung in Mosaik
ersetzt, ausgeführt von P. P. Cristofari. — Für
die Kirche S. Grisogono in Trastevere zu Rom
malte B., im Auftrag des Kardinals Scipio Bor-
ghese die Aufnahme des hl. Chrysogonus in den