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Schneidmüller, Bernd [Hrsg.]; Weinfurter, Stefan [Hrsg.]; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Otto III. - Heinrich II.: eine Wende? — Mittelalter-Forschungen, Band 1: Sigmaringen, 1997

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Weinfurter, Stefan: Otto III. und Heinrich II. im Vergleich. Ein Resümee
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https://doi.org/10.11588/diglit.25411#0404
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Stefan Weinfurter

geschart hatte. Wenige Wochen später, bei der feierlichen Bestattung des toten Kai-
sers in Aachen, wiederholten diese Männer ihre Ablehnung, wobei sie die Ansicht
vertraten, Heinrich sei aus vielerlei Gründen nicht geeignet für das Königtum:
HAnn'cMm tncttcienfcs ad doc non cssg idongaw propfgr tnzdfas cansarum (jMaEHUsT
Die Quellen sagen nichts darüber aus, welcher Art genau die Vorbehalte wa-
ren, die man gegen Heinrich vorbrachte b Aber sie müssen schwerwiegend und
grundsätzlicher Art gewesen sein. Sie müssen vor allen Dingen den Vorstellungen
der engsten Mitarbeiter Ottos III. zutiefst entgegengestanden haben. Heinrich, so
schien es ihnen offenbar, würde das Königtum nicht in gleicher Weise, oder anders
gesagt: nicht in ihrem Sinne fortsetzen. Aber was bedeutete das? Waren es körperli-
che Unzulänglichkeiten, die ihn als untauglich erscheinen ließen U War es die neue,
vorwiegend aus Bayern kommende Gruppe der Helfer und Mitarbeiter, die er in
die Königsebene einbringen würde und die das bisherige Kräftegleichgewicht
stören, wenn nicht zerstören konntes? War es die Art seiner Herrschaftsführung,
die er in seiner Herzogsherrschaft praktizierte und die eine ungewöhnlich rigorose
Befehlsautorität erkennen liefU? Oder war es sein Herrschaftsverständnis selbst,
die Autoritätsbegründung, die man von ihm erwarten konnte und die auf Struktur-
wandel im Regelsystem des Reiches zielte?
Zunächst möchte ich an das bedenkenswerte Wort von Bernd Schneidmüller
anknüpfen: Heinrich II. hätte die Thematik unserer Tagung sicherlich gar nicht ver-
stehen können^. Es ist ja in der Tat auffällig, mit welcher Stetigkeit er von Beginn
an immer wieder die Kontinuität zu seinem Vorgänger betonte. Dies könnte fast
den Eindruck erwecken, als wollte er gerade entsprechende Vorbehalte seiner Geg-
ner aus dem Weg räumen - aber das wären wohl schon wieder zu moderne Denk-
muster. In seinem berühmten Diplom 34 vom 15. Januar 1003, das, wie es scheint,
auf sein eigenes Diktat zurückgeht und in dem er die Legitimation seines König-

5 Thietmar, Chronik (wie Anm. 2), lib. IV, cap. 54 (S. 192): Maxime pars proceram, ^ai 7ms iaferfaeraaf
exeaaiis, Hen'mamio <faci aaxiiiam proaa'ffaaf a4 regwam aoyairgWam et taeWam, Heiaricam meii-
cieates ad 7ioc aoa esse idoaeam propter maifas caasaram ^aaiifafes.
6 Daß sich die Vorbehalte offenbar nicht auf den Hochadel beschränkten, zeigt die Überlieferung
des Spottverses auf Heinrichs Vater, Heinrich den Zänker: Deo aoieafe uoiaif dax Heiaricas regaare
(ebd. lib. V, cap. 2, S. 222).
7 Spielte die Frage der Kinderlosigkeit schon eine Rolle?
8 Solche Leute seiner persönlichen Umgebung aus Bayern, die mit Heinrich II. dann aufstiegen,
waren etwa Egilbert (der Kanzler wurde - zu ihm jetzt DORIS HAGEN, Herrschaftsbildung zwi-
schen Königtum und Adel. Die Bischöfe von Freising in salischer und frühstaufischer Zeit [Eu-
ropäische Hochschulschriften, Reihe III. Bd. 634], Frankfurt a. M./Berlin/Bern/New York/Pa-
ris/Wien 1995, S. 13 ff.) -, dessen Bruder Heinrich (der als Truchseß fungierte), der Kapellan Ta-
gino aus Regensburg (einer der wichtigsten Vertrauensmänner und schließlich Erzbischof von
Magdeburg), der Kapellan Helmiger (ein Vertrauensmann für politische Gesandtschaften), und
eine Reihe anderer, die vor allem auf Bischofsstühle kamen (Aribo von Mainz, Pilgrim von Köln,
Godehard von Hildesheim, Poppo von Trier).
9 STEFAN WEINFURTER, Die Zentralisierung der Herrschaftsgewalt im Reich durch Kaiser Hein-
rich II., in: Historisches Jahrbuch 106,1986, S. 241-297.
10 BERND SCHNEIDMÜLLER, Otto 111. - Heinrich II.: Wende der Königsherrschaft oder Wende der
Mediaevistik? siehe oben, S. 9; auch DERS., Reich - Volk - Nation: Die Entstehung des deutschen
Reiches und der deutschen Nation im Mittelalter, in: Mittelalterliche nationes - neuzeitliche
Nationen. Probleme der Nationenbildung in Europa, hg. von ALMUT BuEs/REX REXHEUSER, Wies-
baden 1995, S. 73-101, hier S. 94.
 
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