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Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]; Rogge, Jörg [Bearb.]
Fürstin und Fürst: Familienbeziehungen und Handlungsmöglichkeiten von hochadeligen Frauen im Mittelalter ; [Referate, die vom 20. bis 23. März 2002 im Rahmen eines Symposiums mit dem Titel "Fürstin und Fürst. Rollenverständnis, Handlungsspielräume und Konfliktverhalten in den Geschlechterbeziehungen des hohen und fürstlichen Adels im Mittelalter und am Beginn der Frühen Neuzeit in europäischer Perspektive" im Erbacher Hof (Mainz) vorgetragen und diskutiert worden sind] — Mittelalter-Forschungen, Band 15: Ostfildern, 2004

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Zunker, Diana,: Familie, Herrschaft, Reich: die Herforder Äbtissin Getrud II. von der Lippe
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https://doi.org/10.11588/diglit.34729#0175

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Diana Zunker

Gertrud mit den Bischöfen Friedrich von Münster, Dietrich von Utrecht und den
Grafen von Are-Hochstaden und Are-Nürburg verwandt - wichtigen Mitgliedern
der kölnisch-niederrheinischen Adelsgruppe und des Kölner Priorenkollegs.3
Seit dem Beginn des 12. Jahrhunderts erscheint der Name der Edelherren von
der Lippe in den Quellen. Sie können dem Verwandtschaftskreis der Grafen von
Schwalenberg zugeordnet werden und waren mit den Grafen von Arnsberg ver-
wandt. Trotz des fehlenden, erst spät in der Familie nachweisbaren Grafentitels
gehörten sie dem westfälischen Dynastenadel an. Ein zur Zeit Gertruds lebender
Biograph der Familie, Magister Justinus von Lippstadt, beschrieb die Lipper als
vom höchsten Adel stammend, jedoch mit nur gerade ausreichenden weltlichen
Gütern gesegnet.4 Man kann über die Aussagekraft dieser Bemerkung streiten und
den behaupteten Mangel als Topos ansehen, vor dem die damalige Position der
Familie um so glänzender darstehen sollte. Festzustellen ist jedoch, dass die Lipper
ihre Herrschaft durch eine stringente Nachfolgeregelung und konsequente gegen-
seitige Förderung zu stärken und zu sichern vermochten, so dass Gertruds Bruder
Hermann II. von der Lippe in den zeitgenössischen Quellen das Prädikat »sehr
mächtig« erhielt.5
Um dies zu erläutern, sei zunächst auf Gertruds Vater verwiesen, dem dank
seines spektakulären Lebensweges auch außerhalb Westfalens berühmten Bern-
hard II. von der Lippe.6 Bernhard war Kanoniker in Hildesheim gewesen, bevor er,
nach dem Tod seines älteren Bruders, um 1168 die Familiengeschäfte übernahm. Er
besaß, typisch für einen westfälischen Adeligen, sowohl Lehen des Kölner Erzbi-
schofs als auch der Bischöfe von Minden, Osnabrück, Münster und Paderborn, war
Lehnsmann der Welfen und der Grafen von Ravensberg. Im Sächsischen Krieg zwi-
schen den Anhängern Heinrichs des Löwen und Erzbischof Philipps von Köln
(1177-1181) schloss sich Bernhard dann aber eng an den Welfen an und war einer
seiner bedeutendsten Heerführer. In dieser Zeit erscheint er in den Quellen zusam-
men mit seinem Verwandten Widukind von Rheda als Verteidiger der welfischen
Sache in Westfalen7 und, als der Krieg sich nach Osten verlagerte, als Praefect von
Haldensleben.8 Diese eindeutige Parteinahme scheint indes nach dem Sturz Hein-

3 Manfred Groten, Priorenkolleg und Domkapitel von Köln im hohen Mittelalter, Bonn 1980.
4 Das Lippiflorium. Ein westfälisches Heldengedicht aus dem dreizehnten Jahrhundert, latei-
nisch und deutsch nebst Erläuterungen von Hermann Althof, Leipzig 1900, S. 24 f. Dazu
Stefan Pätzold, Alterutra fides praevalet, hostis hebet. Überlegungen zu Entstehung und
Intentionen des Lippiflorium, in: Lippische Mitteilungen aus Geschichte und Landeskunde 66,
1997, S. 39-56. Vgl. Bernd U. Hücker, Das Lippiflorium Justins von Lippstadt, ein Fürstenlob
aus dem Jahre 1247, in: Westfälische Zeitschrift 142,1992, S. 243-246.
5 Alfons Hilka, Die Wundergeschichten des Caesarius von Heisterbach (Publikationen der
Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde), Bonn 1937, Bd. III., Vita Engelberti, S. 223-328,11,1.
6 Zum Folgenden Diana Zunker, Adel in Westfalen, Strukturen und Konzepte von Herrschaft
(1106-1235) (Historische Studien 472), Husum 2003, S. 86-145.
7 Annales Path. ad a. 1177 (Annales Patherbrunnenses. Eine verlorene Quellenschrift des zwölf-
ten Jahrhunderts aus Bruchstücken wiederhergestellt von Paul Scheffer-Boichorst, Inns-
bruck 1870).
8 Ann. Path. ad a. 1180: Deinde eodem anno archiepiscopus Magdebnrgensis cum midtis principibus
Saxonie castrum ipsius ducis Haldesleve obsedit, cui ex parte ducis preerat Bernhardus de Lippia; et post
multos labores incluso alveo aque percurrentis ibidem aque in tantum excrescebant, ut tenentes castrum
periculum submergendi non immerito formidarent. Tandem ipsis aquis hyemis asperitate constrictis in
 
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