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Schneidmüller, Bernd [Hrsg.]; Weinfurter, Stefan [Hrsg.]; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Otto III. - Heinrich II.: eine Wende? — Mittelalter-Forschungen, Band 1: Sigmaringen, 1997

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Hehl, Ernst-Dieter: Herrscher, Kirche und Kirchenrecht im spätottonischen Reich
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https://doi.org/10.11588/diglit.25411#0186
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Ernst-Dieter Hehi

seiner Regierung mit dem Gandersheimer Problem. Offensichtlich waren derartige
Verwerfungen in der Kirche des Reiches nur schwer zu beseitigen.
Dabei war doch gerade für kirchliche Streitfälle mit dem Mainzer Erzbischof
ein Ordnungsfaktor etabliert. Denn Willigis besaß seit 975 ein päpstliches Vikariats-
privileg, das ihm mit der Veranstaltung von Synoden eine Handhabe bot, Konflikt-
fälle in der Kirche der Gnlü'a und Gcnnamh zu beenden. Hier konnte sich der Main-
zer Erzbischof als zweiter Mann nach dem Papst - posf sn77i77ii CMÜ7ien ponüyici's -
fühlen. In sämtlichen kirchlichen Angelegenheiten sollte er nämlich allen übrigen
Erzbischöfen und Bischöfen voranstehen, so wie oder weil es die apostolische
Autorität verfügte und sicher anordneteE
Seinem nzconüs Willigis teilte so auch 997 Papst Gregor V. brieflich die Be-
schlüsse einer Paveser Synode mit, auf der er und die Synodalen kirchenpolitische
Streitfälle besprochen hätten, und bat um Hilfe bei der Durchsetzung der Beschlüs-
se E Das Schreiben hat einen weiten Horizont. Es vermeldet, daß die französischen
Bischöfe der Synode ferngeblieben seien, wo sie sich für die Absetzung des Reimser
Erzbischofs Arnulf hätten verantworten sollen. Die Ehe des französischen Königs
Robert wird verurteilt und ebenso die Vertreibung des Erzbischofs von Neapel
durch einen Invasor. Gregor deutet auch seine schwierige Situation in Rom an, in-
dem er Vorbereitungen zu einer Papstwahl zu Lebzeiten des Amtsinhabers und ge-
nerell simonistische Praktiken verbietet. Konkret wird er, indem er Erzbischof
Giselher von Magdeburg auffordert, sich an Weihnachten einer römischen Synode
zu stellen, um sich dort wegen seines Übertritts von der Bischofswürde des 981 auf-
gelösten Merseburg auf den Magdeburger Erzbischofsstuhl zu rechtfertigen. Dieser
Übertritt ist bereits eindeutig gekennzeichnet. Denn Giselher erhält seine ursprüng-
liche Amtsbezeichnung cpz'scopiis, sein Wechsel nach Magdeburg bedeutet ein coüfrt!
ctmcncs erfolgtes Verlassen des angestammten Sitzes und die Invasio eines anderen.
Abschließend berichtet der Papst von dem römischen Aufstand des Crescentius
gegen die päpstliche Autorität und meldet dessen Exkommunikation.
Die vermeintliche Bitte um Hilfe entpuppt sich jedoch als eine Anweisung,
die keinerlei Spielräume läßt. Der Papst und seine Synodalen bitten nicht, sie ord-
nen an und verlangen die Durchsetzung von Entscheidungen, die im Kirchen-
recht begründet sind. Eine scheinbar falsche Lesung vermag das zu verdeutli-
chen. Bei der Verurteilung der französischen Bischöfe, weil sie vor seiner Synode
nicht erschienen seien, verweist Gregor auf (pseudoisidorische) Dekretalen Papst

4 HARALD ZiMMERMANN, Papsturkunden 896-1046, 3 Bde. (Österreichische Akademie der Wissen-
schaften. Philosophisch-historische Klasse, Denkschriften 174,177,198), Wien 1988-89 (Bd. 1 und 2
in 2. Aufl.), hier Bd. 1, Nr. 237, S. 471 ff. Regest: PHILIPPUS JAFFE, Regesta pontificum Romanorum
ab condita ecclesia ad annum post Christum natum MCXCVIII. Editionem secundam correctam
et auctam auspiciis GULIELM! WATTENBACH curaverunt S. LÖWENFELD, F. KALTENBRUNNER, P. EWALD
(künftig zitiert als JL, JK bzw. JE mit Regestennummer), Bd. 1, Leipzig 1885, Nr. 3784. Siehe das
Zitat unten bei Anm. 28 (dort auch zur Textgestalt).
5 JL (wie Anm. 4) 3876; ZiMMERMANN, Papsturkunden (wie Anm. 4), Bd. 2, Nr. 341, S. 664 ff.; MGH
Constitutiones et acta publica imperatorum 1, ed. LUDWIG WEILAND, Hannover 1893, Nr. 381,
S. 536 f. Zu den Synoden jetzt grundlegend HEINZ WOLTER, Die Synoden im Reichsgebiet und in
Reichsitalien von 916 bis 1056, Paderborn 1988, hier S. 151 ff. - Zur Textgestalt der Mitteilung
siehe auch unten bei Anm. 7 ff.
 
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