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Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]; Hehl, Ernst-Dieter [Bearb.]
Das Papsttum in der Welt des 12. Jahrhunderts — Mittelalter-Forschungen, Band 6: Stuttgart, 2002

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https://doi.org/10.11588/diglit.34720#0136

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Johannes Koder

Der über die Gesandtschaft referierende Textabschnitt ist kurz und geht weder
auf deren Auftrag noch auf den Zeitpunkt ihres Eintreffens ein. Geht man davon
aus, daß der konkrete Zeitpunkt der Kontaktaufnahme Alexios' I. auch mit Bedacht-
nahme auf die Bedrohung des Papstes gewählt wurde, so kann sie als Reaktion auf
die Nachricht vom Eintreffen Heinrichs in Rom - unter Berücksichtigung eines zeit-
lichen Spielraumes für Vorbereitungen - im Frühjahr oder Frühsommer 1117 aufge-
brochen sein. Wie ebenfalls dem Liber Pontificalis zu entnehmen ist, erholte sich der
Papst nach schwerer Krankheit erst in Anagni, und dies überraschend, so daß wohl
überhaupt erst in Palestrina (wo er nach dem 10. Oktober eintraf) daran zu denken
war, daß er die Byzantiner empfing.
Unklar ist vor allem der Zweck der kaiserlichen Gesandtschaft, doch könnte er
sich einerseits aus dem politischen Verhalten Alexios' I. gegenüber Paschalis II. in
früheren Jahren erschließen lassen und andererseits aus den Interessen und Akti-
vitäten des Kaisers, die dem Aufbruch der Gesandtschaft von Konstantinopel vor-
angingen, also in den Zeitraum vor dem Sommer des Jahres 1117 zu datieren sind.
Wir wollen zunächst letztere kurz betrachten.
Leider ist, dies sei vorausgeschickt, weder der byzantinischen Hauptquelle für
die genannte Zeit, Anna Komnenes Alexias5, noch dem (knapperen, kritischeren,
ebenfalls tendenziösen) Geschiehtswerk des Johannes Zonaras6 für die letzten Jahre
vor dem Tod Alexios' I. eine detaillierte Chronologie der geschilderten Ereignisse zu
entnehmen. Neben den bereits langen Zeiten der Erkrankung des Kaisers sind es
aber zwei Problembereiche, die in beiden Texten die Darstellung vordergründig be-
herrschen, nämlich der Krieg (und Friedensschluß) mit den Türken in Kleinasien
und die Auseinandersetzung mit den Häretikern im thrakisch-bulgarischen Hinter-
land Konstantinopels.
Bei der an zweiter Stelle genannten Auseinandersetzung unterscheidet Anna
Komnene (wie auch die Theologen ihrer Zeit) ausdrücklich zwischen Paulikianem
und Bogomilen als zwei unterschiedlichen Gruppen. Sie berichtet unter dem Jahr
1114 über langandauemde Disputationen des Kaisers Alexios I., des kaisar Nike-
phoros Bryennios und zweier theologischer Berater des Herrschers, des Metropoli-
ten Eustratios von Nikaia und des (nicht namentlich erwähnten) Erzbischofs von
Philippupolis mit Paulikianem (Alexias 14.8-9). Dabei hält Anna einmal (Alexias
14.8.3) ausdrücklich fest, daß von den Bogomilen später, an geeigneter Stelle die Re-
de sein werde. Des Kaisers Bekehrungsgespräche mit den Paulikianem waren teil-

um die byzantinischen Ansprüche gegenüber den Kreuzfahrerstaaten und um die Frage der
Kirchenunion ging«.
5 Textzitate hier nach: Annae Comnenae Alexias, rec. Diether R. Reinsch et Athanasios Kam-
bylis. Pars prior: Prolegomena et textus. Pars altera: Indices, digesserunt Foteini Kolovou et
Diether R. Reinsch (Corpus Fontium Historiae Byzantinae 40/1-2), Berlin/New York 2001;
die deutsche Übersetzung folgt Diether Roderich Reinsch, Alexias / Anna Komnene, über-
setzt, eingeleitet und mit Anmerkungen versehen, Köln 1996 (2. Aufl. Berlin/New York 2001).
6 Text nach Theodor Büttner-Wobst, Ioannis Zonarae Epitomae Fhstoriarum libri XVIII, vol. III
(Corpus Scriptorum Historiae Byzantinae 28.3), Bonn 1897; die deutsche Übersetzung nach
Erich Trapp, Militärs und Höflinge im Ringen um das Kaisertum. Byzantinische Geschichte
von 969 bis 1118 nach der Chronik des Johannes Zonaras übersetzt, eingeleitet und erklärt
(Byzantinische Geschichtsschreiber 16), Graz u. a. 1986.
 
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