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Hehl, Ernst-Dieter [Bearb.]; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Das Papsttum in der Welt des 12. Jahrhunderts — Mittelalter-Forschungen, Band 6: Stuttgart, 2002

DOI Artikel:
Felten, Franz J.: Kaisertum und Papsttum im 12. Jahrhundert
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https://doi.org/10.11588/diglit.34720#0111

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Kaisertum und Papsttum im 12. Jahrhundert

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tiefgreifende Folgen für die Einschätzung ihrer Rolle im Reich überhaupt. Das Über-
einkommen beschränkte die Rechte des deutschen Herrschers, stellte sie aber zu-
gleich auf eine Heinrich V. überdauernde, rechtlich definierte Grundlage, ähnlich
wie 1183 der Friede von Konstanz nach der Niederlage gegen die lombardische Li-
ga. Die Restriktionen bei Wahl und Investitur hinderten die Könige nicht an einer
kraftvollen Kirchenpolitik, was Personen und Servitien angeht, wiewohl Bernhard
Töpfer und Marlene Meyer-Gebel 1992 erneut darauf verwiesen haben, welche
Grenzen sich selbst für einen Friedrich Barbarossa aus den Bedingungen des Rei-
ches ergaben6. Wichtiger noch ist die von Peter Classen und Monika Minninger auf-
gezeigte Folgewirkung für die politische Ordnung, knapp und plakativ: die »Feu-
dalisierung der Reichskirche« - und des Reiches überhaupt, über die Auswirkun-
gen der im Vorfeld entwickelten Regalienlehre auch auf die Stellung der weltlichen
Fürsten7.
Lothar III. und Konrad III., unter denen die Beziehungen zur Kurie vergleichs-
weise entspannt waren, werden in letzter Zeit sehr viel positiver gesehen als im 19.
und im beginnenden 20. Jahrhundert. Zwar konnten sie im Schisma 1130/38 nicht
annähernd an die Rolle eines Otto I., Otto III. oder Heinrich III. anknüpfen und
zeichneten sich auch sonst kaum durch eine aktive kaiserliche Politik aus, doch be-
freien jüngere Forschungen sie nicht nur vom tradierten Ruf der >Pfaffenkönige<.
Manche sehen in Lothars Politik tragfähige Ansätze zu einer erfolgversprechenden
Entwicklung des Verhältnisses zur Kurie angelegt, die von den Staufern dann abge-
brochen worden sei8.
Konrad III. wird, in interessanter Parallele zur Selbstkorrektur Ottos von Prei-
sing, viel näher an Barbarossa herangerückt. Der von Peter Rassow mit nachhaltiger
Wirkung gefeierte großartige Neuansatz des Neffen wird zunehmend relativiert; je-
ner Abschnitt des Konstanzer Vertrages von 1152/53, den Rassow als Beleg für Bar-
barossas erfolgreiche Verhandlungsführung angesehen hatte, wurde inzwischen
von Jürgen Petersohn als »Kernstück eines konsequenten päpstlichen Restaurati-

6 Marlene Meyer-Gebel, Bischofsabsetzungen in der deutschen Reichskirche vom Wormser
Konkordat (1122) bis zum Ausbruch des Alexandrinischen Schismas (1159) (Bonner Historische
Forschungen 55), Siegburg 1992; Bernhard Töpfer, Kaiser Friedrich I. Barbarossa und der
deutsche Reichsepiskopat, in: Friedrich Barbarossa (wie Anm. 1), S. 389-433.
7 Peter Classen, Das Wormser Konkordat in der deutschen Verfassungsgeschichte, in: Investi-
turstreit und Reichsverfassung, hg. von Josef Fleckenstein (Vorträge und Forschungen 17),
Sigmaringen 1973, S. 411-460; Monika Minninger, Von Clermont zum Wormser Konkordat.
Die Auseinandersetzungen um den Lehnsnexus zwischen König und Episkopat (Forschungen
zur Kaiser- und Papstgeschichte des Mittelalters 2), Köln u. a. 1978; Stefan Weinfurter, Erzbi-
schof Philipp von Köln und der Sturz Heinrichs des Löwen, in: Köln, Stadt und Bistum in Kir-
che und Reich des Mittelalters. Festschrift für Odilo Engels zum 65. Geburtstag, hg. von Hanna
Vollrath/Stefan Weinfurter, Köln u. a. 1993, S. 455-481, Zitat S. 464f.; 468f. zur »Reichskon-
zeption Friedrichs I., die auf Lehnrecht beruhte«.
8 Franz-Josef Schmale, Lothar III. und Friedrich I. als Könige und Kaiser, in: Probleme des 12.
Jahrhunderts, hg. von Theodor Mayer (Vorträge und Forschungen 12), Konstanz/Stuttgart
1968, wieder in: Friedrich Barbarossa, hg. von Günther Wolf (Wege der Forschung 390),
Darmstadt 1975, S. 121-148; Marie-Luise Crone, Untersuchungen zur Reichskirchenpolitik
Lothars III. (1125-1137) zwischen reichskirchlicher Tradition und Reformkurie (Europäische
Hochschulschriften. Reihe 3, Geschichte und ihre Hilfswissenschaften 170), Frankfurt 1982; vgl.
Odilo Engels, Die Staufer, 7. verbesserte und ergänzte Aufl. (Urban-Taschenbücher 154), Stutt-
gart 1998, S. 62f. und wieder auf der Reichenau, in: Protokoll Nr. 311 (wie Anm. 1), S. 86f.
 
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