Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Hechberger, Werner
Adel im fränkisch-deutschen Mittelalter: zur Anatomie eines Forschungsproblems — Mittelalter-Forschungen, Band 17: Ostfildern, 2005

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34731#0124

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
120

Kapitel 2

2.3. Spezielle Probleme
Sämtliche speziellen Probleme werden vor diesen Kontexten diskutiert, die Ant-
worten hängen vom Ansatz ab. Die Diskussionen um die Gesamtbilder schlagen
sich demnach auch bei Interpretation von Einzelthemen nieder.

2.3.1. Archäologie
Die frühmittelalterliche Archäologie hatte sich zunächst eher mit den Problemen
ethnischer Zuordnungen beschäftigt; sozialgeschichtlich orientierte Untersuchun-
gen begannen im wesentlichen erst nach dem Zweiten Weltkrieg, als das bisherige
Bild der germanischen und fränkischen Verfassung mit der grundsätzlichen Her-
ausforderung durch die Adelsherrschaftstheorie konfrontiert worden war. Das
Hauptaugenmerk galt der Analyse von Grabfunden und Siedlungsstrukturen, die
Aufschlüsse über die Sozialstruktur zu liefern versprachen.
Dies galt zunächst für die Verhältnisse zur Zeit der Germanen. Überdurch-
schnittlich reich ausgestattete Gräber waren bislang in Anlehnung an die von Taci-
tus verwendete Terminologie als Fürstengräber bezeichnet worden, ohne daß
damit weiter reichende Schlüsse verbunden worden wären; die alternativ vorge-
schlagene Deutung als (Dorf-)Häuptlinge setzte sich nicht durch, blieb als Alterna-
tive aber weiter in Gebrauch. Besonderes Interesse fanden die abseits gelegenen
Körpergräber der norddeutschen Lübsow-Gruppe aus dem 1./2. Jahrhundert. Zu-
mindest für diese Zeit wird man allerdings zunächst konstatieren dürfen, daß die
Einschätzung der Begräbnisstätten der Lübsow-Gruppe die Frage der Repräsenta-
tivität aufwirft. Malcolm Todd stellt zusammenfassend fest, daß diese Grabanla-
gen oft als Zeichen einer gehobenen Gesellschaftsschicht gewertet worden sind,
die Mehrheit der Begräbnisstätten aber kaum Unterschiede zeigeA
Aufschlüsse versprach auch die Analyse von Siedlungsstrukturen. Insbesonde-
re die seit den fünfziger Jahren vor allem von Werner Haarnagel vorangetriebenen
Grabungen auf der Feddersen Wierde im Lande Wursten, einem Marschgebiet im
Mündungsgebiet von Elbe und Weser, schienen genauere Erkenntnisse über die
soziale Schichtung in vorgeschichtlicher Zeit zu liefern. Um die Zeitenwende stell-
te Haarnagel mehrere Betriebe voneinander unabhängiger Bauernfamilien glei-
chen Besitzstandes fest. Größere Unterschiede im Besitz seien schon im 1. Jahr-
hundert zu erkennen. Entwickelt habe sich schließlich ein großer Hof, dann ein
Wohnhallenhaus und, am Ende des 1. oder am Beginn des 2. Jahrhunderts, ein
abgesonderter „Herrenhof". Dies legte die Annahme nahe, daß „Sonderrechte"

94 Vgl. TODD, Germans, S. 38f.
 
Annotationen