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Schlick, Jutta
König, Fürsten und Reich: (1056 - 1159) ; Herrschaftsverständnis im Wandel — Mittelalter-Forschungen, Band 7: Stuttgart, 2001

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https://doi.org/10.11588/diglit.34721#0038
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DUlNa regm cüscoHfa - Das entzweite Reich (1077-1125)

Ein Vorwurf indessen, der sich in allen Quellen gleichermaßen findet, ist die
Mißachtung des fürstlichen consEnuTi durch den Herrscher^. Hierin bestand offen-
sichtlich überall Konsens: Eine angemessene Beteiligung der Großen an den Reichs-
angelegenheiten mußte gewährleistet sein, um die Fürsten in ihrem lionor nicht zu
verletzen, das Ranggefüge nicht zu gefährden. Die Mißachtung gerade dieses
Rechts förderte das Bewußtsein seiner Notwendigkeit bei den Fürsten, stärkte ihre
Identität als eine für das Reich verantwortliche Gruppe und schloß sie so zu einer
Interessengemeinschaft gegen den König zusammen; ist es doch vor allem die Ab-
grenzung gegenüber Dritten, die die innere Geschlossenheit einer Gruppe, die Her-
ausbildung einer eigenen Identität begünstigt.
Der weitere Verlauf des Sachsenaufstands bis zur Unterwerfung der Sachsen bei
Spier soll hier zum Abschluß nur kurz skizziert werden"^, er bringt in unserem Zu-
sammenhang keine weiteren Einsichten. Die erste Phase der Auseinandersetzungen
entwickelte sich zunächst zugunsten der sächsischen Aufrührer, nicht zuletzt, weil
sich die Reichsfürsten, wie wir sahen, 1073 und 1074 für Verhandlungen einsetzten
und dem Anliegen der Sachsen nicht völlig abgeneigt gegenüberstanden. Hein-
rich IV. mußte sich im Februar 1074 in Gerstungen einem Frieden beugen, der die
Schleifung seiner Burgen vorsah. Doch mit der Zerstörung der Harzburg bis auf die
Grundfesten und der damit einhergegangenen Schändung der königlichen Famili-
engräber wendete sich das Blatt. Die Großen traten nach diesem Unrecht wieder vor-
behaltlos für Heinrich IV. ein, obwohl die Sachsen Genugtuung anboten. Der so un-
terstützte König trug 1075 in der Schlacht an der Unstrut bei Homburg den Sieg über
die Sachsen davon, die sich daraufhin im Herbst unterwerfen mußten. Doch mit die-
ser Niederlage war der >Bürgerkrieg< noch nicht beendet. Im Gegenteil: Jetzt erst be-
gann die lange Zeit der Zwietracht im Reich, die tÜHÜrza mg7Ü dz'scordßPh

Die Fürsten sind das Reich - aber wer ist der König?
Die mühsam errungene Konsolidierung der königlichen Autorität, die der Unter-
werfung der Sachsen folgte, hatte jedoch nicht lange Bestand. Zum einen gelang es
Heinrich IV. nicht, die tiefe Kluft des Mißtrauens und des Hasses zu überwinden
und eine Basis des Vertrauens zu schaffen, auf der die Sachsen dauerhaft in seine
Herrschaft einzubinden gewesen wären; statt dessen lebten unter der erzwungenen
Integration die Separationsgedanken weiter, ja vielleicht gewannen sie sogar noch
an Nahrung. Zum anderen aber wurde die zunächst gefestigte Stellung des Saliers
schon bald von dem heraufziehenden Konflikt mit dem Papst und der sich daraus
ergebenden Koalition zwischen diesem und den Königsgegnern innerhalb des
Reichs erneut erschüttert" .
Gregor VII. hatte sich 1073 noch als vermittelnde Instanz in den Auseinander-
setzungen zwischen Heinrich und den Sachsen angebotenA In welchem Maß der

94 Die Beispiele dazu in Anm. 37. Vgl. auch SCHUBERT, Geschichte Niedersachsens, S. 2861.
95 Vgl. dazu ausführlich GiESE, Der Stamm der Sachsen, S. 158-161.
96 Bernold, Chronik, ad a. 1086, S. 445.
97 Vgl. jetzt auch SCHUBERT, Geschichte Niedersachsens, S. 294f.
98 CASPAR, Register I, 39, S. 61f., vom 20. Dezember 1073. Vgl. SucHAN, Königsherrschaft, S. 72f.
 
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