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Möhring, Hannes; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Der Weltkaiser der Endzeit: Entstehung, Wandel und Wirkung einer tausendjährigen Weissagung — Mittelalter-Forschungen, Band 3: Stuttgart, 2000

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https://doi.org/10.11588/diglit.29153#0302
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des Schönen keinerlei Einfluß besaßt. In dem zweiten, für Philipp bestimmten Teil
seines um 1306 verfaßten Werkes De recMperah'one Terre Sarzcfe führt Dubois seinem
König die mögliche Zukunft der französischen Monarchie vor Augen: Er tritt dafür
ein, den Sitz des Papsttums nach Frankreich zu verlegen und unter den Kardinälen
für eine Mehrheit der Franzosen zu sorgen. Außerdem fordert er für Karl von Valois
die Kaiserkrone von Konstantinopel und für die Anjou in Unteritalien die Königs-
krone von Jerusalem. Nach der Eroberung des Eleiligen Landes soll Karl von Valois
auch die Kaiserwürde des Westens zufallen, der König von Frankreich dabei aber
die Flerrschaft über Teile des linken Rheinufers und Oberitaliens erhalten^.
Im Unterschied zu Karl von Anjou scheinen mit Karl von Valois (+ 1325) und
mit Karl IV. (+ 1328), der nach Jahrhunderten als erster französischer König wieder
den Namen Karl trug, keine besonderen Weissagungen verbunden worden zu sein.
Dies gilt offenbar auch für Karl V., den ersten Valois dieses Namens auf dem franzö-
sischen Thron, der durchaus den Vergleich mit Karl dem Großen suchtet
Nach seinem Tod (16. September 1380) jedoch entstand in Anlehnung an das
Constans-Vaticinium eine Weissagung, die mit Sicherheit im Juli 1382 öffentlich be-
kannt waW und sich auf den am 3. Dezember 1368 geborenen und am 4. November
1380 gekrönten Karl VI. bezog, den ersten französischen König, der einen Vater na-
mens Karl hatte. In dieser Weissagung heißt es^: Karl, der Sohn eines Karl, aus der
hochberühmten Nation der Lilie werde im Alter von ungefähr 14 (oder 13?)^ Jahren
gekrönt werden und in seinem Reich für Ordnung und Gerechtigkeit sorgen. Bis zu
seinem 24. (Regierungs-?)Jahr führe er Krieg und unterwerfe dabei die Engländer,
Italiener und Spanier, erobere auch Rom und zerstöre Florenz. Jene verworfenen
Kleriker, die den apostolischen Stuhl des Petrus und Paulus besetzt hätten^, lasse er
töten. In demselben Jahr erlange er die doppelte KroneW Er werde mit einem gro-
ßen Heer über das Meer nach Griechenland übersetzen und rcx Gmcontm genannt
werden. Außerdem unterwerfe er die Chaldäer, Türken und Barbaren und befehle,
diejenigen zu töten, die nicht zu Christus beteten. Weil der heilige Arm Gottes mit
ihm sei, könne niemand ihm widerstehen, so daß er die ganze Welt beherrschen
werde. Wegen seiner Taten soMcfMS SHHcfonuti genannt, werde er im 31. Jahr seiner
Herrschaft nach Jerusalem ziehen, auf dem Ölberg^ zu Gottvater beten, seine Krone
niederlegen und dann sterben. Zwar soll sein Tod von einem großen Erdbeben und
wunderbaren Zeichen begleitet sein, doch ist vom Weitende oder vom Beginn der
Herrschaft des Antichrist keine Rede. Es fehlt also der eschatologische Bezug, den
der Verfasser für selbstverständlich gehalten haben mag.

64 Zur Bedeutung und Wirkung der Gedanken des Pierre Dubois vgl. OEXLE, Pierre Dubois,
S. 332 f.; STRAYER, France, S. 310 und 312. Strayer schreibt (S. 310 Anm. 41): »There ist some dan-
ger that, after being overrated, Dubois is now being underrated. He is important, not because he
influenced policy, but because he represented the views of the hundreds of officials who worked
for the king throughout France.«
65 Vgl. OEXLE, Pierre Dubois, S. 331 f.; ScnoLz, Publizistik, S. 436.
66 Vgl. hAMBRECH, Charlemagne, S. 285-287.
67 Zur Datierung vgl. CHAUME, Une prophetie, S. 28 und 30f.; REEVES, Influence, S. 330 Anm. 1.
68 ed. CHAUME, Une prophetie, S. 29.
69 Vgl. REEVES, Influence, S. 330 Anm. 1 und S. 355 Anm. 5.
70 Damit ist wohl Urban VI. gemeint, vgl. CHAUME, Une prophetie, S. 31.
71 Damit sind wohl wie im Liber regum die beiden Kronen des französischen Königs und des
römischen Kaisers oder des römischen und byzantinischen Kaisers gemeint.
72 Also wie bei Adso und nicht wie bei Ps.-Methodios auf Golgatha.
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