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Hechberger, Werner; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Adel im fränkisch-deutschen Mittelalter: zur Anatomie eines Forschungsproblems — Mittelalter-Forschungen, Band 17: Ostfildern, 2005

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https://doi.org/10.11588/diglit.34731#0400

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396

Kapitel 9

Herzog über einige Ministerialen im Herzogtum. Dies traf früh auf den Wider-
spruch von Gero Kirchner, der Bosl vorhielt, die Quellenterminologie falsch zu
deuten. Mmz'sfenüies mgm bezeichne in diesem Kontext Ministerialen des Herzog-
tums Bayern; demnach könne man Mbüsfgn'dcs myth H dttczs nicht als Doppelmi-
nisterialen bezeichnen^. Bosl hat seine Position zwar noch einmal verteidigt^,
doch hat seine Argumentation - nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Entwick-
lung der mymutz-Theorie - einiges an Gewicht verloren. Benjamin Arnold schloß
sich in neuerer Zeit der Kritik Kirchners anW Von einem herzoglich-königlichen
Kondominat wird man kaum sprechen können.
Besonders umstritten waren auch bei diesem Problem die Verhältnisse in
Österreich und in der Steiermark. Wie Bosl vertrat auch Heinz Dopsch die Ansicht,
hier liege eine Umdeutung der Rechtslage aus politischen Gründen vor; bereits
Karl-Hans Ganahl hatte diese Möglichkeit zumindest angedeuteP^. Krieger mein-
te schon in diversen Passagen des österreichischen Landrechts die Vorstellung
erkennen zu können, daß die herzoglichen Dienstmannen vom Reich lehnsabhän-
gig waren. Die Kanzlei Friedrichs II. habe diesen Gedanken aufgegriffen, doch sei
unklar, ob dieses Programm einen realen Hintergrund hatte, ob es also in irgend-
einer Form in die Praxis umgesetzt worden seP°°.
Klassisch ist dagegen die rechtsgeschichtliche Erklärung, die schon Zallinger
formuliert hat. Die Ministerialen seien tatsächlich als Bestandteil von Reichslehen
den Fürsten übertragen worden. In einigen Ländern, vor allem in Österreich, sei
man sich dieser Tatsache länger bewußt geblieben, in den meisten Gebieten sei sie
jedoch in Vergessenheit geraten, als die Fürstentümer erblich wurden^. Diese
Auffassung vertrat natürlich Michael Mitterauer im Rahmen seiner Konzeption
der Entstehung hochmittelalterlicher Adelsherrschaften; Kroupa hat sich in jünge-
rer Zeit dieser Sicht angeschlosseWA Alois Zauner sprach vom Königsherzogsgut
und von Königsherzogsdienstmannen, um die Stellung der Doppelministerialität
zu beschreiben^. Herwig Wolfram verwies auf die erwähnte Erzählung aus
Ebersheimmünster über Caesars Übertragung der zz-zz'zzoms zzzzIzYes an die Fürsten^.
Die Ministerialen seien, sofern sie nicht Bestandteil der Eigengüter des Herzogs
gewesen seien, tatsächlich als Teil des Reichslehens aufzufassen. Bosls Begriffe
Doppelministerialität oder Kondominium zwischen König und Herzog seien we-

196 Vgl. KIRCHNER, Staatsplanung, S. 452.
197 Vgl. BOSL, Individuum. Bosl meinte, regHMRi sei als Königsgut zu verstehen (S. 480).
198 Vgl. B. ARNOLD, Knighthood, S. 108 Anm. 36. Vgl. dazu auch ZAUNER, Königsherzogsgut, S. 137.
199 Vgl. H. DOPSCH, Probleme, S. 229; GANAHL, Versuch, S. 259tt.
200 Vgl. KRIEGER, Lehnshoheit, S. 180.
201 Vgl. etwa ZALLINGER, Ministeriales, S. 58-63.
202 Vgl. MlTTERAUER, Ständegliederung, S. 139; DERS., Formen, S. 317; KROUPA, Studien, S. 57, 87, 126,
129. Vgl. auch ZERNATTO, Zusammensetzung, S. 1465ff.
203 Vgl. ZAUNER, Königsherzogsgut.
204 Vgl. WOLFRAM, Zisterziensergründung, S. 14, 20f.
 
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