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Meyer-Schwartau, Wilhelm
Der Dom zu Speier und verwandte Bauten: (die Dome zu Mainz und Worms, die Abteikirchen zu Limburg a. Hardt, Hersfeld und Kauffungen etc.) — Berlin, 1893

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https://doi.org/10.11588/diglit.21773#0131
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Der Dom zu Speier

hältnissen zu gewinnen84), so wird diese Annahme zur
Gewissheit durch die Anlage eines Strebepfeilers
in Verlängerung der Westwand, da diese Wand allein
zufolge der anschliessenden Emmerams- und Catha-
rinen-Capelle nicht wie bei den anderen Wänden durch
einfache Vergrösserung der Wanddicke verstärkt wer-
den konnte.

Die vorstehenden Untersuchungen des Aeusseren
haben weiter die aus der Verschiedenheit der Gewölb-
träger im Innern hergeleitete Annahme bestätigt, nach
welcher die Schiff und Querhaus trennende Wand einer
besonderen, der IL Bauzeit der Querhalle angehört
(siehe S. 114), also jünger ist als die Ostthürme und
älter als die Aussenwände der Querhalle. Hierfür
ist ein weiterer Beweis, dass im Querschiff die Basis
der % Ecksäulen an den Triumphbogenpfeilern nur
mit dem oberen Wulst ihrer Gliederung aus dem
Fussbodenbelag tritt, somit erheblich tiefer liegt, als
der Sockel an der S.- und N.-Wand des Quer-
schiffes.

Betrachten wir nun die Schiff und Quer-
schiff trennende Wand näher (Taf. II und Fig. 36
S. 95), so fällt es auf, dass die Vorlagen der Vierungs-
pfeiler , welche den Triumphbogen tragen, abgesehen
von den Stahl'sehen Verstärkungen schwächer sind
als die Vorlagen der Gurte, welche die Seiten-
schiffe von den Querschiffen trennen. Die ersteren
waren ca. 1,75 m stark, die letzteren sind 40 cm
breiter. Um dasselbe Maass ist nun auch auffallen-
der Weise das erste an das Querschiff stossende
Gewölbfeld der Seitenschiffe schmäler als die übrigen
Felder, während im Mittelschiff eine entsprechende
Ungleichheit nicht vorhanden ist.

Die geringere Breite nun der an das Querschiff
jederseits unmittelbar grenzenden Seitenschiffgewölbe
ist ein Beweis für die Richtigkeit der weiter unten
aus anderen Gründen hergeleiteten Annahme, dass
die gewölbtragenden Pfeilervorlagen den Seitenschiff-
mauern nachträglich hinzugefügt sind. Bei dem nach-
träglichen Aufführen der Eckvorlagen zunächst der
Querschiffwand war es nämlich in mancher Beziehung
und besonders mit Rücksicht auf die Wölbung be-
quem, den Pfeilerkörper, welchem die Wandsäulen
vorgelegt sind, winklig anzuordnen (Fig. 36 S. 95
bei x).

Auf diese Weise erhielten die Seitenschiff und
Querschiff trennenden Gurte die grössere Stärke und
die entsprechenden Seitenschiffgewölbe eine geringere
Spannweite als die übrigen Gewölbe.

Es ist aus dem Vorstehenden weiter zu folgern,

84) Hübsch, Die Altchristlichen Kirchen S. 111 meint, dass die
Querschiffsmauern vielleicht nur verstärkt wurden, „um die kleinen
Kapellen für die vielen Nebenaltäre anbringen zu können".

und seine Anbauten. ^ j 7

dass die Westwand des nördlichen Querschiffes, im
unteren Theil wenigstens, dem ursprünglichen Bau
angehört.

Wie weit endlich die Triumphbogenpfeiler Theile
des ursprünglichen Baues enthalten, oder ob sie ge-
legentlich der Querschiffwölbung ganz von Grund neu
aufgeführt wurden, ist zur Zeit nicht zu entscheiden.
In Fig. 36 S. 95 sind hiernach auf der linken Seite
die vom ursprünglichen Bau erhaltenen Theile durch
Kreuzschraffirung gekennzeichnet.

Für die Zeitfrage ist es nicht unwesentlich, dass
über den Gewölben des südlichen Seitenschiffes in der
Querschiffwand unterhalb des dort befindlichen, mit
der anstossenden Mittelschiffwand gleichzeitigen Restes
aus rothen Quadern Tuffsteine, dem rothen Sand-
stein-Bruchsteinmauerwerk untermischt sind.

4. Zusammenfassung' der Untersuchungs-
ergebnisse.

Die Untersuchungen des Baues liefern also fol-
gendes Ergebniss.

Das Querschiff, welches gleichzeitig mit den 0.-
Thürmen aufgeführt wurde und der ursprünglichen
Bauanlage angehörte, weist keine Bauglieder auf,
welche auf eine Ueberspannung mit Kreuzgewölben
hindeuten. Vermuthlich war eine Balkendecke vor-
handen. Die Wände waren ähnlich wie in Limburg
durch flache Wandpfeiler belebt, welche durch Rund-
bogenfriese oder Halbkreise verbunden wurden. Er-
halten sind von dieser ursprünglichen Querschiffanlage
die Thurmwände und die unteren Theile der West-
wand des nördlichen Querschiffes, vielleicht die nörd-
liche Concha und die Wand im Bereich der Catha-
rinencapelle.

Im Zusammenhang mit dem Bau der Schiffswand
und der westlichen Vierungspfeiler erhielten die Quer-
schiffe ungerippte Kreuzgewölbe. Abgesehen von den
älteren Theilen ist von dieser Bauunternehmuno- sicher
nachweisbar allein erhalten die Querschiff und Schiff
trennende Wand. Zufolge unbekannter Ursachen, ver-
muthlich geringer Stich der Gewölbe, ungenügende
Widerlager, Gefährdungen oder Setzungen der Funda-
mente und Brandschäden ging die Anlage zu Grunde.

Ein Umbau, der ausschliesslich der Schiffswand
und der Thurmwände sich auf alle Umfassungsmauern
erstreckte und seinem Umfange nach einem Neubau
nahe kam, beschaffte durch Verstärkung der Wände
ausreichende Widerlager für das neue Gewölbe, wel-
ches als geripptes Kreuzgewölbe geplant und ausge-
führt wurde.

Diesem Umbau gehört an: Die Ummantelung der
Kryptamauern, die ganze Südwand mit den Eckvor-
 
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